Bücher mit dem Tag "österreich-ungarn"

Hier findest du alle Bücher, die LovelyBooks-Leser*innen mit dem Tag "österreich-ungarn" gekennzeichnet haben.

90 Bücher

  1. Cover des Buches Sturz der Titanen (ISBN: 9783404166602)
    Ken Follett

    Sturz der Titanen

     (1.280)
    Aktuelle Rezension von: Mike_Leseratte

    Dies ist nicht der erste Follett den ich lese, dennoch wahrscheinlich einer der besten. Der Einstieg ist etwas gewöhnungsbedürftig, weil man sich an die vielen sehr unterschiedlichen Charaktere gewöhnen muss. Doch sobald man dies geschafft hat, kann man das Buch echt nur noch genießen. Die verschiedenen Charaktere spiegeln wunderbar die unterschiedlichen Gesellschaftsschichten und Länder dar, die entsprechend in dem Weltkrieg beteiligt sind. Es wird ausführlich dargestellt, wie die Kette an Umständen für den Krieg sorgt, wie der Krieg abläuft und wie wieder "Frieden" einkehrt. 

    Dennoch schadet es nicht, entsprechendes Vorwissen zu haben, um die Ereignisse in den richtigen Kontext einordnen zu können. Des weiteren ist mir zu Beginn des Buches einige "tun" aufgefallen, was den Lesefluss störte, da diese leicht hätten verhindert werden könnten. Ich kann nur vermuten, dass es Übersetzungsüberbleibsel von dem Verb "do" ist, oder eigentlich den walisischen Wortschlag aufgreifen möchte, was aber im deutschen nicht sehr gelungen ist. Dadurch, dass er nach kurzer Zeit verschwindet, fällt er auch nicht mehr sonderlich ins Gewicht.


    Insgesamt eine wunderbare Aufarbeitung und Erzählung zu Zeiten des ersten Weltkrieges. 

  2. Cover des Buches Kein Ort ohne dich (ISBN: B015YMPH8S)
    Nicholas Sparks

    Kein Ort ohne dich

     (691)
    Aktuelle Rezension von: Schaetze_auf_Papier

    Inhalt:

    In dem Roman „Kein Ort ohne dich“ von Nicholas Sparks geht es um 2 Paare aus unterschiedlichen Epochen, deren Schicksal für einen kurzen Zeitraum verknüpft werden. Auf der einen Seite geht es um Luke, einen Bullenreiter, und Sophia einer Kunststudentin die sich in einander verliebt haben. Ihre junge Liebe wird allerdings gleich zu Anfang auf eine harte Probe gestellt, denn ihre Lebensziele könnten unterschiedlicher nicht sein. Parallel dazu wird die Geschichte von Ira und Ruth erzählt. Ira, mittlerweile 91, hat einen Autounfall und lässt sein Leben mit seiner großen Liebe Ruth noch einmal Revue passieren. 

     

    Meine Meinung:

    Nicholas Sparks hat es erneut geschafft mich mit seinem Schreibstil zu fesseln. „Kein Ort ohne dich“ ist eine herzergreifende Geschichte über die einzig wahre Liebe im Leben. Die Rückblenden in das Leben von Ira und Ruth spiegeln emotional die Höhen und Tiefen ihres Lebens wider. Ergreifend und emotional wird dem Leser/ der Leserin das Leben von Ira und Ruth geschildert, mit all den glücklichen Zeiten, doch auch den weniger glücklichen Zeiten mit ihren Schicksalsschlägen. Die Probleme von Luke und Sophia sind anderer Natur, aber in der heutigen Zeit nicht minder kompliziert. Obwohl ich die Grundstory bereits im Vorfeld kannte, hat mich dieses Buch zum Lachen, aber genauso zum Weinen gebracht. Wer Nicholas Sparks mag, wird auch diesen Roman lieben. Für mich ist da allerdings noch die ungewöhnliche Tatsache, dass ich die Verfilmung des Romans sogar noch einen kleinen Ticken besser fand, als den Roman.

  3. Cover des Buches 1888 (ISBN: 9783992001293)
    Thomas Beckstedt

    1888

     (30)
    Aktuelle Rezension von: gst

    Ich-Erzähler Georg erhält im Oktober 1922 ein Paket mit einem Manuskript. Nach dem Krieg, wo er beinahe ein Bein verloren hätte, hat sich der Deutsche nach England zurückgezogen und gibt sich als Schweizer aus. Georg lebt vom Verkauf der elterlichen Firma und hat daher ausreichend Zeit, sich diesem Manuskript zu widmen. Allerdings irritiert ihn der Inhalt, der Gedanken eines Arztes enthält, den er 1914 bei einem Urlaub in der Schweiz kennengelernt hatte. Der Arzt hatte im Gefängnis Tagebuch geschrieben, wo er wegen eines angeblichen Mordes an einem Berufskollegen im Jahre 1888 mehrere Monate verbrachte.

    Georg beginnt zu recherchieren, um aus diesem verwirrenden Manuskript ein Buch zu machen. Gleich zu Beginn erfährt der Leser, dass er seine Aufzeichnungen nach einem Jahr wieder zerstört. Warum und weshalb wird erst ganz am Ende der 400 Seiten deutlich.

    Georg erzählt in diesem Buch teilweise ohne Punkt und Komma. Ich hatte dabei das Gefühl, neben ihm beim Bier in einem Pub zu sitzen und zuzuhören. Das Buch ist so komponiert, dass man ständig in eine andere Zeit hineinkatapultiert wird: Hat man sich in 1888 einigermaßen eingelebt, landet man übergangslos wieder bei Georg in 1922. An manchen Stellen wird es schwierig zwischen Wahrheit und Traum zu unterscheiden; verschiedene Erzähler, verschiedene Zeiten, verschiedene Eindrücke und verschiedene Schriften haben in meinem Kopf Chaos verursacht und das Gefühl aufkommen lassen, etwas überlesen zu haben. Mir war lange nicht klar, ob Georgs Wahn seinem Drogenkonsum geschuldet war oder etwas anderem. Erst der Schluss entwirrte meine Knoten im Kopf.

    Fazit: Kein Buch zum nebenbei lesen. Es erfordert die volle Konzentration, hat mich aber zwischendurch auch müde gemacht.

  4. Cover des Buches 1913 (ISBN: 9783596520534)
    Florian Illies

    1913

     (285)
    Aktuelle Rezension von: Andreas_Oberender

    Man stelle sich einen Regisseur vor, der zu faul ist, einen richtigen Film zu drehen. Es ist ihm lästig, eine Geschichte zu entwickeln, ein Drehbuch zu schreiben (oder schreiben zu lassen) und Darsteller auszuwählen. Mit der Gestaltung von Kostümen und Sets möchte er sich auf keinen Fall befassen. Auch die Mühen der Dreharbeiten sind ihm zuwider. Stattdessen wählt er hundert Filme aus, nimmt aus jedem dieser Filme eine einminütige Sequenz und fügt diese Schnipsel ohne erkennbares Prinzip zusammen. Schließlich tritt er vor das Publikum und behauptet dreist, er habe einen neuen Film gedreht.

    Ganz ähnlich ist Florian Illies bei seinem neuesten Buch vorgegangen. Ein richtiges Buch zu schreiben, das ist leider mit allerlei Mühsal und Plackerei verbunden. Man muß sich den Kopf darüber zerbrechen, was für eine Geschichte man eigentlich erzählen will. Man muß, wenn das Buch historische Sachverhalte behandelt, das zur Verfügung stehende Material in einen sinnvollen und aussagekräftigen Zusammenhang bringen, damit etwas entsteht, das den Namen Geschichte (im Sinne einer in sich geschlossenen Erzählung) verdient. Das Material fügt sich nämlich nicht von selbst zu einem solchen Zusammenhang. Dazu bedarf es einer Fragestellung, einer Idee. Und man muß darüber nachdenken, welche Dinge das Publikum besser verstehen soll, wenn es das Buch gelesen hat.

    Vor all diesen Fragen und Aufgaben hat sich Illies gedrückt. Stattdessen hat er sich entschieden, eine Gruppe von mehrheitlich deutschen Künstlern und Literaten Monat für Monat durch das Jahr 1913 zu begleiten, nicht als Erzähler, sondern als Chronist, der einfach das referiert, was die reichhaltige Sekundärliteratur hergibt. Illies strebt kein Gesamtpanorama der deutschen Vorkriegsgesellschaft an. Er konzentriert sich auf die Welt der Hochkultur und deren Randbereich, die künstlerische Bohème. Warum ausgerechnet 1913? Warum Kafka, Rilke und Benn, warum wieder einmal die üblichen Verdächtigen (Politiker, Wissenschaftler und Normalsterbliche kommen auch vor, aber nur in Nebenrollen)? Ein Vorwort oder eine Einleitung, die Auskunft über Sinn und Zweck des Buches geben könnten, sucht der Leser vergebens. Er sieht sich konfrontiert mit einer in Monatsabschnitte gegliederten Abfolge mehr oder minder umfangreicher Anekdoten und Momentaufnahmen, die in einigen Fällen durchaus interessant, mehrheitlich aber läppisch sind.

    Wen interessieren heute noch die Peinlichkeiten des Liebeslebens von Franz Kafka und Oskar Kokoschka? Wer interessiert sich für die allzu menschlichen - also banalen - Eheprobleme Albert Einsteins, Arthur Schnitzlers und Robert Musils? Wer außer ein paar Germanisten und Gottfried-Benn-Enthusiasten kann heute noch etwas mit dem Namen Lou Andreas-Salomé anfangen? Ist diese Frau - ähnlich wie zahlreiche andere Figuren, denen Illies zu Leibe rückt - nicht zu Recht in Vergessenheit geraten? Müssen Freaks wie Egon Schiele und Georg Trakl dem heutigen Publikum unbedingt wieder in Erinnerung gerufen werden? War es wirklich eine kulturelle Blüte und bewundernswerte Vielfalt, die sich da in Deutschland am Vorabend des Ersten Weltkrieges entfaltete, oder stehen Künstler und Literaten wie Schiele, Kafka und Oswald Spengler nicht für einen Zustand nervöser Überreizung und intellektueller Verirrung, dem nachzutrauern überhaupt kein Grund besteht?

    Solche Fragen wirft Illies gar nicht erst auf. Kommentare, kritische Bewertungen, abwägende Urteile sind seine Sache nicht. Viel einfacher und bequemer ist es doch, zum hunderttausendsten Mal die Säulenheiligen der klassischen Moderne zu feiern, seien sie Schriftsteller, Maler oder Komponisten: Picasso war genial, Benn war genial, Trakl war genial, Kafka war genial, genauso wie Malewitsch und Duchamp und all die anderen. Alle waren sie irgendwie genial, und sei es auf verkrachte Art und Weise. So wird es uns seit Jahrzehnten eingebläut. Expressionismus, Kubismus, Suprematismus - alles Meilensteine der Kunstgeschichte. Ist es nicht an der Zeit, die klassische Moderne einmal kritisch zu hinterfragen und ihren Wert neu einzuschätzen? Mehrfach schildert Illies, wie aufgebracht und ablehnend das musik- und kunstliebende Publikum des Jahres 1913 auf die Gemälde der Expressionisten oder Stravinskys "Sacre du printemps" reagierte. Doch warum reagierte das Publikum so? Warum wollte es sich nicht mit expressionistischer Kunst anfreunden? Was bevorzugte dieses Publikum in puncto Literatur, Musik und Kunst? Lasen die Deutschen im späten Kaiserreich nicht eher Karl May und Hedwig Courths-Mahler als Rilke und Schnitzler? Wer etwas über die Mentalitäten des Jahres 1913 und den Geschmack des Mehrheitspublikums erfahren will, der wird bei Illies nicht fündig. Illies betrachtet das Jahr 1913 mit den Augen des Jahres 2012. Und deshalb nimmt er nur das wahr, was das Jahr 2012 am Jahr 1913 für wichtig und erinnernswert hält: Eben die üblichen Verdächtigen. Wie reizvoll und lohnend wäre es, das kulturelle Leben des Jahres 1913 zu schildern, ohne daß darin die sattsam bekannten Figuren auftauchen, die eine beflissene akademische Literatur-, Kunst- und Musikgeschichte seit Generationen gebetsmühlenartig als "Wegbereiter der Moderne" preist!

    Ärgerlich an Illies' Buch ist der Mangel an Kontextualisierung. Zusammenhänge aufzuzeigen und Hintergründe auszuleuchten, auch davon hält Illies nichts. Er reiht ununterbrochen Anekdoten und Geschichtchen aneinander, die einzuordnen und zu bewerten dem Leser schwer fällt, weil in der Regel die Vorgeschichte fehlt. Schon das Januar-Kapitel bietet Beispiele zuhauf für den Unwillen des Autors, auch nur ein Minimum an Hintergrundinformationen zu vermitteln: Thomas Manns Theaterstück "Fiorenza" wird von dem Kritiker Alfred Kerr verissen. Worum geht es in dem Stück überhaupt? War Kerrs Verriß gerechtfertigt oder nicht? Rainer Maria Rilke flieht vor einer "Schaffenskrise" nach Südspanien. Was hat es mit dieser Schaffenskrise auf sich? Als "Urgefühl" des Kulturpessimisten Oswald Spengler wird "Angst" angegeben. Woher rührte diese Angst, durch welche biographischen Erlebnisse und Erfahrungen wurde sie ausgelöst? Sigmund Freud und sein Schüler C.G. Jung zerstreiten sich. Das Zerwürfnis wird in einigen folgenden Kapiteln nochmals erwähnt; seine Ursachen werden aber nirgends erläutert. Über Gertrude Stein, die in Paris einen Salon führte, wird berichtet, sie habe sich im Januar 1913 mit ihrem Bruder entzweit. Warum? Was war passiert? Das tut aus Illies' Sicht offenbar nichts zur Sache. Wozu dann diese Nebensächlichkeit überhaupt erwähnen?

    Die Liste ließe sich beliebig fortsetzen. Dem Leser bleibt vorenthalten, warum Arthur Schnitzlers Drama "Professor Bernhardi" mit einem Aufführungsverbot belegt wurde. Wer noch nie etwas von Georg Trakl gehört hat, wird nicht verstehen, warum der Dichter "wie in Trance" durch die Welt irrte (S. 84). Auf S. 94 wird mitgeteilt, daß Karl Kraus am 29. März 1913 in München einen Vortrag hielt, der mit freundlichem Applaus aufgenommen wurde. Das Thema des Vortrages? Man erfährt es nicht, genauso wenig wie den Titel des Films, der Kafka laut Tagebuch am 20. November zu Tränen rührte (S. 285). Aus dem Zusammenhang gerissen werden auch ein Brief-Zitat, in dem sich Hugo von Hofmannsthal desillusioniert über den österreichischen Adel äußert (S. 210) und das schroffe Verdikt des Malers Max Beckmann, der Mensch sei "ein Schwein erster Klasse" (S. 152). Was beide Männer zu diesen Äußerungen veranlaßte - wer weiß das schon? Man hofft, daß wenigstens Illies es weiß. Doch anstatt es den Lesern zu verraten, doziert er lieber im Tonfall des umfassend gebildeten Vielwissers, Ludwig Wittgensteins "Tractatus logico-philosophicus" sei eine der wichtigsten Schriften des 20. Jahrhunderts (S. 81). Wichtig für wen? Und wovon handelt der Traktat? Pompös heißt es über Edmund Husserl, sein "großer Paradigmenwechsel für die Philosophie" habe in der "Abwendung von den positivistischen Realien der Umwelt zu den Tatsachen des Bewußtseins" bestanden (S. 160). Wer Genaueres darüber erfahren möchte, kann gerne bei Wikipedia nachschauen.

    So geht es Seite für Seite, Kapitel für Kapitel. Das Buch bietet kaum mehr als eine ziellos dahinplätschernde Nummernrevue. Emsig gesammelte Lesefrüchte werden wie Mosaiksteinchen ausgeschüttet, doch weil eine sinnstiftende Idee fehlt, entsteht letzten Endes kein Bild, das dem Leser ein vertieftes Verständnis der deutschen Gesellschaft oder des deutschen Kulturlebens im letzten Friedensjahr vor dem Ersten Weltkrieg ermöglicht. Stattdessen bietet Illies eine langweilige und ermüdende Aneinanderreihung von Anekdoten über die Liebeshändel und Ehewirren, die soziale Inkompetenz, Hypochondrie und "Neurasthenie" seiner männlichen und weiblichen Protagonisten, garniert mit banalen Kurzmitteilungen wie "Rainer Maria Rilke hat Schnupfen" (S. 85). Drei Seiten vorher wirft Illies seinen Lesern diesen Informationsbrocken hin: "Frühlings Erwachen. Am 8. März treffen sich im Wiener Café Imperial Frank Wedekind, Adolf Loos, Franz Werfel und Karl Kraus nach dem Aufstehen auf einen großen Braunen." Muß man das wirklich wissen, und wenn ja, wozu? Die Passagen über die eigenartige Beziehung zwischen Franz Kafka und Felice Bauer bieten eine pein- und qualvolle Lektüre. Hat sich im Jahr 1913 nichts Wichtigeres zugetragen? Über dieses Thema sollte man besser den Mantel des Schweigens breiten. Gottlob behandelt Illies nur ein Jahr dieser Beziehung; mehr wäre kaum zu ertragen.

    Für jeden historisch interessierten Leser ist dieses Buch eine Zumutung, und für den Fischer-Verlag ist es ein Armutszeugnis. Mit seiner Mischung aus Oberflächlichkeit, Schaumschlägerei und bildungsbürgerlichem Renommiergehabe paßt das Buch zu unserer heutigen Zeit: Es vermittelt Wissen in mundgerechten Häppchen, die niemanden überfordern; es kommt anekdotisch daher, im zwangslosen Plauderton, mit sicherem Gespür für das Pikante, Frivole und leicht Anrüchige. Ist es nicht genau das, was deutsche Leser lesen wollen? So denken offenbar manche Autoren und Lektoren. Die Tatsache, daß Illies' Buch so enthusiastische Rezensionen erhalten hat und zum Beststeller avancierte, zeigt nur, daß den Feuilletonisten und vielen Lesern die Maßstäbe abhanden gekommen sind, um schlechte Bücher von guten zu unterscheiden. Ein Buch wie "1913" entsteht, wenn ein Autor nichts riskiert, brav mit dem Strom schwimmt und sich an etablierte Lehrmeinungen hält. Über das deutsche Kulturleben unmittelbar vor dem Ersten Weltkrieg könnte man auch ganz andere Geschichten erzählen. Das setzt allerdings die Bereitschaft voraus, ausgetretene Pfade zu verlassen, Neuentdeckungen zu wagen und den Kanon vermeintlich bahnbrechender und epochemachender literarischer und künstlerischer Werke in Frage zu stellen. Was Illies bietet, ist Kulturgeschichte für Dummies - Menschen, die nicht mitdenken, die keinen eigenen Kopf und keine eigene Meinung haben. 

    (Hinweis: Diese Rezension habe ich zuerst im Juni 2013 bei Amazon gepostet)

  5. Cover des Buches Der Sturz des Doppeladlers (ISBN: 9783990500521)
    Birgit Mosser

    Der Sturz des Doppeladlers

     (37)
    Aktuelle Rezension von: awogfli

    Birgit Mosser hat dieses Werk als Trilogie angelegt und deshalb ist es eigentlich unfair, die einzelnen Bände schon zu Beginn abschließend zu bewerten. Im Prinzip kann ich feststellen: Die Gesamtgeschichte hat Potenzial, aber es ist noch nicht absehbar, ob dieses vor allem in der Plotkonstruktion, die mir immer sehr wichtig ist, auch völlig ausgeschöpft werden wird.

    Eines kann man jetzt schon sagen: Die Autorin kann Handlungen und Stimmungslagen der untergehenden Epoche des Habsburgerreichs gut beschreiben. Im ersten Band gibt es zahlreiche Erzählstränge, die das Schicksal von vier Familien beschreiben und die bisher bedauerlicherweise für meinen Geschmack noch viel zu wenig miteinander zu tun haben. Zudem bevölkert eine Unzahl an Personal - Protagonisten wie Nebenfiguren - die Handlung, viele Locations werden bedient, aber es wird recht anständig versucht, trotz der vielen Szenenwechsel möglichst keine Verwirrung zu stiften, sondern eher Struktur zu geben.

    Von der Sprachfabulierkunst ist die Geschichte eher einfach angelegt, keine wortreichen, treffenden politischen und gesellschaftlichen Analysen habe ich gefunden, aber es ist halt auch reichlich unfair von mir, diese zu suchen und gedanklich den Roman automatisch mit dem Oeuvre meines absoluten Lieblingsschriftstellers Joseph Roth zu vergleichen, nur weil er in derselben Zeit mit ähnlichem Figurensetting und Locations operiert.

    Gelungen fand ich auf jeden Fall die Integration kleiner historischer Details und realer Anekdoten in die Handlung, die Otto Normalverbraucher nicht unbedingt so bekannt sind. Zum Beispiel besucht Minnerl aus dem Burgenland ihre Schwester Ernestine in Wien und versorgt die Familie mit sehr dringend gebrauchtem Essen, denn die Wiener hungern schon monatelang. Ernestine steht schon seit Jahren tief in der Schuld von Minnerl, da diese auch ihre Tochter in Neusiedl - respektive ihren ledigen Bastard - vor Ernestines hochangesehenem, strengen und bigotten Ehemann August versteckt hat. Da Ernestine vom Gatten sehr kurzgehalten wird und nicht viel als Kompensation zu bieten hat, macht sie ihrer Schwester eine riesige Freude. Im Kaffeehaus arrangiert sie ein Treffen mit Minnerls Lieblingsschriftsteller Schnitzler, der ihr ein Autogramm mit persönlicher Widmung auf den „zufällig“ mitgebrachten Leutnant Gustl gibt.



    „Schnitzler sieht auf und lächelt versonnen. „Ausgerechnet der Gustl! Wissen Sie, dass mich dieses Büchlein meinen Rang als Oberster der Reserve gekostet hat? Er wurde mir aberkannt, weil …“, er bricht ab und schüttelt den Kopf. „Sprechen wir nicht davon. Das ist lang her.“


    Ebenso an der südlichen Front beim Konflikt mit den Italienern während der Annexion Südtirols werden sehr gut historische Details mit Familienschicksalen verwoben. Leutnant Holzer gerät zum Beispiel wie viele in Kriegsgefangenschaft, weil beim Chaos während der Kapitulation der K&K Armee die Verlautbarungsfristen für den Waffenstillstand nicht berücksichtigt wurden. Die Österreicher haben sich qua Befehl schon ergeben, weil die Kapitulation schon beschlossen war, aber die Italiener sich einen Tag Veröffentlichungsfristen ausbedungen haben. Ein allerletztes Mal wurden die Österreicher geleimt, dieser eine Tag kostet der gesamten Kompanie jahrelange Kriegsgefangenschaft, Folter und Tod. Als Leutnant Holzer durch einen günstigen Umstand von einem Conte kurz vor dem elendiglichen Verrecken gerettet wird, möchte er sich endlich auf den Heimweg zu seiner Familie machen. Als sein Lebensretter ihn nach dem Hotel der Eltern fragt, wird beim Zeigen auf der aktuellen Karte offenbar, sein Haus steht im neuen Südtirol, das sich die Italiener unter den Nagel gerissen haben.

    Auch einen politischen Erzählstrang weist das Werk auf. Ferdinand von Webern arbeitet im Außenministerium in Wien und bringt historisch-diplomatische Hintergründe in den Plot ein. Er kommentiert auch nach Kriegsende sehr treffend und fachkundig die Bildung der neuen Regierung.

    Die ungarisch-burgenländische historische Komponente wird durch das Schicksal der Familie Minnerls abgedeckt und der Bruder von Ferdinand von Werbern gerät an der Ostfront in russische Kriegsgefangenschaft, wird nach Sibirien verschleppt und deckt somit das östliche Reich ab. Der Diplomat von Webern verlangt bei Friedensverhandlungen die Freilassung seines Bruders, aber dieser weigert sich zurückzukehren, denn er will seine Kameraden in Gefangenschaft nicht ohne seine ärztliche Unterstützung zurücklassen.

    So, was fehlt uns noch aus dem ehemaligen Habsburgerreich? Genau! Die Unterschicht und die slowenische Grenze. Diesen Erzählstrang bedient das Dienstmädchen Berta, die auch ledig schwanger wird, dann ihren Bauernsohn Lois kennenlernt, der aus Liebe ihre Schande tilgt und den Bastard Viktor adoptiert. Im Kärtner Elternhaus von Lois sieht die böse Schwiegermutter die neue Patchworkfamilie nicht so entspannt. Eine Intrige nach der anderen wird gesponnen. Bis die kleine Familie vor der bösen Alten nach Wien flüchtet.

    So, Ihr seht also, das Fundament für ein sehr gutes Epos ist zwar gelegt, die unzähligen Figuren auf dem Schachbrett sind bereits aufgestellt und müssen nun in Interaktion zusammenkommen. Warum ich noch so verhalten urteile, ist auch klar. Die Konstruktion der Geschichte hat hohes Potenzial, noch richtig großartig zu werden, wenn die Handlungsstränge wie ein Puzzle konsistent ineinandergleiten. Aber auch die Gefahr einer verwirrenden, zerfledderten Handlung besteht, bei der man irgendwann einmal die Beziehung zu den Protagonisten verliert. Da ich heuer so etwas auch schon bei kürzeren Romanen erlebt habe, bin ich vorsichtig, urteile mit 3,5 Sternen, die ich beim ersten Band vorläufig auch noch sehr streng abrunde. Wenn die derzeitigen Nahtstellen und Umbrüche perfekt ineinander gleiten, werde ich meine Bewertung noch einmal überdenken.

    Eines muss ich auch noch in dieser strengen vorläufigen Beurteilung mitschicken: Birgit Mossers Roman hat mir wesentlich besser als Elena Ferrantes Meine Geniale Freundin gefallen, denn beim Lesen der Saga der italienischen Autorin wusste ich gleich, dass ich die Geschichte nicht weiterverfolgen will, weil sie mich gar so genervt hat.

    Fazit:
    Ich bin sehr gespannt, wie es mit den Familien weitergeht, werde fortfahren und davon berichten.         

           

                      

             

             


  6. Cover des Buches Die späte Reue des Jack Wiseman (ISBN: 9783552057401)
    Ayelet Waldman

    Die späte Reue des Jack Wiseman

     (25)
    Aktuelle Rezension von: Sahina_89
    Da ich mich sehr für Geschichten aus dem 2. Weltkrieg interessiere, musste ich das Buch selbstverständlich lesen.

    Das Buch war in verschiedene "Zeiten" aufgeteilt und deshalb recht übersichtlich. Man wusste immer, wo man sich gerade "befindet".

    Über den Inhalt brauche ich ja nichts zu schreiben, der dürfte den anderen ja bereits bekannt sein. Allerdings hätte ich mir gewünscht, dass es für Jack Wiseman noch eine Art Happy End gibt, bevor er stirbt. Aber dazu hätte man das ganze Buch anders schreiben müssen ;-)

    Alles in allem ein sehr gelungenes Buch, das zeigt, wie schwer es Juden früher hatten und auch heute immer noch haben.
  7. Cover des Buches Die Verwirrungen des Zöglings Törleß (ISBN: 9783946619833)
    Robert Musil

    Die Verwirrungen des Zöglings Törleß

     (286)
    Aktuelle Rezension von: Monika_Brigitte

    "Er konnte nicht viel davon erklären. Aber diese Wortlosigkeit fühlte sich köstlich an, wie die Gewissheit des befruchteten Leibes, der das leise Ziehen der Zukunft schon in seinem Blute fühlt. Und Zuversicht und Müdigkeit mischten sich in Törleß…" (letzte Seite)


    In einem Militärinternet kommt es zwischen 4 jungen Schülern zu einem sadistisch Spiel. Der kleine Basini wird nach aller Kunst des Mobbings schikaniert. Die Strippenzieher hinter dieser unwürdevollen Behandlung eines ihrer Kammeraden sind die zwei jungen, selbstbewussten Eliteschüler Beineberg und Reiting. (Die Figuren werden hier durchweg nur mit ihren Nachnamen benannt - ganz entsprechend der militärischen Erziehung)

    Der vierte im Bunde ist der Protagonist und Romanüberschriftsgeber dieses Werks: Törleß. Dieser einfühlsame Junge wandelt zwischen Individualismus und der militärischen Doktrin.  Er macht die einschneidende Erfahrung der Jugend - die Pubertät - zu einem  intelligenten, hinterfragenden Gedankenspiel. Er beteiligt sich an den Misshandlungen des Basini auf eigene Weise - er beobachtet und genießt die Macht, die er über schwächere ausüben kann. Gleichzeitig ist er in einem Gefühls- und Emfpindungschaos, in dem er seine körperliche und geistige Erregung gegenüber Basini hinterfragt. 


    Musil verarbeitet in diesem seinem ersten Roman seine eigenen Erfahrungen in Militärakademien und kritisiert die militärisch orientierte Erziehung. Viele Literaturkritiker sehen "Die Verwirrungen des Zöglings Törleß" als einen Vorreiter von Musils internationalen Klassikers: "Der Mann ohne Eigenschaften". Und somit Törleß als Vorentwurf zum Ulrich.

    Besonders finde ich diese Thematik eines einfühlsamen jungen Menschen im Vordergrund unter historischen Ereignissen. Wenn ich nicht wüsste, dass dieser Roman schon 1906 veröffentlicht wurde, hätte ich ihn unter thematischen Gesichtspunkten locker in die 50er/60er Jahre des 19. Jahrhunderts verortet. Musils aber schrieb den Roman in der militärisch geprägten Kaisermonachie kurz vor dem 1. Weltkrieg und während der nationalsozialistischen Grundstimmung des Landes. Wirklich bemerkenswert.

    Fazit: 

    Der erste Roman von Musil, 1906 veröffentlicht, handelt von der Ichfindung eines empfindsamen Jungens in einer autoritären Gesellschaft. Musil verarbeitet und kritisiert hier seine militärisch-orientierte Erziehung.

    Ich finde die Botschaft des Romans sehr wichtig und ich habe lange über das Gelesene nachgedacht, viele Stellen muss man mehrfach lesen, um den gesellschaftlich- psychologischen Wert ganz zu verstehen. Daher kann ich mir gut vorstellen, das diese Art der Lektüre nichts für jeden ist. Ich möchte jedoch jeden Lehrer dieses Werk ans Herz legen, denn ich sehe einen großen pädagogischen Wert. Lest den Roman selber, denkt nach und seid einfühlsam. Zur Unterrichtsveranschaulichung der Literaturepoche Moderne würde ich allerdings eher zu anderen Romanen greifen.

  8. Cover des Buches Der Offizier der Kaiserin (ISBN: 9783894256418)
    Christine Neumeyer

    Der Offizier der Kaiserin

     (14)
    Aktuelle Rezension von: Angelika16

    Historischer Charakterkrimi – 1898 – Donaumonarchie

     Christine Neumeyer gilt mittlerweile als erfahrene Autorin betr. historischer Romane, und die einfühlsame Schilderung der einzelnen, mitunter grotesk bis amüsant geschilderte Charaktere (z.B. Polizist Pospischil) zeigt ihre feine Beobachtungsgabe, erst recht ihre kreative Umsetzung. So entsteht selbst für Nicht-Krimileser schnell ein magischer Sog. Atmosphärisch geschilderte Szenen lassen den Leser/die Leserin das Buch ungern aus der Hand legen. Und am Ende möchte man eigentlich noch mal von vorne beginnen.

    Noch herrscht in Wien die Kaiserzeit. Franz Joseph I. feiert das fünfzigjährige Regierungsjubiläum. Gleichzeitig sind längst die Rebellen erwacht. “ Nieder mit Habsburg, nieder mit dem Kaiser,“ ruft der Ungar Sandor Kiss zu Beginn des Buches. Und vor allem: „Freiheit für unsere Völker.“

    Ein feines Netzwerk von Intrigen spinnt sich um 1898 in Wien zusammen, das schließlich auch das Leben am sonst ruhigen Schloss Hof erreicht. Denn die Kaiserin Sisi wird zu einem Besuch erwartet. Ratten werden in aufwändiger Arbeit beseitigt, Staub von Möbeln, Ölbildern und der ehemals ruhmreicheren Vergangenheit fortgewischt – man erinnert sich noch einmal an all‘ den schönen, schon fast verlorenen Glanz.

    Und natürlich begleiten die Kaiserin ein paar adrette Offiziere.  Und einer von ihnen, der fesche Rittmeister von Andic, verliebt sich in Irmi, die Gärtnerstochter, die auf Schloss Hof für die Vorbereitungen angestellt ist. Eine Nacht verbringt er bei ihr, da fallen auf den Rückweg durch den Wald ein paar Schüsse, und er wird tot aufgefunden.

    Die Herren Polizisten aus Wien treffen ein, und man erfreut sich an ihrer altmodischen Art der Verhöre und der noch viel nostalgischer anmutenden Spurensicherung, die gut recherchiert wurde.

     

    Mehr soll nicht verraten werden, nur so viel: Historisch Interessierte kommen ebenso wie anspruchsvollere Krimileser auf ihre Kosten. Das Buch ist trotzdem leicht zu lesen. Und es entsteht eine Neugier, die einen bald nach weiterführender Literatur zur Donaumonarchie blättern lässt, aber auch nach weiteren Werken der Autorin.

     

    Angelika Zöllner



  9. Cover des Buches Die Erzählungen (ISBN: 9783596903719)
    Franz Kafka

    Die Erzählungen

     (134)
    Aktuelle Rezension von: Erinnye
    Dass Buch ist zusammengesetzt aus vielen verschiedenen Texten von Kafka. Dies reicht von kurzen, einseitigen Erzählungen bis hin zu mehrseitigen Geschichten. Dabei gelingt es Kafka thematisch zwar immer innerhalb eines gewissen Stils zu bleiben, jedoch wiederholt er sich nicht. Jede seiner Schriften hat für sich gesehen eine individuelle Daseinsberechtigung und sagt etwas Anderes aus. Diese Aussage zu verstehen ist bei Kafka natürlich immer so eine Sache. Es bleibt ein Rätsel, ob man die Erzählung so versteht, wie der Autor sie gedacht hatte - jedoch macht dies auch den Spaß an seinem Schreibstil aus. Vielfach interpretierbar, aber auch einfach nur genußvoll lesen und die Prosa bestaunen.. dies alles ist möglich bei diesem Autor. Die Geschichte, die mich persönlich am meisten beeindruckt hat, ist die, die von einem neurotischen Maulwurf erzählt, der um seinen Bau fürchtet, gleichzeitig aber auch davor zurückschreckt ihn wieder zu betreten, wenn er zwecks Vorratsbeschaffung nach draußen muss. Kafka gelingt es, über mehrere Seiten hinweg kein einziges Mal das Wort "Maulwurf" zu benutzen und lässt somit offen, ob es nicht doch eine Wühlmaus oder ein Hamster ist, das ist auch egal, stellt es doch eine hervorragende Metapher dafür dar, dass es bei Kafka nicht um festgesetzte Personen geht, sondern lediglich um die Aussage, die er mit seinem Text tätigen will. Natürlich waren auch so berühmte Geschichten wie "Die Verwandlung" und viele Andere vertreten. Um Kafka zu lesen sollte man eine gewisse Konzentration mitbringen, es ist aber auch dann sicher nicht etwas für jedermann. Man muss den kafkaesken Stil einfach mögen. Tut man dies, dann erscheint einem diese Sammlung von Erzählungen einfach als ein einmaliges Stück Literatur und seine poetischen Texte als wahre Kunst für sich. Immer wieder lesen, immer wieder neu interpretieren, immer wieder neu erleben.
  10. Cover des Buches „Meine Erlebnisse in dem furchtbaren Weltkriege 1914–1918“ (ISBN: 9783218010283)
    Franz Arneitz

    „Meine Erlebnisse in dem furchtbaren Weltkriege 1914–1918“

     (18)
    Aktuelle Rezension von: Mauela
    Der 21-jährige Franz wird 1914 zum Kriegsdienst in der k.u.k. Armee berufen. Die folgenden vier Jahre wird er an der Front kämpfen und führt dabei ein Tagebuch des einfachen Soldaten.

    In dem Roman „Meine Erlebnisse in dem furchtbaren Weltkrieg 1914-1918“ wird die wahre Geschichte des Frontsoldaten Franz Arneitz in Form von Tagebucheinträgen erzählt. Franz ist noch jung, als er in den Krieg ziehen muss. Und trotzdem beschreibt er den Schrecken des Krieges, die Entbehrungen der Bevölkerung und die schlimmen Tage als Soldat eindringlich und ohne sie zu beschönigen. Die anfänglich verhaltene Kritik an der Kriegssituation entwickelt sich im Laufe der Zeit zu klareren Worten und trotz aller schrecklichen Erlebnisse scheint Franz seine Menschlichkeit nicht zu verlieren.

    Besonders schön ist trotz des traurigen Themas, dass dem Roman einige persönliche Fotos und Dokument beigefügt wurden. Damit wird für mich die Person Franz greifbarer. Auch das Kartenmaterial und die Zeittafel, die am Ende eingefügt sind, fand ich hilfreich um mich zeitlich und örtlich besser zu Recht zu finden.

    Ein interessantes, unverfälschtes Zeitzeugnis für geschichtsinteressierte Leser. 
  11. Cover des Buches Elisabeth (ISBN: 9783902862969)
    Brigitte Hamann

    Elisabeth

     (135)
    Aktuelle Rezension von: Saralonde

    Gibt es irgendjemanden, zumindest irgendeine Frau, die die Sissi-Filme nicht gesehen hat? Und deren Bild der Kaiserin Elisabeth nicht von ihnen geprägt ist? Das Sisi tatsächlich eine ganz andere war, hat sich herumgesprochen. Und fernab jeden Schmalzes präsentiert uns Brigitte Hamann ausführlich die echte Sisi. Dazu hat sie sich durch Archive und die private Korrespondenz aller möglichen Personen gelesen, die Sisi nahestanden (und natürlich auch alles, was von Sisi selbst noch erhalten geblieben ist). Man könnte jetzt vielleicht befürchten: “Oje, das hört sich staubtrocken an”, doch nein, Brigitte Hamann hat etwas, was für eine promovierte Historikern ein Glücksfall ist: Erzähltalent. Ich will nicht behaupten, das Buch lese sich wie ein Roman, aber es liest sich flüssig und ist an keiner Stelle langweilig.

    Die Kapitel sind chronologisch angeordnet, was Hamann jedoch nicht daran hindert, bezüglich eines bestimmten Themas auch Zeitsprünge zu vollziehen. Es beginnt mit der Verlobung der erst 15-Jährigen mit dem jungen Kaiser in Ischl. Hätte ich mir noch ein Kapitel über Sisis Kindheit gewünscht? Nicht unbedingt notwendig, denn Hamann verweist im Laufe des Buches an gegebener Stelle immer wieder auf Sisi als Kind.

    Das Bild, das Hamann von Elisabeth zeichnet, zeigt uns eine hochintelligente, aber auch äußerst zwiespältige Persönlichkeit, ihrer Zeit durchaus voraus, jedoch in einem solchen Maße egozentrisch, dass ihre Ideale schnell beiseite geschoben wurden, wenn es um sie selbst ging. Mir war nicht bewusst, das Sisi so viel gedichtet hat, immer wieder zitiert Hamann ihre Gedichte, die mitunter sehr aufschlussreich sind. Ergänzt wird der Text durch wirklich tolles Bildmaterial, leider nur aus den jungen Jahren der Kaiserin, da sie es im Alter sehr erfolgreich vermieden hat, fotografiert zu werden.

    Wenn ihr euch für Sisi interessiert (und sie war wirklich interessant genug!), kann ich euch das Buch wärmstens empfehlen. Unbedingte Kaufempfehlung!

  12. Cover des Buches Jugend ohne Gott (ISBN: 9783744830072)
    Ödön von Horváth

    Jugend ohne Gott

     (568)
    Aktuelle Rezension von: erdbeerliebe.

    Was schreibt man über ein Buch, das einen ständig aufregt, nervt, provoziert und deprimiert? Wo das Frauenbild "Tand und Glitter" hochgelobt wird, wer zu hässlich dafür ist oder keine strahlend blauen Augen und schöne Beine hat, gilt als wertloses Mädchen. Eine reine Männerwelt, in der der Lehrer, in dem es in Jugend ohne Gott geht, da spricht. 

    Die Namensabkürzungen seiner Klasse (der T., der B., etc etc) finde ich zum kotzen, es machte mir schwer in das Buch reinzukommen. (Und im Gegensatz zu anderen hatte ich leider keine Version mit Fußnoten, ich schätze das wäre angenehmer gewesen. ich habe die Reclam Hörbuchversion angehört.) Den Protagonisten empfand ich als schwach und etwas unselbstbewusst, seine ständigen Ausschweifungen über Gott und die Welt langweilten mich. 

    Und doch packte mich die Geschichte ab dem Punkt mit dem Zeltlager. Denn dort tauchten die ersten starken Frauenfiguren auf, eine davon war sogar wichtig für die Geschichte: Die Eva. Auch wenn jede Frau in dem Werk extrem nach ihrem Äußeren beurteilt wird (hat sie schöne Augen? Ist sie sauber und hygienisch? Sieht sie gepflegt aus und trägt sie Parfüm?) schafft die Geschichte um den Mord doch Spannung in das Werk hinein zu bringen, dass mich neugierig auf das Ende machte. Irgendwo entwickelt sich auch der Lehrer währenddessen, er hinterfragt die Kirche kritisch und seine Haltung zu People of Color macht ihn sympathischer. Am Ende wird es dann nochmal zäher, ich hätte mir etwas mehr Handlungsbereitschaft des Lehrers gewünscht, doch immerhin ist das Buch kurz. 


    Positiv anzumerken ist der Schreibstil: Die Sprache ist einfach (wenn auch altertümlich) und die Kapitel sind interessant strukturiert und nie unübersichtlich lang. Der Sprecher der Hörbuchversion passt sehr gut zu einem mittelalten Mann mit leicht eingestaubten Ansichten. 


    Irgendwo sehe ich immer noch die Verbindung zur heutigen Zeit in dem Werk, Ödön von Horvaths Buch könnte dabei gut als Warnung durchgehen wie es nie sein sollte.  

    Ich würde das Buch vorsichtig empfehlen, falls du Lust auf deprimierende Klassiker mit staubigem Nachgeschmack und jeder Menge Sexismus hast. 


    ZWEI von fünf Kompassi (Kompassen? Kompassa?) 🧭

  13. Cover des Buches Radetzkymarsch (ISBN: 9783843059572)
    Joseph Roth

    Radetzkymarsch

     (126)
    Aktuelle Rezension von: happyoldendays

    Joseph Roths Roman „Radetzkymarsch“  ist eine langsam voranschreitende Erzählung, die voll ist von evokativen Bildern und Szenen, ihre wirkliche Stärke aber in der tragischen Verknüpfung dreier Generationen einer Familie offenbart.

    Die Tatsache, dass der Roman den Aufstieg und Niedergang der Familie Trotta vor dem Hintergrund des kollabierenden Habsburger Staatenverbandes behandelt, könnte den Eindruck erwecken, dass es sich um eine ereignisreiche, auf Handlung basierende Geschichte handelt, aber dem ist nicht so. Viel eher steht die innere Gefühlswelt der Protagonisten im Vordergrund, vom Autor durch feine Allegorien evoziert.

    Einige Passagen empfand ich beim Lesen als etwas langatmig. Ebenso erschloss sich mir der Zusammenhang  zwischen mancher detailreich ausgestalteten  Episode und der Gesamthandlung nicht, aber vieles offenbarte seinen tieferen Sinn schließlich gegen Ende des Buches.

    Zeitlich gesehen umfasst der Plot das Leben von Großvater-Vater-Enkel, es werden aber nicht alle Lebensstationen auserzählt. Der Fokus des Autors liegt vielmehr auf Einzelereignissen und wie sie von den Protagonisten erlebt werden, bzw. wie sie sich auf die nachfolgende Generation auswirken. So steht zu Anfang etwa die Heldentat des Großvaters Joseph Trotta, der dem Kaiser auf dem Schlachtfeld das Leben rettet. Durch diese impulsive Handlung werden die Trottas in eine höhere soziale Ebene gehoben und auf immer mit dem Kaiser und der Monarchie verbunden: Die ehemals slowenischen Bauern werden nun Berufsoffiziere und Beamte im Dienste der Habsburger. Damit einher geht die (teilweise unreflektierte) Identifikation mit dem militärischen Ehren- und Verhaltenskodex des ausgehenden 19. Jahrhunderts, welche dem Enkel schließlich zum Verhängnis werden wird.

    Das Leben des jüngsten von Trotta – Carl Joseph – nimmt den meisten Raum in der Erzählung ein. Er gerät mit dem schweren Familienerbe in Konflikt. Den „Helden von Solferino“, seinen Großvater, kennt er nur durch Erzählungen. Gleichzeitig aber hängt sein Ruhm über ihm wie ein Damoklesschwert, denn nur durch seinen guten Ruf, konnte der Enkel im Militär reüssieren. Frustriert über das eigene Versagen bei gleichzeitigem allerhöchsten Anspruch an sich selbst, verfällt Carl Joseph dem Alkohol und der Spielsucht.

    Was mir am „Radetzkymarsch“ besonders gut gefallen hat, sind die bildhaften Symbole, die Joseph Roth schafft, um einerseits Kontinuität, gleichzeitig aber auch die Veränderlichkeit der Dinge zu illustrieren. So etwa die mangelnde Fähigkeit der von Trottas miteinander zu kommunizieren und ihre Gefühle zu artikulieren. Dieses Handicap wird durch die Generationen weitergegeben und steht als großes Hindernis zwischen den Männern. Beinahe schmerzerfüllt folgt der Leser den Gesprächen zwischen Vater und Sohn, bei denen das Wesentliche aber stets unausgesprochen bleibt. Auf ähnliche Weise tritt Kaiser Franz Joseph immer wieder ins Leben der Familie. Einerseits verhilft er ihnen zu Status, andererseits führt die Pflichterfüllung in seinem Namen auch zu deren Untergang. Als alten, gebrechlichen  Mann lernt der letzte von Trotta den Kaiser kennen.  („Ein Greis dem Tode geweiht, von jedem Schnupfen gefährdet, hält den alten Thron, einfach durch das Wunder, dass er auf ihm noch sitzen kann.“) Historisch bahnt sich der Niedergang des Habsburgischen Reiches und politische Reform an; sinnbildhaft steht somit der überalterte, vergessliche Kaiser für die Degeneration der k.u.k. Monarchie. Es sind eben diese eleganten, bildhaften Verquickungen, die mich absolut begeistert haben. Noch Tage nach der Lektüre fallen mir Roths brillante Allegorien auf.

    Fazit: „Radetzkymarsch“ ist mehr als nur ein Historischer Roman, sondern ein gefühlvolles Porträt einer im Niedergang befindlichen Familie, die der eigenen Vergangenheit und den politischen Umständen erliegt.  

  14. Cover des Buches Die Tante Jolesch (ISBN: 9783784436906)
    Friedrich Torberg

    Die Tante Jolesch

     (35)
    Aktuelle Rezension von: DorGer

    »Was ein Mann schöner ist wie ein Aff, ist ein Luxus« ist wohl jedem bekannt und - zumindest in Österreich - ein nach wie vor vielgenutzer Satz. Und so bitterböse geht es weiter, mit viel Humor, einzelne Geschichten aus mehrerer Leute Erinnerung zusammengefasst.

    Als die Familie ums Sterbebett der Tante versammelt ist und sich alle gegenseitig anstupsen, um noch rechtzeitig das Geheimrezept ihrer weithin bekannten Krautfleckerl zu erfragen, bevor es mit ihr stirbt und die Sterbende mit letzter Kraft haucht »Es waren nie genug..« ist einfach grandios. Und für Kinder der Überflussgesellschaft wahrscheinlich neu.

    Es ist kein Witzbuch, sondern festgehaltene Szenen einer vergangenen Zeit, die es wert sind, unvergessen zu bleiben.

  15. Cover des Buches Sisi - Kaiserin wider Willen (ISBN: 9783746638607)
    Allison Pataki

    Sisi - Kaiserin wider Willen

     (96)
    Aktuelle Rezension von: junia

    Wie kam ich zu diesem Buch?

    Durch Zufall wurde ich auf die Reihe aufmerksam. Es ist das erste Buch von Allison Pataki, das ich gelesen habe. Nachdem dieses hier dann einige Zeit auf dem eBook-Reader vor sich hin schlummerte, habe ich es mir nun endlich mal gegriffen.


    Wie finde ich Cover und Titel?

    Ich mag den Wiedererkennungswert der Reihe und des Genres überhaupt. Der Titel passt auch. Sisi war keine geborene Kaiserin.


    Um was geht’s?

    Auf den Inhalt gehe ich an dieser Stelle nicht allzu detailliert ein, den Klappentext könnt ihr ja selbst lesen, und eine Zusammenfassung des Buches muss ja nun nicht in die Rezension, vor allem bei einer ja doch recht bekannten Story, denn Sisi ist ja nun wirklich bekannt, spätestens durch die Filme. Allerdings bin ich mir nicht sicher, wie authentisch diese Filme sind. Zumal unter anderem die familiäre Situation hier völlig anders geschildert wird, als ich sie aus den Filmen in Erinnerung habe, da war ja alles schön bunt und fröhlich. Auch, dass eigentlich Sisis Schwester als Braut für Franz vorgesehen war. Wobei es dafür laut Wikipedia keine Beweise gibt. Aber wie auch immer, die Anfänge der Beziehung sind sehr schön geschildert. Das höfische Protokoll war mir in der krassen Form nicht bekannt. Sisi wird von allen Seiten, vor allem ihrer Tante bzw. Schwiegermutter (den nahen Verwandtschaftsgrad hatte ich auch nicht mehr auf dem Schirm) bevormundet. Das hat sie sich sicher anders vorgestellt. Auch werden ihr ihre eigenen Kinder vorenthalten, und nach der Geburt des langersehnten Thronfolgers scheint sie völlig wertlos zu sein. Das Buch endet 1867 mit der Krönung Sisis zur Königin Ungarns.


    Wie ist es geschrieben?

    Es handelt sich um einen Einzelroman, der also problemlos ohne Vorwissen und Cliffhangergefahr gelesen werden kann. Der Schreibstil ist flüssig und zügig zu lesen, der Ausdruck ist gut und leicht zu verstehen. Die Beschreibungen sind nicht zu ausschweifend, aber detailliert und bildhaft genug, um gleich in der Story zu sein. Die Gegebenheiten konnte ich mir sehr gut vorstellen.


    Wer spielt mit?

    Die Charaktere und deren Entwicklung sind gut gezeichnet. Ich habe sie kennengelernt, ich habe mitgefiebert und mitgelitten. Letzteres vor allem mit Sisi, die nun wirklich in einem ziemlich schrecklichen goldenen Käfig leben musste.


    Wie steht es mit der Fehlerquote?

    Das Buch war meines Erachtens gut korrigiert und dementsprechend eine Wohltat für die Augen beim Lesen.


    Mein Fazit?

    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, somit erhält es von mir 5 von 5 Sternchen und kann guten Gewissens weiterempfohlen werden. Es wird nicht das letzte Buch der Autorin sein, das ich lese.

  16. Cover des Buches Leviathan - Die geheime Mission (ISBN: 9783453529151)
    Scott Westerfeld

    Leviathan - Die geheime Mission

     (70)
    Aktuelle Rezension von: AutorinLauraJane

    Prinz Aleksandar, der Sohn des in Sarajevo ermordeten Erzherzogs Franz Ferdinand, ist auf der Flucht. Seine eigenen Leute jagen ihn gnadenlos und plötzlich steht er zwischen allen Parteien. Alles, was ihm bleibt, ist ein Sturmläufer, eine der perfekten neuartigen Lauf- und Kriegs-Maschinen seines Landes. Doch auch in den Schweizer Alpen ist Alek nicht sicher, als dort das britische Luftschiff „Leviathan“ landet – eine Tierschöpfung und das Meisterstück der britischen Armee. Die „Leviathan“ befindet sich auf geheimer Mission ins Osmanische Reich. Mit an Bord: die als Junge getarnte Deryn, der nichts so wichtig ist wie das Fliegen ... Alek rettet sich an Bord der »Leviathan« und muss mit Deryn gemeinsame Sache machen. (Klappentext Band 1 - Leviathan)

    Das ist das erste mal, dass ich ein Buch aus dem Bereich „Steampunk“ (moderne und futuristische technische Funktionen mit Mitteln und Materialien des viktorianischen Zeitalters verknüpft) lese.

    Anfangs war ich noch skeptisch und ich habe wirklich fast die Hälfte des ersten Bandes gebraucht, bis ich mich daran gewöhnt hatte, doch die Geschichte hat mich einfach mitgerissen und nicht mehr los gelassen. Die detailliert ausgearbeiteten und beschriebenen Maschinen, die unglaublichen Tierschöpfungen und dazu auch noch der teils reale, geschichtliche Hintergrund.

    Auch die vielen extrem detaillierten Illustrationen verschiedener Szenen haben mich restlos begeistern können.

    Die Charaktere sind wundervoll in Szene gesetzt und ich habe sowohl Alek, als auch Deryn schnell ins Herz schlißen können. Dadurch, dass die Kapitel abwechselnd aus der Sicht der Beiden geschrieben sind, erhält man verschiedene Einblicke in ihre verschiedenen Leben und Lebensweisen. Auch die sich aufbauende freundschaftliche Beziehung zwischen den beiden ist herrlich und ich habe mehr als einmal schmunzeln müssen.

    Die Handlung der drei Bände spielt eigentlich in einem relativ kurzen Zeitraum und so empfand ich manche Kapitel doch als etwas langatmig und andere dagegen barsten beinahe vor Action und Kämpfen.

    Allerdings irritierte mich, dass Alek irgendwann begann nur noch von Schicksal zu reden. Für jemanden, der sein ganzes bisheriges Leben verloren hat mag das vielleicht nachvollziehbar sein dadurch einen Sinn in alldem zu finden, da es jedoch erst erst am Ende des zweiten Bandes begann, wirkte es auf mich doch ziemlich unglaubwürdig und hat mich des öfteren aus dem Lesefluss gerissen.

    Alles in allem war es aber eine gute Reihe und ich kann sie auch Neueinsteigern des Genres empfehlen, da hier viel erklärt und beschrieben wird, außerdem helfen einem die Illustrationen wirklich sehr.

  17. Cover des Buches Kronprinz Rudolf (ISBN: 9783903441248)
    Brigitte Hamann

    Kronprinz Rudolf

     (4)
    Aktuelle Rezension von: Dolittle
    Biografie eines Sohnes berühmter und dominanter Eltern, der wenig Chancen hat, dieWelt zu verändern, da man ihm nichts zutraut. Rudolf, Sohn von Sissi und Franz Joseph, die Eltern, machen es Rudolf schwer.So kommt es zum "Jahrhundertskandal", dem Selbstmord. Ein Buch, nicht nur für Geschichtsinteressierte!
  18. Cover des Buches Kaisers Rumpelkammer (ISBN: 9783499628474)
    Simon Winder

    Kaisers Rumpelkammer

     (3)
    Aktuelle Rezension von: SotsiaalneKeskkond

    Simon Winder gibt mit diesem Buch einen sehr detaillierten und aufschlussreichen Einblick in die Herrschaft der Familie Habsburg in Europa. Mit einen meist unterhaltsamen sprachlichen Stil, der teilweise ein wenig langatmig wurde, wird der Leserschaft der Teil der  - vor allem südosteuropäischen - Geschichte nähergebracht, der diese Regionen mit zu dem geformt hat, die sie heute sind. Vor allem hat mir die Komplexität des Beschriebenen gefallen. Historische Zusammenhänge die bis in die Gegenwart und die gesellschaftliche und politische Identität der Nachfolgerstaaten des einst von den Habsburgern beherrschten Gebiets werden schlüssig und anschaulich erklärt. Und so hatte ich den einen oder anderen Aha-Moment beim Lesen. Jedenfalls hat mir auch gefallen, dass Simon Winder immer wieder Verknüpfungen in Kunst und Kultur mit einstreute. Neben historischen Fakten bekommt man also auch Tipps zu lokaler Literatur und Veranstaltungshinweise, die sicherlich einen zweiten Blick wert sind. 


    No front, aber ich finde es übel cringe, dass der Verlag sein eigenes Buch mit 5 Sternen bewertet...

  19. Cover des Buches Die Brücke über die Drina (ISBN: 9783552057777)
    Ivo Andric

    Die Brücke über die Drina

     (58)
    Aktuelle Rezension von: Jossele

    Der Roman des jugoslawischen Schriftstellers Ivo Andrić erschien im Original 1945. Der deutsche Titel ist eine wörtliche Übersetzung des serbischen Originaltitels.  Das Buch ist Teil der sogenannten bosnischen Trilogie, die den Autor weltberühmt machte. Der Titel bezieht sich auf die Mehmed-Paša-Sokolović-Brücke in Višegrad im heutigen Bosnien-Herzegowina. 

    Es handelt sich um einen historischen Roman. Die Handlung beginnt mit der Geschichte vom Bau der Brücke im 16. Jahrhundert aufgrund der Stiftung des damaligen Großwesirs des Osmanischen Reiches, der aus der Gegend stammte. Zwischendurch macht der Autor große Zeitsprünge, so dass sich der Leser immer wieder neu orientieren muss, zumal Andrić mit geschichtlichen Fakten eher sparsam umgeht. Er schreibt aus einer Position des Wissenden und überlässt es dem Leser, ob er die geschichtlichen Fakten und Hintergründe dazu selbst eruieren will. Er beschränkt sich darauf, die Auswirkungen dieser Fakten auf die Schicksale und das Leben der Menschen zu erzählen. Der Roman endet mit dem Beginn des 1. Weltkriegs 1914.

    Wunderbar beschreibt Andrić bestimmte Eigenheiten der Menschen, positive wie negative oder auch einfach harmlos wichtigtuerische wie die Neigung zu rückblickender Übertreibung: „Betrachtet durch den Tabaksrauch oder ein Gläschen milden Raki, änderten, vergrößerten und übertrieben Phantasie und Ferne oft diese Szenen, aber das bemerkte niemand von ihnen, und jeder hätte geschworen, dass sie wirklich so gewesen seien, denn unbewusst hatten sie sich alle an dieser unabsichtlichen Verschönerung beteiligt.“ (Ullstein Tb, 1974, S. 70)  Oder das stille Abrücken von in Ungnade gefallenen Leuten: „Um ihn bildete sich jener Kreis von Einsamkeit und schwerer Stille, der sich immer um einen Menschen, den das Unglück traf, wie um ein krankes Tier bildet.“ (ebd., S. 166)

    Seltsam mutete für mich an, dass als Bezeichnung für alle Fremden, also auch für die Österreicher „Schwaben“ verwendet wird. Ich frage mich, ob das wirklich so war oder ob das ein Kniff des Autors oder des Übersetzers ist. Etwas schwergetan habe ich mich zunächst mit der Sprache, die durchaus anspruchsvoll eben die Sprache von vor 80 Jahren ist. Nach einer Eingewöhnung war das Lesen aber flüssig möglich.

    Auffällig fand ich, wie viele Personen der Autor in seiner Beschreibung mit roten Haaren versah. Rothaarige hätte ich nun auf dem Balkan eher selten vermutet. Am Ende macht der Autor eine spitze Bemerkung über die Deutschen: „Ihr Hauptmann, ein dicker, blonder Mann, der die Hitze schlecht vertrug, schnauzte gerade jetzt den Gendarmeriewachtmeister Danilo Repatz an, wie nur Vorgesetzte im deutschen Heer zu schnauzen vermögen, laut, rücksichtslos und pedantisch.“ (ebd., S.312/313)

    Als Fazit lässt sich festhalten, dass Andrić herausgearbeitet hat, dass die Menschen verschiedener Herkunft und Völker im Grunde alle liebenswerte Geschöpfe sind, denen das aber allzu oft selbst nicht bewusst ist. Als solche können die Menschen, von unbedeutenden Nickeligkeiten zwischen den Volksgruppen abgesehen, im Grunde problemlos zusammenleben. Man merkt dem Buch an, wie sehr Andrić die Menschen der Region mag. Und doch zeigt er dem Leser auch das Damoklesschwert, das ständig über solch zusammengewürfelten Gesellschaften schwebt, dass das labile Gleichgewicht leicht verloren gehen kann und dann das Verkommene und Grausame im Menschen zum Vorschein kommt. Insofern ist sein Buch eine Werbung, ein Appell für die Völkerverständigung. Vier Sterne.

  20. Cover des Buches Die Tränen von Triest (ISBN: 9783453423794)
    Beate Maxian

    Die Tränen von Triest

     (36)
    Aktuelle Rezension von: ConnyKathsBooks

    Wien 2019: Ihren Geburtstag hatte sich die 33-jährige Innenarchitektin Johanna Silcredi ganz anders vorgestellt. Erst macht ihr langjähriger Freund mit ihr Schluss und dann erleidet ihr Großvater Bernhard auch noch einen Schwächeanfall. Im Krankenbett bittet er seine Enkelin, nach Triest zu reisen, in die Villa Costa, und mehr über seinen Vater herauszufinden. Johanna macht sich auf den Weg nach Norditalien, ebenso wie die betagte Charlotte von Uhlrich aus Hamburg und ihre Enkelin. Mehr als 100 Jahre zuvor steht die junge Afra von Silcredi kurz vor ihrer Verlobung mit Alfred Herzog. Doch dann bricht der Erste Weltkrieg aus und die beiden Liebenden werden getrennt...

    "Die Tränen von Triest" stammt aus der Feder von Beate Maxian. Mein erster Roman der österreichischen Autorin und vorerst auch mein letzter. Denn die Story war leider so gar nicht meins. 

    Dabei klang die Inhaltsangabe richtig vielversprechend. Ein Familiengeheimnis, Liebe, interessante historische Hintergründe, zwei Zeitebenen und italienisches Flair  - eigentlich perfekte Zutaten. Doch der Roman entpuppte sich als ausgesprochen langweilig, zäh, kitschig und unglaubwürdig. Das beginnt schon mit der seltsamen Trennungsszene und setzt sich weiter fort. Zum Beispiel mit den ganzen Verwandtschaftsverhältnissen, bei denen ich kaum durchblickte. Bald habe ich nur noch quergelesen und mich größtenteils durch das Buch gequält. Ich war mehrmals kurz vorm Abbrechen, wollte aber zumindest noch wissen, wer Johannas Urgroßvater wirklich war. Nun ja, die Auflösung fand ich ebenfalls etwas merkwürdig. Und wie sich der romantische Part entwickelt, war auch schnell klar. Das kitschige Ende tat dann sein Übriges. 

    Insgesamt kann ich daher "Die Tränen von Triest" nicht empfehlen. Der Roman konnte mich leider überhaupt nicht packen, was sehr schade war. 2 Sterne von mir. 

  21. Cover des Buches Gefangene der Festung (ISBN: 9788868393922)
    Rolf Hentzschel

    Gefangene der Festung

     (17)
    Aktuelle Rezension von: Waschbaerin

    Der Autor Rolf Netzschel versetzt uns in dem Roman "Gefangene der Festung" in eine längst untergegangene Zeit vor und während des 1. Weltkrieges. Dies gelingt ihm jedoch so plastisch, dass ich mich als Leserin mitten in dem Geschehen wähnte. 

    Ort der Handlung ist das abgeschieden Dorf Palera in Österreich, nahe der italienischen Grenze. Die Bevölkerung des kleinen Ortes lebt in großer Armut. Die nächstgelegene Stadt besucht man nur zu besonderen Gelegenheiten. Viel zu beschwerlich ist der Weg dorthin. Doch ganz plötzlich soll sich das ändern. 

    Ein Auto quält sich über den unwegsamen Weg hoch in die Berge nach Palera. Schnell geht die Kunde durchs Dorf, dass eine richtige Straße ins Tal gebaut werden soll. Die Menschen habe schon den kommenden Wohlstand vor Augen, glauben sie doch, der Bau der Straße gälte ihrem persönlichen Wohl. Doch der Straßenbau ist erst der Anfang. Weiter oben wird die Festung "Martinella" errichtet. Die Verantwortlichen haben ganz andere Pläne. Der erste Weltkrieg wird vorbereitet und die Menschen träumen noch immer vom Wohlstand und einem guten Leben. 

    Diese Beschreibung erinnerte mich an den Bau der Hunsrückhöhenstraße quer durch den Hunsrück. Auch dort freuten sich die Menschen in den armen und abgelegenen Dörfern darüber, endlich mit Koblenz und anderen Städten verbunden zu sein. Doch der Bau der Hunsrückhöhenstraße diente dem Hitler-Regime nur dazu, in dem geplanten Feldzug gegen Frankreich die notwendigen Gerätschaften schnellstens in westliche Richtung zu verlegen. Auch da täuschte man die Bevölkerung über die wahren Absichten.

    Durch den Bau des Forts "Martinella" kommen die Geschäftstüchtigen des Ortes tatsächlich zu einem bescheidenen Wohlstand. Wir lesen von Betrug und Gier - heimlich wird ohne Gewissensbisse wichtiges Baumaterial unter der Hand verhökert obwohl man weiß, dass dadurch die ganze Statik nicht mehr stimmig ist. In der Dorfwirtschaft sitzen von nun an nicht mehr nur Einheimische, sondern auch Ingenieure, Bauleiter und Bauarbeiter. Letztere, sie sprechen nicht mal die Sprache, hoffen ebenfalls in diesem Gebiet ihr Glück zu machen und genügend Geld für ein bescheidenes Leben zu Hause zu verdienen. Es gab schon immer Menschen, die aus wirtschaftlichen Gründen ihre angestammte Heimat verlassen mussten um das Überleben der Familie zu sicheren. 

    Irgendwann bricht der erste Weltkrieg auch über das kleine Dorf herein. Österreicher und Italiener stehen sich gegenüber, beschießen sich und ihre Festungen gegenseitig. Ein sinnloser und todbringender Weltkrieg bricht über die Bevölkerung herein. 

    Wer sich mit dem ersten Weltkrieg auch nur etwas auskennt weiß, welch harte Kämpfe sich in diesem Gebiet zwischen Österreich und Italien abspielten. All das wird von dem Autor aufgegriffen und dem Leser bildhaft vermittelt. Wie immer waren es die einfachen Soldaten, auf deren Rücken auch hier der Krieg ausgetragen wurde. 

    Es erweist sich bei den Kämpfen, dass das Fort Martinella äußerst stabil gebaut wurde. Und doch, ein Treffer führt zum Einsturz einer Decke und bringt die Lösung von Geheimnissen ans Tageslicht.  

    Erst viel später, der Krieg ist schon lagen vorbei, das ganze Gebiet gehört inzwischen zu Italien, kommen die ehemaligen Ingenieure und Bauherren wieder an den Ort ihres früheren Wirkens zurück, ihr ehemaliges Fort Martinella, das nur noch eine sinnlose Ruine ist, zu besichtigen und sich zu erinnern. 

    Das Buch ist ein fiktiver Roman und das Fort Martinella gab es in der Realität nie. Jedoch, genau so könnte es sich in Südtirol abgespielt haben. Am Ende des Buches gibt es ein Personenregister als auch eine Zeittafel, die beim Lesen sehr hilfreich sind.  Die beigefügte Landkarte erleichterte mir die örtliche Orientierung. Sollte ich jemals an den Gardasee kommen, werde ich ganz sicher dieses Buch bei mir haben und einen Abstecher in die Berge machen.  Wenn auch das Fort "Martinella" der Fantasie des Autors ensprang, so gibt es dort auch heute noch überall Relikte des ersten Weltkrieges, als auch andere Forts, die von den Kämpfen des ersten Weltkrieges Zeugnis ablegen. 

    Von mir gibt es eine ganz klare Empfehlung für dieses Buch, das mehr ist und nicht nur der Unterhaltung dient.



  22. Cover des Buches Lazarus (ISBN: 9783442741472)
    Aleksandar Hemon

    Lazarus

     (7)
    Aktuelle Rezension von: Hallogen
    Es beginnt ungemein spannend mit einem Mordfall, der dem Opfer untergeschoben wird, weil der Täter der Polizeipräsident von Chicago ist, wohingegen das Opfer dem anarchistischen Umfeld (1908) zugerechnet wird. In ständigem Wechsel zwischen der Weitererzählung der Vorgänge nach dieser Tat (mit der Schwester des Opfers als Hauptfigur) und der Recherche derselben im Jahr 2004 (mit dem Schriftsteller Vladimir Brik und dessen Freund Rora), entsteht ein Geflecht, in dem die historischen Parallelen etwas übertrieben werden, und vieles im Stil von Andric 'Brücke über die Drina' (gleiche Namen und Vorgänge zu verschiedenen Zeiten zum Beispiel) ausgeführt wird. Für Brik wird dies eine Reise in die Vergangenheit seiner Familie. Grundkonzept: Pogrome sind immer möglich, selbst im Amerika (z. B. nach 9/11) denkbar und Geschichte wiederholt sich. Leider verliert das Buch aber über diese Konzentration auf historische Parallelen den Faden und wird zu einem klischeehaften Panoptikum Osteuropas, das nur jemand schreiben kann, der amerikanisch geprägt ist: Kleinkriminelle, Menschenschmuggel, Schlägereien, Morde in Straßencafés und ähnliche Extremfälle werden hier zum Standard erhoben. Egal ob in der Ukraine, Rumänien, Moldawien oder Bosnien: Überall herrscht die Gewalt. Nun ist das Buch weit davon entfernt schlecht zu sein. Es kommt nur völlig aus der Spur und wird eher zu einer Art Roadmovie quer durch Ost-/Südosteuropa. Gefallen haben mir nicht nur die Fantasien von Rora, de oft völlig übertrieben Ereignisse des Bosnienkriegs darstellen, und die bosnischen Witze, sondern auch die (seltenen) zarteren Momente auf dem jüdischen Friedhof in Moldawiens Hauptstadt und im Krankenhaus in Sarajevo. Völlig überflüssig fand ich Aufzählungen und detailverliebte Szenenbeschreibungen, die mit dem Fortgang nichts zu tun haben. Wohlwollend könnte man dem Autor unterstellen, dass er gerade mit der Darstellung der Tristesse der osteuropäischen Metropolen zeigen will, dass diese einstigen Zentren jüdischen Lebens durch die Pogrome ihren einst lebendigen Charakter verloren haben. Das wäre dann aber schon ziemlich aufwertend für das Buch, denn gesagt wird das nicht, sondern die Städte erscheinen nur als Schlaglichter, wohingegen die Fahrten in Bus und Taxi ausgiebig beschrieben werden. Ein gutes Buch, aber kein sehr gutes.
  23. Cover des Buches Das lange Echo (ISBN: 9783990650622)
    Elena Messner

    Das lange Echo

     (8)
    Aktuelle Rezension von: FrauLesenswert

    In "Das lange Echo" von Elena Messner geht es um einen österreichisch-ungarischen Offizier im Ersten Weltkrieg, der seit 1916 in Belgrad stationiert war. Der Offizier erlebt in nächster Nähe den Zusammenbruch seines Reiches. Hundert Jahre später diskutieren die Direktorin des Wiener Heeresgeschichtlichen Museums und ihre Assistentin über Moral und Mitleid, Verbrechen und Verantwortung. 


    Die junge Autorin hat mit ihrem Roman ein sehr packendes Debüt geschaffen. Das Buch war für mich sehr anstrengend zu lesen, da das Thema einen sehr tief trifft. Es ist ein sehr wertvolles Buch Moral und Bedeutung von Krieg, Erinnerung und Vergessen betreffend.
    Auch die historischen Grundlagen sind gut recherchiert und hochinteressant. 


  24. Cover des Buches Der stumme Prophet (ISBN: 9788027300334)
    Joseph Roth

    Der stumme Prophet

     (5)
    Noch keine Rezension vorhanden

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks