Bücher mit dem Tag "straflager"
36 Bücher
- Dmitry Glukhovsky
TEXT
(58)Aktuelle Rezension von: BellBelBereits nachdem Ilja einen Fuß aus dem Zug, der ihn zurück nach Moskau brachte, gesetzt hat, offenbart sich der imaginäre Stempel, welchen er infolge des Straflagers nun für alle gut sichtbar trägt. Sofort wird er von der Staatsmacht aufgegriffen und überprüft - ein scheinbar endloser Prozess, der künstlich verlängert wird und dafür steht, dass Ilja mit keinerlei Entgegenkommen zu rechnen hat. Er als (wenn auch) ehemaliger Straftäter kommt von dieser ihm auferlegten Rolle nicht weg. Schließlich führt ihn der Weg zurück in seine Heimat, vorbei an den alten Gebäuden und Erinnerungen. Es ist ein Rückgriff auf die Zeit, als er noch nicht von seinem geplanten Weg abkam - als frischer Student der Philologie war ihm die Möglichkeit vorgezeichnet aus dem Vorort rauszukommen; aus der Provinz in die Großstadt. Doch dann lief etwas vollkommen schief und er wurde zu Unrecht verurteilt. Büßte die Strafe ab, doch wofür eigentlich? Hatte er eine Chance sein Schicksal abzuwenden? Eher nicht, zu willkürlich waren das Urteil und der Schuldige, den man in ihm fand. Als Ilja nun schließlich vor seiner Haustür steht und seine Mutter nicht öffnet, muss er sich der Tatsache stellen, dass sie gestorben ist, die Wohnung ausgeräumt wurde und er nicht mal genug Geld besitzt, um die Beerdigung in die Wege zu leiten. Von der fixen Idee beseelt Gerechtigkeit von dem Mann zu erfahren, der ihm vor sieben Jahren die Drogen unterjubelte und sein gesellschaftliches Todesurteil unterschrieb, begeht Ilja jedoch einen folgenschweren Fehler. Er ermordet seinen Wiedersacher und bemächtigt sich seines Handys. Hier nun verweben sich die Realitäten des toten Fahnders Petja Chasin und die von Ilja.
Ein russischer Roman ist etwas Eigentümliches, er steckt voller Schönheit, auch wenn die Worte und der Inhalt dunkel und melancholisch sind; die gelesenen Worte sogar buchstäblich weh tun. Dmitry Glughovskys Stil erinnert an die Stille und Erhabenheit der großen Romanciers, allen voran Fjodor Dostojewskijs. Was ist es nur, was die russische Literatur von derartiger Schwermut ergreift das geschriebene Wort aber zugleich auch messerscharf an genau den Punkten ansetzen lässt, die auch beim Lesen schmerzen. Die sezierende Schärfe, mit der das Innere des Großreiches Russlands erfasst wird. Besonders eindrücklich zeigt sich dies, wenn man die von Glukhovsky beschriebenen russischen Städte kennt, wenn man den Baustil außerhalb der Zentren selbst erfahren hat - das Grau in Grau der Häuser.
Auch kann es nicht überraschen, dass TEXT in Moskau spielt. Die Stadt des Feuers, die noch am ehesten russisch ist, während Sankt Petersburg doch deutlich die europäischen Einflüsse erkennen lässt. Moskau als Staatsapparat und Zentrum eines schmerzenden Kontrastes zwischen Arm und Reich. Es ist die Stadt des Geldes, der Politik und für viele, die Stadt der Hoffnungen: „Moskau stand auf magischem Grund, und der war mit Wachstumshormonen gedüngt: Steckte man seine Wünsche hinein, wuchsen daraus einträgliche Jobs, angesagte Freunde und die schönsten aller Frauen.“ So auch für Ilja, dessen Fehler darin bestand zu glauben, dass es möglich wäre nach der Haft irgendwo erneut anzuknüpfen; er womöglich sogar sein Philologiestudium wieder hätte aufnehmen können, immerhin war es ihm gelungen ohne Bestechung einen der begehrten Studienplätze zu bekommen. Doch alles vergebens - mit dem Tod seiner Mutter beginnt ein Sog der Ilja unweigerlich nach unten zieht. Gerade in den Schilderungen jener Lebensumstände, die Glukhovsky bereits in seinen früheren Romanen minuziös wiedergab, liegt die Dramatik der Geschichte, dessen Rahmen ein altbekanntes Muster aufweist: ein junger Student gerät in die Mühlen des Gesetzes, wird als Unschuldiger aufgrund des korrupten Polizeiapparates schuldig gesprochen und reißt bei seinem Sturz ins Leere alles und jeden mit sich.
TEXT ist authentisch und wirkt unmittelbar, da ein direkter Bezug zum gegenwärtigen Leben in Russland aufgenommen wird. Dies bezieht sich auf den Stil, die sezierende Schärfe des Blickes, welchen Glukhovsky auf seine Protagonisten und ihr Umfeld wirft. Der Zeitbezug ist auch gerade daraus erkennbar, dass die gesellschaftliche Schere mit zwei Prototypen, die einander verschiedener nicht sein könnten, offengelegt wird: einerseits Petja, der Major und Fahnder, der gleichzeitig Drogen verkauft und andererseits Ilja, dessen Mutter Lehrerin in einem Vorort von Moskau war und der aus reiner Willkür verurteilt wurde. Es sind zwei Welten, die Glukhovsky über ein Handy miteinander verbindet. Ein Handy, welches Ilja nach dem Mord als Spiegel dient, und gleichzeitig die Identität seines Opfers und seine eigene miteinander verbindet. „128 Gigabyte Speicherplatz hatte er. Da passte ein ganzes Leben rein, und es blieb noch Platz für Musik. Da denkst du, du erinnerst dich an deine Vergangenheit, dabei sind es nur Aufnahmen, die im Handy gespeichert sind.“ TEXT ist somit ein Thriller, den man nicht mehr aus der Hand legen kann, gerade weil er entwaffnend ist und voller Wahrheiten steckt.
- Dagmar Trodler
Der Duft der Pfirsichblüte
(37)Aktuelle Rezension von: shinyJuliePenelope und ihre Mutter werden nach Australien verbannt. Nach einer Schwangerschaft durch einen irischen Strafgefangenen beginnt sie ein Verhältnis mit dem deutschen Arzt Bernhard Kreuz, doch Liam scheint sie nicht recht loszulassen.
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Leider sind die Hauptfiguren Penelope und ihre Mutter Mary sehr schwer einzuschätzen. Von ihrem Charakter wird kaum etwas preisgegeben und obwohl das Buch recht lang ist, entwickeln sich die beiden auch nicht weiter. Während das Setting in Australien schön aufgebaut und auch sehr spannend ist, zieht sich die Handlung selbst durch immer wieder neue Dramen unnötig in die Länge. Trotzdem kommt nicht wirklich Spannung auf, sondern es wirkt sehr konstruiert. Der Schreibstil ist teilweise ein wenig zu ausschweifend und theatralisch.
- Tom Rob Smith
Kolyma
(283)Aktuelle Rezension von: nord_zeilenBereits ab der ersten Szene des Buches, baut der Autor Spannung auf. Diese Spannung wird immer wieder durch kleine Verfolgungsjagden oder anderen Zwischenereignissen gesteigert. Die Atmosphäre ist detailreich beschrieben, sodass mir das Buch an manchen Stellen sogar zu brutal war. Ab und zu musste ich es weglegen, um die Geschehnisse im Buch zu verarbeiten. Grundlegende Geschichtskenntnisse sind in diesem Fall sinnvoll, um den Geschichtsstrang zu verstehen.
Der Hauptcharakter Leo Demidow ist mir zu Anfang sehr sympathisch, allerdings ändert sich das im Laufe des Buches. Leo setzt sein Leben auf`s Spiel, um seine Tochter zu retten, die ihn hasst und seine Liebe nicht erwidert. Dieses Verhalten erscheint mir naiv und ich kann seine Handlungen nicht immer nachvollziehen.
Obwohl das Buch immer wieder in Zeitabschnitte gegliedert ist, gehen mir manche Geschehnisse zu schnell. Dabei geht es nicht um fehlendes Verständnis, sondern darum, dass die Ereignisse in der Realität nicht so schnell ablaufen können.
Insgesamt kann das Buch den Leser durch die durchgehende Spannung sowie den lebhaften und detailreichen Schreibstil fesseln, weshalb ich das Buch mit vier Sternen bewerte. - Timothy Kang
Gegen den Strom
(10)Aktuelle Rezension von: gstChôl alias Thimothy Kang wurde 1987 in einem kleinen Dorf in Nordkorea geboren. In seiner Autobiografie erzählt er von schrecklichen Hungersnöten auf den Dörfern. Die Menschen ernähren sich teilweise von Gras, weil sie – im Gegensatz zu den Städtern aus Pjöngjang – kaum etwas zum Essen haben. Insgesamt ist das Leben in dem Staat der Kims, die sich als Götter verehren lassen, sehr eingeschränkt. Internet gab es zumindest zu der Zeit nicht, in der Buch entstand.
„Da sieht man (im Fernsehen, falls man eines hat) zum Beispiel ein verarmtes Amerika, dessen Bevölkerung nur dank nordkoreanischer Hilfsgüter überlebt.“ (Seite 21)
Chôl hatte eine lieblose Kindheit, überquerte mehrmals die Grenze nach China (von wo er als Wirtschaftsflüchtling wieder abgeschoben wurde) und lernte 15 verschiedene Gefängnisse von innen kennen. Neben ständigem Hunger herrschten dort unvorstellbare Zustände: die Insassen froren, bekamen kaum etwas zu essen, mussten entweder stundenlang stillsitzen oder schwere Arbeit verrichten.
Das Einzige, was ihn in schwierigen Zeiten über Wasser hielt, war sein christlicher Glaube, den er in heimlichen Zusammenkünften in China kennenlernte. Seiner Bekehrung widmet er ein ganzes Kapitel und seine Überzeugung zieht sich durchs ganze Buch. 2008 gelang es ihm, in Südkorea anzukommen.
„Vor mir liegt die Republik Korea. Dies ist das Land der Freiheit. Es ist das Land der Möglichkeiten. Hier gibt es Pressefreiheit, Religionsfreiheit, Freiheit zum Leben. Es ist ein Land, in dem man seinen Bemühungen entsprechend belohnt wird. Es ist auch ein fortgeschrittenes Land mit Sozialhilfe, das verhungernde Menschen nicht ihrem Schicksal überlässt.“ (Seite 197)
Immer wieder, wenn ich ein Buch über Nordkorea lese, kann ich kaum glauben, was darin steht. Doch die Inhalte ähneln sich, so dass sie sicherlich einen Wahrheitsgehalt aufweisen. Der Mut der Autoren darf bewundert werden, denn in solch einem totalitären Staat muss mit schweren Strafen gerechnet werden. Allein deshalb hat das Buch eine gute Bewertung verdient. Außerdem ist es sehr gut verarbeitet und der Text wird durch zahlreiche Zeichnungen untermalt.
Doch leider kann ich nicht umhin, auch den Schreibstil zu bewerten. Und da sind mir neben vielen Wiederholungen und auch einige Widersprüche aufgefallen. Zum Beispiel habe ich gelesen, dass ihm seine Schuhe genommen wurden, er barfuss laufen muss und kurz darauf besitzt er Schuhe aus China. Oder: Er träumt davon zu lernen, kann aber schon lesen, obwohl er als Kind ständig auf der Flucht war anstatt zur Schule zu gehen.
Die Schlussgedanken zur Wiedervereinigung von Nord- und Südkorea erinnerten mich sehr an die Zeit in Deutschland vor 1989. Auf jeden Fall ist diese Autobiografie lesenswert – allein um zu sehen, wie es in anderen Teilen der Welt aussieht.
- Louis Sachar
Löcher: Die Geheimnisse von Green Lake (Gulliver)
(818)Aktuelle Rezension von: Elas_WeltderbuecherIch habe den Film vor Jahren gesehen und schon oft gehört, dass das Buch noch besser sein wird. Also habe ich einen Vertreter gebeten mir das Buch zu schicken. Gestern habe ich anfangen und obwohl mir nur noch 50 Seiten gefehlt haben, habe ich es weggelegt und bin schlafen gegangen. Jetzt habe ich es fertig gelesen. Ich muss zugeben, dass es wirklich besser war als der Film, da ich den Hintergrund besser verstehen konnte und auch das mit dem Fluch. Ich kam echt schnell voran und ich glaube ich werde es irgendwann nochmal lesen. Und natürlich musste ich gleich nach dem Lesen mit dem Film anfangen.
4 Sterne
- Alexander Solschenizyn
Ein Tag im Leben des Iwan Denissowitsch
(94)Aktuelle Rezension von: FederfeeWir schreiben das Jahr 1951. Iwan Denissowitsch Schuchow, ca. 40 Jahre alt, eine fiktive Person, zeigt uns exemplarisch an einem Tag das Leben in einem Straflager mit all' seinen Schwierigkeiten: Hunger, Zwangsarbeit, sibirische Kälte, Gewalt und Betrug von oben und untereinander, Verlust der Familie, Krankheit und Tod, Gewalt und Verzweiflung, Korruption und Bestechung.
Was hatte dieser Mann Schlimmes getan? Um es deutlich zu sagen: NICHTS! Er war in deutsche Kriegsgefangenschaft geraten und nach der Rückkehr wurde er – wie so viele - unter dem Vorwurf verhaftet, in landesverräterischer Absicht zum Feind übergelaufen zu sein. Für Stalin und seine Schergen genügte schon der bloße Verdacht, um den berüchtigten Artikel 58 anzuwenden: antisowjetisches Verbrechen. Schuchow unterschrieb unter Zwang. 'Unterschrieb er das nicht, war er ein toter Mann', dann lieber Haft.
Anfangs waren das zehn Jahre, ab 1949 wurde man ohne Unterschied zu 25 Jahren 'verknackt'. Für Kleinigkeiten gab es Verlängerungen. Willkür, Gesetzlosigkeit. Und selbst nach der Freilassung war nicht klar, ob er je wieder in sein Heimatdorf zu seiner Familie zurück durfte, dann man hatte ihm die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt.
Man kann kaum glauben, dass Menschen so ein Leben aushalten können. Solschenizyn schildert das Lagerleben eines einzelnen Tages aus der Sicht Schuchows, seinen Lebenswillen, seine Tricks und Überlegungen, an mehr Essen zu kommen, nicht aufzufallen und in dem ganzen Desaster seine Selbstachtung zu bewahren und Mitmenschlichkeit zu zeigen.
Und genau das ist das Versöhnliche an diesem eigentlich schrecklichen Buch: Schuchow bringt es fertig, nicht nur an sich selbst zu denken, sondern mit der ein oder anderen Geste seinen Mitgefangenen zu helfen oder Trost zu spenden und am Ende des Tages rekapituliert er sogar, für was er alles dankbar sein kann.
Ein sehr lesenswertes Buch, das für mich allerdings immer rätselhafter werden lässt, was mit diesem Land los ist, das so große Dichter und Musiker hervorgebracht hat. Von Dostojewski wissen wir, dass es schon zur Zarenzeit solche Lager gab und auch heute gibt es sie noch, s. meine Rezension zu Oleg Senzows Buch 'Haft':
https://www.lovelybooks.de/autor/Oleg-Senzow/Haft-2929677314-w/rezension/5102995699/
- Laksmi Pamuntjak
Alle Farben Rot
(7)Aktuelle Rezension von: leseleaUnd ist es nicht so, dass alle Geschichten da sind, um neu geschrieben zu werden? (S.15)
Im indonesischen Nationalepos Mahabharata ist Amba die Frau, die von zwei Männern zurückgewiesen wird: von König Salwa, ihrem Verlobten, und Bishma, dem edlen Krieger, der Amba entführt und in den sie sich verliebt. Der erste will die entehrte Braut nicht zurück, der zweite stellt den Kampf vor sein Herz. Zugleich ist Amba die Frau, die alles beendet: Sie wird als Srikandi wiedergeboren, um den mächtigen Bishma zu besiegen und dem Land den ersehnten Frieden zu schenken,
In ihrem Roman Alle Farben Rot lehnt sich die Autorin Laksmi Pamuntjak eng und dezidiert an diesen historischen Stoff an: Auch hier gibt es eine Amba, die einem Salwa versprochen wird und in einem Bishma die wahre Liebe findet. Doch diese Amba weiß um die Bedeutung ihres Namens, um das Schicksal und die Bestimmung, die mit ihm verbunden ist – und setzt alles daran, ihm eine andere, eigene Geschichte einzuschreiben. Doch Amba ist ein Kind ihrer Zeit: Als Frau sind ihre Möglichkeiten in der indonesischen Gesellschaft der 1960er Jahre begrenzt. Und den politischen Widrigkeiten – die Spannung zwischen islamischen, nationalistischen und kommunistischen Strömungen, die schließlich im Putschversuch vom 30. September 1965 münden – kann eine einzelne Person nichts entgegensetzen…
Die Vorstellungen anderer dürfen keine Fessel sein. Du musst dich von ihnen lösen, und du selbst sollst deinem Namen eine Bedeutung geben. (S. 125)
Alle Farben Rot ist ein Roman, der eigentlich drei Geschichten erzählt: die Geschichte aus dem Mahabharata, die Geschichte Ambas und die Geschichte des Landes Indonesiens. Geschickt verbindet Laksmi Pamuntjak den Stoff des Nationalepos‘, das Schicksal Ambas inmitten der indonesischen Gesellschaft und die historische Entwicklung des Landes zu einer Erzählung über Liebe und Krieg, über Diktatur und Ausgrenzung und über eine Kultur reich an Mythen und Geschichten, aber auch Aberglauben und Ängsten. Dicht und teilweise überladen an Informationen kommt dieses fast 700 Seiten starke Werk daher und fordert insbesondere den westlichen Leser immer wieder dazu auf, eigenen Recherchen neben der Lektüre nachzugehen und die Andeutungen des Romans mit konkreten Bildern zu führen. Gleichzeitig führt die Autorin atmosphärisch und eindringlich durch ihr erzählerisches Gewebe und zeichnet so das Bild einer Nation, die immer noch zerrissen von der eigenen Geschichte jeden Tag darum ringen muss, ihrem Wahlspruch „Einheit in Vielfalt“ gerecht zu werden.
Es sind diese Punkte, die mich das Lesen von Alle Farben Rot nicht nur als sehr lehrreich, sondern auch als bereichernd empfunden haben lassen. Laksmi Pamuntjak streut nicht nur die wichtigsten Fakten, die in den 1950er und 1060er Jahren die schließlich folgenden blutigen Konflikte vorbereitet haben, in ihre Geschichte ein, sondern ordnet die Geschichte Indonesiens auch in den globalen Zusammenhang ein. Zugleich gibt sie einen tiefen Einblick in die indonesische Kultur, lässt den Alltag in diesem Land vor dem inneren Auge auferstehen und versucht so Nähe und Verständnis zu erzeugen.
Der Stil ist dabei – wie die Grundstory – sehr am alten Epos orientiert. Der Erzählung haftet durchgehend etwas Mystisches, Archaisches, Vergangenes an, ist reich an Hyperbeln und wiederholenden Äußerungen wie man es aus primär mündlich überlieferten Erzählungen gewöhnt ist (mich hat es häufig an die deutsche Literatur des Mittelalters erinnert). Das ist einerseits natürlich mehr als passend, anderseits erzeugt es eine unüberbrückbare Fremde und arbeitet so der Botschaft des Romans meiner Meinung nach entgegen. Nicht fassbar, wie aus der Zeit gefallen, distanziert wirken viele Szenen und machen ein tiefes Eintauchen in den Roman, eine Identifikation mit den Figuren, ein Miterleben der Ereignisse nicht immer möglich. Weiterhin erschwert auch eine nicht zu leugnende Langatmigkeit – vor allem in der Gestaltung der Beziehung Amba-Bishma – eine durchweg begeisternde Lektüre von Alle Farben Rot. So sehr der Roman mit den historischen Ereignissen fesseln kann, so sehr öden gleichzeitig die schwülstigen und belanglosen Liebesszenen, das ewige Warten in der Vergangenheit und die Suche ohne wirklich fassbares Ziel in der Gegenwart den Leser spätestens ab der Mitte des Buches an.
Ich schätze es sehr, wenn ich durch einen fiktiven Roman etwas über die Realität lerne – hier hat Alle Farben Rot sein Soll mehr als erfüllt. Aber von einem Roman erwarte ich mehr als nur das Aufbereiten von Informationen: Ich wünsche mir eine Geschichte, die mitreißt, mich packt und mich berührt, was mir bei der Lektüre dieses Buches leider sehr gefehlt hat. Daher trotz meiner Begeisterung für die Grundidee und das erhaltene Wissen nur 3,5 Sterne.
- Adam Johnson
Das geraubte Leben des Waisen Jun Do
(138)Aktuelle Rezension von: mabo63Eine fiktive Geschichte zeichnet die Zustände in Nordkorea. Ein Waisenjunge ist der Protagonist, mal als einfacher Soldat, oder als Funker auf einem Fischerboot, dann als Spion der auf Geheiss des 'Führers' rücksichtslos Japaner entführt; dann hangelt er sich auf wundersame Weise ganz hoch, wird Komandant und sowas wie die rechte Hand des zuweilen mit feinem Humor ausgestateten Diktators. Die Geschichte ist gespickt mit vielen unerträglichen Folterszenen, manch einer mag aus diesem Grunde das Buch nicht zu Ende lesen. Fantasie hat er ja der Herr Johnson - und wer weiss vielleicht ist die Realität noch viel grauenhafter..
- Alexander Solschenizyn
Der Archipel GULAG
(50)Aktuelle Rezension von: DrGordonDas Buch zum Thema sowjetisch-russischer Terror und kommunistischer Diktatur. Trotzdem der Autor gut beschreibt, das die Gulags bereits zur Kaiserzeit existiert haben. Egal mit wem ich über das Thema Vertreibung, Verbannung des sowjetischen Kommmunismus rede, empfehle ich Solschenizyn zu lesen. Als ein Art Grundlagenwerk Wenn ich Archipel Gulag gelesen habe, kann ich andere Bücher und Autoren (z.B. Herta Müller oder der chinesische Nobelpreisträger Gao Xingjian) besser verstehen und einordnen. Das Buch lässt niemanden kalt. Resumée: Absolut empfehlenswert und lesenswert. - Louis Sachar
Holes
(183)Aktuelle Rezension von: LiciaIn the Young Adult novel "Holes" by the author Louis Sachar published in 2002 boy named Stanley Yelnats is accused of stealing the shoes of a famous baseball player and sent to the so-called Camp Green Lake to be punished. Stanley as well as six other boys have to dig big holes everyday and there is a mysterious Warden that they should never make angry.
I could relate to Stanley's character, because he always stays calm even though the situation he is in is pretty rough and also because he cares about his family and later his friend Hector Zenoni a lot. I really enjoyed the development of their friendship that grows under the worst conditions. They help each other and show responsibility for each other. Because of their friendship, the characters are able to stay alive and profit from the adventure that they experience together. So I really liked how Louis Sachar shows the importance of friendship and writes very complex and exciting story around it.
I recommend this book to teens but also adults, because it is tempting and exciting and never gets old. I give this book four stars out of five. I don't give 5 stars, just because the story sometimes seems unrealistic and the background, especially of the past storyline, is not always clear.
- Maria W. Peter
Die Melodie der Schatten
(186)Aktuelle Rezension von: Nick_CollDas Buch „Die Melodie der Schatten“ von Maria W. Peter, welches ich mir extra für diesen Spätherbst gelassen und gelesen habe, erzählt eine bewegende Geschichte, die von überall von einer düsteren Landschaft Schottlands des 18. Jahrhunderts umgeben ist.
Den etwa 700 Seiten umfassenden Mittelpunkt des Buches bildet allerdings die Geschichte über Menschen, deren Leben vor existenziellen Herausforderungen stehen. Die historischen Tatsachen sind gut recherchiert und die Stimmung dieser Zeit ist einfach hervorragend eingefangen, sodass das raue Leben im schottischen Norden sehr anschaulich rüberkommt. Die zärtlichen und doch kraftvollen Schilderungen mögen einen zutiefst berühren oder gar erschrecken, wenn man erfährt, wie mit Menschen umgegangen wurde, wie die ganzen Landstriche ausgeblutet und verwaist sind. Vielleicht deswegen erscheinen in den alten Gemäuern nachts dunkle Traumbilder und seltsame Geräusche? Liegt auf diesem entferntesten Eck des Landes ein Fluch, seit die gälischen Pächter gewaltsam vertrieben wurden? Des zu erfahren soll der Leser selbst im Laufe der Handlung.
Mit dem Buch ist der Autorin nochmals ein landschaftlich sensationell schöner und ans Herz gehender Roman geglückt, der zeigt, worum es im Leben wirklich geht: Menschlichkeit oder Missgunst, Gerechtigkeit oder Neid. Sie wirft die Fragen auf, welche moralische Schuld ein Mensch ertragen kann, ohne zu zerbrechen, und zu welchem Preis es gelingt, die individuelle Freiheit zu bewahren.
Am Ende des Buches hegt man schon die Hoffnung, dass Maria W. Peter vielleicht noch einmal in die Highlands zurückkehrt und eine neue Geschichte erzählen wird… Und wieder mit großer sprachlicher Eleganz und einem Sinn für Emotionen.
- Rainer M. Schröder
Abby Lynn - Verbannt ans Ende der Welt
(283)Aktuelle Rezension von: Reebock82Abby Lynn wird aufgrund eines Missverständnisses 1804 in London ins Gefängnis geworfen und später zu der Sträflingskolonie New South Wales in Australien verschifft.
Ich hatte das Buch vor Jahren schon einmal gelesen und konnte mich gut daran erinnern, dass es mich sehr beeindruckt hat. Aus der Schule weiß man ja, dass das 19. Jahrhundert keine rosige Zeit war, aber Abby Lynn in diesem Roman auf ihrem Weg von einer Ungerechtigkeit zur nächsten zu begleiten hat noch einmal einen ganz anderen Eindruck der Zustände zu dieser Zeit vermittelt. Besonders auffällig ist dabei, wie viel Mühe sich der Autor bei seinen Recherchen gegeben haben muss. Alles wirkt genauestens überprüft und gibt einem das Gefühl ein sehr realistisches Buch der Zustände damals zu bekommen.
Profitiert hat dabei das Buch von einem flüssigen und spannenden Erzählstil, der einen beim Lesen mit vielen Details direkt in das Gefängnis von Newgate versetzt.
Mit Abby hat man eine mutige und sehr genau herausgearbeiteten Charakter, deren Lebenswillen, Mut und Dickköpfigkeit bewundernswert, jedoch nicht vollkommen abgehoben und unrealistisch ist. Auch alle anderen Personen, denen sie Laufe der Geschichte begegnet, sind mit Liebe zum Detail beschrieben.
Mit diesem Buch habe ich mich keine Minute gelangweilt, sondern habe die ganze Zeit mitgefiebert.
- Josef Martin Bauer
So weit die Füße tragen
(85)Aktuelle Rezension von: AnjaLG87"So weit die Füße tragen" hat sich mittlerweile als vermutlich unwahre und fiktive Geschichte herausgestellt, nicht als der Tatsachenbericht, der er zu sein vorgibt. Nichtsdestotrotz, auch als rein fiktive Geschichte, fand ich das Buch total spannend: Die Flucht eines Mannes vom sibirischen Ostkap Tausende von Kilometern weit zurück nach Hause, durch verschiedene Länder, Jahreszeiten, Gefahren usw. wird so anschaulich und mitreißend erklärt, dass man immer weiterlesen und erfahren will, ob er es schafft. Im Jahr der Entstehung des Romans war es wohl normal und "zeitgemäß", aber die Einteilung aller Menschen in Gut und Böse, in Schwarz und Weiß, hat mich beim Lesen doch ziemlich gestört. Die deutschen Kriegsgefangenen und die einfachen sibirischen Bauern sind herzensgute Menschen mit guten Zielen, aber alle, die im Ostblock-System als Soldaten, Grenzbeamte usw. tätig sind, werden - auch optisch - als fies, böse usw. beschrieben. Trotz dieser Schwäche und "Einfältigkeit", konnte mich die geschilderte Flucht mit all ihren Widrigkeiten wirklich packen, weshalb ich den Roman - mit dem Wissen, dass es sich um Fiktion handelt - für nervenaufreibende Lesestunden empfehlen kann.
- David E. Hilton
Wir sind die Könige von Colorado
(71)Aktuelle Rezension von: JennyTrDer erste Satz: "Im Sommer 1963, als ich dreizehn war, stieß ich meinem Vater ein Davy-Crockett-Taschenmesser in die Brust."
Worum geht es? William Sheppard war 13 als er seinem brutalen Vater ein Messer in die Brust stieß. 'Leider' überlebt sein Vater den Angriff und Will wird in eine Erziehungsanstalt nach Colorado geschickt. Die Anstalt stellt sich als Ranch heraus, auf der Wilpferde gezähmt werden um sie danach zu verkaufen. Die Aufseher - vorallem Frank Kroft - sind gnadenlos und gewalttätig, sodass alle ihnen schutzlos ausgeliefert sind. Doch Will findet auf der Ranch neue Freunde und gemeinsam machen sie sich gegenseitig Mut und schmieden Zukunftspläne. Vorallem der gutmütige Benny wächst ihm ans Herz und als auf einmal 8 Pferde verschwunden sind, muss ein Suchtrupp gebildet werden, welcher die Pferde wieder zurückbringt. Während des Ausflugs gerät der Suchtrupp in eine Katastrophe und das Rennen um Leben und Tod beginnt..
"Manche Geschichten wurzeln im Abenteuer, manche im Konflikt. Andere stammen aus dem Herzen, und die Schrecken und Freuden, die darin eingeschlossen sind, scheinen oft so unermesslich, dass man sich wahrhaft fragt, was aus den Kindern geworden ist, die wir einst waren." (S.12)
Das einzig negative ist, dass manchmal zu viel drumherum geredet wurde und das Geschehen zu sehr in Gesprächen untertauchte.
Dem Autor ist es erstaunlich gut gelungen, die Lebenssituation und die Gefühle von Will zu veranschaulichen. Die Kapitel sind nicht zu lang und nicht zu kurz, sodass man sich nicht davon abschrecken lässt. Man lacht und weint mit und hofft, dass Williams Leben trotz dieses schlechten Abschnittes sich trotzdem noch zum Guten wendet.
Buchtitel: Der Titel ist ein sogenannter 'Insider'. Auf der Rückseite wird nur erklärt, dass Will nach Colorado kommt, aber was es mit den Königen auf sich hat wird erst im Laufe der Geschichte klar.
Mein Fazit: Eine unglaubliche und überragende Geschichte über Fehler und Freundschaft. Ich würde dieses Buch jedem weiter empfehlen! :) - Wassili Grossman
Leben und Schicksal
(25)Aktuelle Rezension von: Kathrin_SchroederStalingrad und das russische Hinterland, die Etappe und ein Lager der Deutschen und Tod im Lazarett usw.
Leben und Schicksal, Sterben und Überleben auf russischer Seite im 2. Weltkrieg, dazwischen philosophische Überlegungen und Gespräche in der Etappe, Liebe und Verlust...
Leider hat es dieses Buch auf über 1000 Seiten nicht geschafft aus den Personen mehr als Abziehbilder zu machen - doch ich kann nicht den Daumen drauf legen, was genau gefehlt hat. Jedes Kapitel ist ein Erzählschnipsel und nach welchem System zwischen den Personen und Orten gewechselt wird, erschließt sich mir nicht. Manche bleiben so lange im Hintergrund, dass sie erst wieder auftauchen, wenn ich gar nicht mehr erinnere um wen es sich handelt. Nebensächliches wird ausschweifend und Wichtiges knapp abgehandelt. Der Roman möchte etwas sagen, doch er erreicht mich nicht.
Das Störendste für mich - ich kann nicht festmachen, ob ich das Buch schlecht finde oder ob mich die Vielzahl der Personen nur verwirren.
#Netgalleyde #LebenundSchicksal #WassiliGrossman #KathrinliebtLesen #Rezension #Bookstagram
- Heinz G. Konsalik
Der Arzt von Stalingrad
(56)Aktuelle Rezension von: Rotschopf_16Der Arzt Dr. Böhler und seine Kollegen müssen in einem russischen Arbeits- und Gefangenenlager mit den primitivsten Mitteln operieren und die Kranken versorgen, soweit das bei solchen Verhältnissen machbar ist. So amputieren sie z.B. mit einem Taschenmesser (!) einem Patienten sein Bein, das nicht mehr zu retten ist. Die Patienten überleben dank des meisterlichen Könnens der Ärzte. Dann kommt endlich der Tag, von dem keiner geglaubt hat, dass er jemals kommen würde: Man läßt die Gefangenen, allerdings in mehreren in längeren Abständen stattfindenden Transporten, in die Heimat zurückkehren. Unter einem der ersten Transporte sollen auch alle Ärzte sein, doch einer der Ärzte weigert sich...
Dieser Roman basiert auf wahren Begebenheiten. Er ist packend, spannend, aber doch zugleich humorvoll, soweit das bei solchen Themen überhaupt möglich ist. Konsalik, ein Meister seines Faches, schafft es jedoch mühelos, dies alles zu verbinden. Ein Muß für jeden Konsalik-Fan und für alle, die es noch werden möchten. - Henri Charriere
Papillon
(116)Aktuelle Rezension von: dunkelbuchFaszierend wird der Lebensweg und das Leid eines verurteilten Flüchtigen in den dreißiger Jahren an den exotischen Orten Lateinamerikas wie Trinidad, Curacao, Santa Maria und anderen Fluchtorten spannend beschrieben - angefangen mit der Verhaftung in Paris und der Verlegung nach Französisch Guyana. Papillon macht eine Odyssee durch, die mit Versprechen, Vertrauensbruch, Verrat aber auch Freundschaft verknüpft ist. Immer wieder flammt die Hoffnung auf Rettung auf. Seine Lebensenergie ist trotz zahlreicher Fehlschläge unzerstörbar. Es beinhaltet eine Philosophie des Lebens und Durchhaltens, die heute noch ihre Gültigkeit hat.
- Ken Follett
Der Mann aus St. Petersburg
(112)Aktuelle Rezension von: Martini1979Ich bin bei Follet immer zwiegespalten. Habe mich nun aber entschieden, seine historischen Romane für gut zu befinden.
Auch in diesem Buch gibt es allerlei Verwicklungen und Handlungsstränge. Der Kampf um das Frauenwahlrecht, Verhandlungen über Bündnisse zwischen Russland und dem Vereinigten Königreich, sowie eine alte Affäre.
- Alexander Solschenizyn
Ein Tag des Iwan Denissowitsch
(10)Aktuelle Rezension von: Heike110566Solschenizyn (1918-2008) stellt in dieser detailreich gestalteten Erzählung einen Tag im Leben eines Sträflings in einem GULAG-Lager des Jahres 1951 dar. Ein Tag wie jeder andere in einem solchen sibirischen Sonderlager Stalins. Ein Tag, der zeigt wie unmenschlich es in diesen Gefangenenlagern zuging. Der Autor greift dabei auf eigenes Erleben zurück, verbrachte er selbst 8 Jahre in solchen Lagern, verurteilt nach Artikel 58 des russischen Strafgesetzbuches (ein Gummiparagraph, den Stalins Schergen nutzten, um politisch nicht genehme Menschen in Lager zu stecken bzw durch Verbannung oder ähnliches vom Leben auszugrenzen). 1962 erschien dieses Erstlingswerk des Autors in der sowjetischen Literaturzeitschrift "Nowy Mir", nachdem sie durch den damaligen Staatschef der UdSSR, Nikolai Chruschtschow, freigegeben wurde. Dies zeigt wie stark selbst die sowjetische Staatsführung interessiert daran war die Verbrechen der Stalin-Diktatur aufzuarbeiten. Und es spricht auch für die Authentizität der Darstellung. Im Westen (USA, BRD, NATO-Staaten u. ä.) wurde dieses beeindruckend geschriebene und betroffen machende Werk gern herangezogen, um die Unmenschlichkeit im Umgang mit politisch Andersdenekenden in den "sozia- listischen" Ostblockstaaten zu belegen. Es wurde als willkommene Waffe für den Einsatz im Kalten Krieg gern genutzt, besser gesagt: missbraucht. - Vor allem ist es unlauter, diese Darstellung auf die gesamten Ostblock-Systeme allgemein zu übertragen. - Genauso wie es undifferenziert wäre, die unmenschlichen Zustände im amerikanischen Gefangenenlager Guantanamo auf alle anderen kapitalistischen Staaten als typisch zu übertragen. - Blaine Harden
Flucht aus Lager 14
(84)Aktuelle Rezension von: RavenDas Werk "Flucht aus Lager 14" von Blaine Harden ist als gebundene Ausgabe und Softcover, sowie Ebook und Hörbuch über Penguin Verlag erschienen. Das Buch umfasst 272 Seiten.
In Nordkorea gibt es Straflager, die geleugnet werden und unglaublich brutal sind. Wo Menschen wie Vieh aufwachsen und leben. Aus solch einem Lager konnte Shin Dong-hyuk fliehen. Er erzählt dem Autor von seiner Zeit im Lager.
Ein Werk was wirklich unter die Haut geht. Unvorstellbar sind die Gräueltaten unter dem nordkoreanischen Regime. Neben der Geschichte von Shin gibt der Autor noch sehr interessantes und lehrreiches Hintergrundwissen preis. Leider ist immer etwas Distanz im Buch zum Protagonisten, welche der Autor nicht zu überbrücken vermag. Dennoch ist das Buch sehr wichtig und schockierend. Es regt zum Nachdenken an und zeigt auf zu was Menschen fähig sind.
Fazit: Ein wichtiges Buch über das nordkoreanische Regime und die Menschenrechtsverletzungen die dort stattfindet. Leseempfehlung! - Eliot Pattison
Der verlorene Sohn von Tibet
(22)Aktuelle Rezension von: JoachimEliot Pattisons Roman „Der verlorene Sohn von Tibet“ ist das dritte Buch aus der Reihe um den Ermittler Shan, das ich gelesen habe. Es ist ein Krimi, der in einem mir fremden Land spielt, doch durch die intimen Kenntnisse, die der Autor über das Land Tibet verfügt wächst mir deren Bevölkerung und ihre fremdartige Kultur mit jeder Seite mehr ans Herz. Der Han Chinese Shan, der als erfolgreicher Ermittler in Peking gearbeitet hatte und dort bei seiner Arbeit korrupten Parteibossen im Wege stand, wurde nie offiziell aus dem tibetischen Gulag entlassen. Dennoch befindet er sich auf Grund von Ermittlungen, die er im Auftrag des militärischen Gebietskommandanten durchgeführt hatte nun auf freiem Fuß. Aber er versucht, dem Kommandeur Oberst Tan möglichst nicht mehr zu begegnen, da ihn dieser jederzeit wieder in das Straflager verbannen könnte. Shan ist inzwischen durch seine Freunde unter den tibetischen Mönchen selbst zu einem Tibeter geworden. Auch wenn er seine chinesischen Wurzeln nicht verleugnen kann lebt er nun unter ihnen und taucht tief in ihre spirituelle Welt ein. Bei einer geheimen Feier, die in einem zerstörten Kloster stattfindet, wird ein Mord verübt und ohne es zu wollen oder etwas dagegen tun zu können muss Shan wieder zum Ermittler werden. Er versucht sich dagegen zu wehren, um die Tibeter und seine Freunde zu schützen, doch man setzt ihn geschickt unter Druck. Erst jetzt erfährt er, dass sich sein Sohn auch in einem Straflager befindet und nur wenn er die Forderungen der Machthaber erfüllt, kann er ihm vielleicht helfen. Die ersten 40 Seiten dieses Buches lesen sich zähflüssig und ich muss mich fast dazu zwingen es nicht wegzulegen. Doch das kenne ich von den beiden anderen Büchern schon. Vor allem, wenn man gerade ein anderes Buch beendet hat braucht man etwas Zeit, um in diese Welt einzutauchen. Es wird am Anfang sehr viel Hintergrundwissen vermittelt und das bremst den Lesefluss etwas. Doch mit dem Kapitel zwei nimmt die Geschichte Fahrt auf und ab dem Kapitel drei kann ich mich nur noch schwer von dem Buch losreißen. Aber man sollte sich die Details einprägen und genau auf kleine Hinweise achten, denn sonst verliert man schnell den Faden. Ich musste öfter mal zurückblättern um nachzulesen, woher nun dieses Detail oder jener Gegenstand stammt. Geschickt bringt der Autor neue Umstände ins Spiel und ich muss bisher gemachte Schlussfolgerungen umstoßen. An einigen Stellen habe ich das Gefühl, Indiana Jones stand Pate, doch schon auf der nächsten Seite kommt wieder eine gewisse Mystik zum Tragen. Zitate wie – Je mehr man begehrt, desto mehr muß man geben. Je mehr man hortet, desto größer ist der Verlust. – regen zum Nachdenken an und die Figuren sind mir am Ende sehr nahe. Ich bin eigentlich kein Krimi-Leser, doch Eliot Pattison ist es gelungen, Krimi, fremdartige Welt und Mystik so gut zu mischen, dass ich es bedauere, dass die Geschichte nach 514 Seiten zu Ende ist. - Josef Haslinger
Jáchymov
(19)Aktuelle Rezension von: WinfriedStanzickEr heißt Anselm Findeisen (ein Name der auch von Martin Walser stammen könnte) und er ist Verleger. Er leidet unter fortschreitendem Morbus Bechterew und wird von seinem alkoholkranken Arzt Dr. Wachsmann zu einer Kur in das tschechische Radonbad Jachymov geschickt. Dort begegnet er im alten Kurhotel einer Frau, die in dem Roman fortan "die Tänzerin" genannt wird. Sie erzählt ihm von der dunklen und verbrecherischen Geschichte dieses Ortes, an dem während der kommunistischen Diktatur nach dem Krieg Tausende von politischen Gefangenen zur Zwangsarbeit verurteilt waren dabei starben oder, vor der Strahlung ungeschätzt, ihre Gesundheit ruinierten. Der Vater der Tänzerin, ein tschechischer Eishockeystar, der schon vor dem Krieg und auch danach als Nationaltorwart Welt- und Europameisterschaften gewann, hatte, nachdem er politisch in Ungnade gefallen war, lange Zeit dort in den Stollen arbeiten müssen. Anselm Findeisen ist von der Geschichte der Tänzerin sehr berührt, zumal sie ihn dazu zwingt, eigene Erfahrungen in der DDR zu reflektieren, bevor er floh und will sie davon überzeugen, ihre Geschichte aufzuschreiben, damit er sie veröffentlichen kann. Die Tänzerin ist zurückhaltend, doch der Leser weiß schon bald, dass sie an einem solchen Manuskript schreibt, denn Haslinger fügt es immer wieder in die aktuelle Handlung ein. Und so wird die Lebensgeschichte von Bohumil Modry erzählt, dem berühmten und in der Bevölkerung vor und nach dem Krieg beliebten Torwart der tschechischen Eishockeynationalmannschaft. Es ist nicht nur eine Geschichte des tschechischen Eishockeys, sondern vor allem eine literarische Abrechnung mit einem unterdrückerischen System, das nicht nur in der CSSR Menschen in Lager steckte, die in ihrer Unmenschlichkeit den Lagern der zuvor besiegten Nazis nicht nachstanden. Man spürt dem Roman auf fast jeder Seite ab, dass Josef Haslinger hier eine authentische und wahre Geschichte erzählt, die ihm die leibliche Tochter Bohumil Modrys schon vor vielen Jahren erzählt hat, als er sie traf. Es ist ein Roman, der berührt, der wütend macht und der zeigt, dass die literarische Auseinandersetzung mit den diktatorischen Regimes des 20. Jahrhunderts noch lange nicht zu Ende ist. Warum viele Schriftsteller in der letzten Zeit nicht mehr mit der Kennzeichnung wörtlicher Rede arbeiten und ihre Lektoren ihnen das durchgehen lassen, bleibt mir allerdings unverständlich.