Bücher mit dem Tag "lebensborn"
24 Bücher
- Heike Wolf
Des Lebens labyrinthisch irrer Lauf
(12)Aktuelle Rezension von: BabajagaDas Buch:
Bei diesem Buch handelt es sich um den 2. Teil der Schönau-Dilogie. Er umfasst den Zeitrahmen 1935 bis 1957 im Leben der Familie Schönau. Den ersten Teil sollte man vorher gelesen haben, da der 2. Teil direkt an dessen Ende ansetzt. Das Buch ist Kapitel aufgeteilt, die über die meiste Zeit jeweils ein Jahr umfassen.
Worum geht’s?
1935 – das Naziregime gewinnt zusehends an Macht und das Leben der Familie Schönau ändert sich ein weiteres Mal drastisch. Alle Familienmitglieder müssen sich in dieser dunklen Zeit arrangieren und tun es auf die unterschiedlichsten Weisen. Dabei müssen alle schwerste Verluste hinnehmen und mit dem größer werdenden menschlichen Zwiespalt innerhalb der Familie klar kommen. Auch nach dem Krieg können nicht alle Schönau-Kinder ein gutes Leben führen. Gerade Lotte geht einen sehr schweren Weg, der – als sie vermeintlich am Ziel ist – wieder nur einen schmerzlichen Verlust für sie bereit hält. Erst an ihrem 90. Geburtstag am 09.11.1989 darf sie sich endlich über ein Geschenk freuen, mit dem sie nicht mehr gerechnet hatte.
Die Charaktere:
Lotte ist auch in diesem 2. Teil die Sympathieträgerin für die ich zu jeder Zeit Wohlwollen empfunden habe. Mehr als einmal habe ich gedacht, dass sie kaum noch mehr Rückschläge ertragen kann. Eine lange Zeit muss sie das Leben mit ihren beiden Kindern Agnes und Irene allein meistern, weil Richard entweder im Krieg ist oder im Gefängnis einsitzt. Oftmals weiß Lotte noch nicht einmal, wo genau Richard sich gerade befindet. Diese ständige Unsicherheit macht einen schon als Leser nervös und es ist kaum vorstellbar, was genau Lotte empfunden haben muss. Der Autorin gelingt es zu jeder Zeit absolut glaubwürdig diesen bedrückenden Umstand zu beschreiben. Lottes Verhaltensweisen und Entscheidungen kann ich oftmals sehr gut nachvollziehen, insbesondere vor dem Hintergrund, da ich selbst nicht sagen könnte, wie ich in diesen Situationen reagiert hätte.
Dorchen ist wohl der Charakter, der sich am radikalsten verändert. War sie am Anfang lebenslustig, direkt und extrem gegen das Naziregime, entwickelt sie sich nach dem Krieg zu einer Fanatikerin, die den Sozialismus bejubelt, obwohl offensichtlich ist, dass die Russen nicht wirklich etwas anders machen als die Nazis vor ihnen. Die Diktatur unter Hitler hat sie rigoros abgelehnt, hat sogar Lotte und Richard verurteilt, weil sie ihrer Meinung nach zu wenig dagegen unternahmen; stets hat sie Heinrich verurteilt, wegen seiner Besessenheit in der NS Zeit. Und nun? Macht sie es genauso! Dorchen war mir immer sehr sympathisch, ich mochte sie wegen ihrer leichten Art zu leben, mir gefiel mit wie viel Enthusiasmus sie sich für ihre Arbeit eingesetzt hatte und natürlich ihre tiefen Gefühle für Levin. Nachdem sowohl Levin als auch ihre Tochter Margrit von ihrer Seite gerissen wurden, arbeitet Dorchen intensiv im Widerstand und verurteilt beinahe jeden, der etwas dezenter ist. Ich kann ihre Verluste nur all zu gut verstehen, ebenso wie den Umstand, dass sie etwas tun will. Dass sie jedoch sogar die eigene Familie verbal beginnt anzugreifen, bringt meine Sympathie ins Wanken. Bereits hier zeigen sich die ersten Züge von Fanatismus, die sich nach dem Krieg ganz extrem ausprägen. Zwar hilft sie Lotte in den wirklich schlechten Zeiten und zeigt hier dann das Dorchen, wie ich es kenne, aber kurz darauf ist sie wieder hart und ungerecht. Es ist mir durchaus bewusst, dass der Krieg Dorchen verändert und hart gemacht hat, aber diese bedingungslose Besessenheit von einer anderen Diktatur hat sie mir am Ende beinahe unsympathisch werden lassen. Doch trotz aller Antipathie am Ende des Buches ist auch dieser Charakter authentisch, er gehört dazu und in gewisser Weise tut mir Dorchen sogar leid.
Heinrich taucht nicht ganz so oft auf wie Lotte und Dorchen, aber wenn, dann möchte man ihn schütteln und ihn fragen, ob er blind ist. Ich empfinde es als furchtbar, wie er alte Freunde und sogar die eigene Familie ans Messer liefert ohne mit der Wimper zu zucken. Und trotzdem ist Heinrich eine Figur, die von Ambivalenz strotzt. Einerseits diese Härte und blinder Fanatismus – allerdings zum NS Regime – und andererseits kümmert er sich beinahe rührend um Lotte, sowohl direkt nach dem Krieg und auch später. Seine Verhaltens- und Denkweisen scheinen nicht zusammenpassen zu wollen, aber trotzdem ist er eine Figur, die man sich lebhaft vorstellen kann.
Sämtliche Charaktere, auch Nebenfiguren, zeichnet die Autorin vielschichtig. Man kann eigentlich bei keiner Figur einfach sagen, dass man sie mag oder eben nicht. Und genau das ist der Grund, weshalb sie mit all ihren Sorgen und Nöten, mit den schönen und schlechten Dingen ihres Lebens absolut glaubwürdig sind. Es kommt einem immer ein bisschen so vor, als könnte man sie greifen, wenn man nur die Hand ausstreckte. Je länger man in der Geschichte liest, desto mehr wachsen einem die Figuren ans Herz und desto mehr glaubt man, einen Freund der Familie zu verlieren, wann immer jemand stirbt – und es sterben viele! Heike Wolf macht es einem wirklich schwer Figuren gehen zu lassen. Dies wird besonders deutlich, als nach einem Bombenangriff 3 wichtige Figuren auf einmal sterben.
Schreibstil:
Heike Wolf schreibt einfach großartig! Bildgewaltig ohne sich in Details zu verlieren. Sie beschreibt die Welt in ihrer Geschichte so, dass der Leser in sie abtauchen kann, so als wäre sie selbst dabei gewesen. Und auch wenn die Zeit furchtbar war, wenn man auf überhaupt gar keinen Fall in dieser Zeit gelebt haben möchte, so ist diese Zeit für die Zeit des Lesens so echt und so greifbar – mit all ihren schrecklichen Momenten, aber gerade auch mit den schönen Momenten.
Die Autorin wirft den Leser durch alle Emotionen. Immer wieder möchte der Leser hoffen und tut es auch, dass sie diesem oder jenem Charakter dies oder jenes nicht antun möge. Man hofft und bangt und doch kommt das Unvermeidliche. Wer mehr als ein Buch von Heike Wolf gelesen hat, der weiß, dass sie nicht zimperlich mit ihren Figuren ist, aber trotzdem schafft sie es immer wieder, dass man zu ihren Figuren ein Verhältnis aufbauen muss. Man kommt nicht umhin, eben weil sie so lebendig sind. Der Satz „Das kann sie jetzt nicht wirklich tun!“ war mein ständiger Begleiter, aber sie tut es trotzdem – erbarmungslos. Erbarmungslos ist hier ein Kompliment, denn die Zeit war genau das. Alles andere wäre nicht authentisch.
Historischer Hintergrund:
Es gibt sicherlich viele Bücher, die sich mit dem 3. Reich befassen. Es gibt sicherlich auch viele gute Bücher über diese Zeit. Aber dieses hier vereint einfach alles. Es liefert einerseits sauber recherchiertes Hintergrundwissen sowohl über den Krieg als auch die Anfänge der DDR – ich habe mehr als einmal ungläubig gesagt „Das glaube ich jetzt nicht“ und doch ist es wahr. Andererseits lässt es diese Zeit so lebendig werden, als würde man selbst dabei sein. Hin und wieder musste ich beim Lesen unterbrechen um aus dem Fenster zu schauen, bevor die nächsten Bomben fielen.
Fazit:
Dieses Buch ist alles, aber keine leichte Unterhaltung! Wer sich auf dieses Buch einlässt, braucht mindestens ein Paket Taschentücher – besser zwei! Er sollte sich darauf einstellen, dass zwischen Liebe und Hass jedes Gefühl hochkommen wird – außer Gleichgültigkeit! Diese kann und wird sich der Leser nicht erlauben. Für Fans von wirklich realistischen, historischen Romanen ein absolutes Must read! 5 von 5 Sternen.
Danke Heike!
- Jörg S. Gustmann
Rassenwahn
(26)Aktuelle Rezension von: WaschbaerinAls bekennender Nicht-Krimi-Fan muss ich mich nach der Lektüre dieses Krimis "Rassenwahn" von Jörg S. Gustmann meine Meinung revidieren. Was für ein tolles Buch!
Dieser Roman hat alles, was ich von einem guten Buch erwarte: Neben einer fesselnden Geschichte, die anschaulich und vor allem in einem guten Deutsch erzählt wird erwarte ich auch Denkanstöße und neue Einsichten - Informationen die mich neugierig machen tiefer zu graben und so wissbegierig zu werden dass ich mich mit einem Thema näher beschäftigen will. All das vereinte dieser Krimi.
Alle Kapitel sind nach Datum geordnet, wodurch eine chronologische Abfolge geschildert wird, die es dem Leser vereinfacht der Handlung zu folgen. Mal befinden wir uns im Jahre 2010 und dann springt der Autor, wenn es den Ablauf der Handlung erfordert, wieder ins Jahr 1944 zurück.
Sicherlich haben die meisten unserer Nachkriegsgeneration schon von den Lebensbornheimen der Nazizeit gehört oder gelesen, in denen nicht nur Mütter mit ihren unehelichen Kindern geholfen wurden. Ein ganz groß anvisiertes Ziel war, dass von reinrassigen, also arischen Männern - meist höhere SS-Offiziere - für den Führer eine besondere Rasse Mensch gezeugt werden sollte. Doch nicht jedes Kind geriet so wie geplant.
Nach dem Prolog, der im Jahre 2010 angesiedelt ist, geht es im ersten Kapitel zurück ins Jahr 1944 in ein Lebensbornheim. Ein Vater besucht seine Tochter, die seinen Erwartungen ganz und gar nicht entspricht. Er, Arier und SS-Offizier soll so ein unwertes Leben gezeugt haben? Keine Frage, dieses dunkelhaarige Kind durfte nie mit ihm in Verbindung gebracht werden. Hitler durfte das nie erfahren. So begann die Odyssee eines kleinen Mädchens.
Nach diesem Kapitel sind wir schon im Jahr 2010. Kommissar Pohlmann wird aus seinem Domizil in Südamerika zurück nach Hamburg beordert. (Seite 153): "Nicht alle Träume entpuppten sich als lebenswert". Dieser kurze Satz zeigt auf, weshalb Pohlmann sein Paradies verließ um in Hamburg einen Mörder zu fassen. Ist es ein Serientäter? Welches Motiv steht dahinter? Anfangs will nichts so recht zusammen passen. Diese verrückte Alte, mit der man kaum ein Wort reden kann scheint eine Schlüsselfunktion zu haben, diesen Fall zu lösen.
Das, was alle 5 Morde miteinander verbindet sind die Lebensbornheime der Nazi-Zeit. So taucht Kommissar Pohlmann ein, in eine längst vergessene Welt des Rassenwahns und nimmt den Leser auf diese düstere Reise mit. Die Täter von einst sind heute angesehene Leute - Richter, Ärzte, Keiner von ihnen fühlte sich je schuldig und wurde auch nie für das was sie taten belangt. Die Spuren ihrer Gesinnung und Taten wurden von ihnen so verwischt, dass es Pohlmann und seinem Team nur unter Aufbietung ihres ganzen kriminalistischen Spürsinns gelingt, einen roten Faden zu finden. Beim genauen Hinsehen stellt Pohlmann fest, dieser Wahn von einst lebt in diesen Köpfen weiter und wurde an die nächste Generation weiter gegeben. .
Was mir an diesem Buch besonders gefällt ist, es geht nicht nur um Morde und die Aufklärung dieser Verbrechen. Immer wieder wird die Frage aufgegriffen, wie fühlt es sich für einen Menschen an zu wissen, speziell für den Führer und seine Idee gezeugt worden zu sein. Wie geht man mit der Gewissheit um, dass der Vater ein hoher SS-Offizier war? Was macht es mit einem Menschen damit konfrontiert zu werden und mit dem Wissen leben zu müssen, dass sein Vater ein Massenmörder war? Wenn man sich voll auf dieses Buch einlässt, schaut man als Leser nicht mehr nur von außen zu sondern ist mitten in der Handlung und einem Gefühlswirrwarr. Mal ganz ehrlich, wer hat jemals groß darüber nachgedacht, was aus diesen Lebensborn-Kindern wurd?
Auf Seite 165 gehtes um die Namensgebungsfeier Lebensborn. "Mit dem Zeigefinger auf dem Blatt suchend, fand er (Pohlmann) den Eintrag, der ihn weiterbringen würde: Im Rahmen dieser an die christliche Taufe angelehnten Zeremonien wurden die Säuglinge unter den Schutz der Sippengemeinschaft der SS gestellt. Männer aus den Reihen der SS übernahmen die Patenschaften für ein Kind".
Allein dieser kurze Abschnitt beschreibt die perfide Idee hinter diesem Rassenwahn. (Seite 202): "Armer Gregor Mendel", dachte Martin. "Der Mann würde sich im Grabe umdrehen, wüsste er, zu welch perversen Gedanken seine Lehren missbraucht worden waren".
Während Pohlmanns Recherchen in Berlin: "...Haben sie schon einmal was von der Aktion T4 gehört?"
Martin nickte. "Die Aktion T4 beinhaltete die Ermordung von circa 100.000 Psychiatriepazienten oder behinderten Menschen durch SS-Ärzte und Pflegekräfte....Diese Ärzte standen wohl den KZ-Ärzten in nichts nach. Ohne Skrupel experimentierten diese Unmenschen an gesunden Kindern, nur weil sie nicht einer altersgemäßen Größe entsprachen. Unter der Leitung von Dr. Mengele ließ man diese Kinder zu Tausenden <abspritzen>, wie er es nannte. Man injizierte ihnen Phenol direkt ins Herz. ..."
"Woher stammt der Begriff T4 eigentlich?"
"Der Name T4 entstammt der Berliner Bürozentrale, einer Villa der Tiergartenstraße 4. Während der NS-Zeit befand sich in dieser Villa die Zentrale für die Leitung der Ermordung behinderter Menschen im gesamten Deutschen Reich."
In diesen Krimi eingebettet, wird dem Leser sowohl die Denkweise als auch das Lebensgefühl einer düsteren Epoche vermittelt. Und ein Kapitel weiter lesen wir, wie solche Lebensbornkind mit solch einer Last ihr Leben gestalten und meistern mussten. Die Schuld der Väter ließ sie zu Suchenden werden. "Lebensborn" sagt vielen Menschen heute nichts mehr. Manche wollen auch nichts mehr davon wissen. Doch dies ist und bleibt ein Teil unsere Vergangenheit. Zwar können wir diese nicht mehr ändern, jedoch sollte man wissen, was damals geschah.
Ich weiß nicht, wieviele Krimis ich gelesen habe, bis ich die Nase voll davon hatte. Oftmals gleichen sie sich, sind weder gut geschrieben noch kann man einen anderen Sinn als banale Unterhaltung darin erkennen. Vielleicht hat mich deshalb dieser Krimi so fasziniert, weil er völlig aus dem üblichen 08/15 Angebot heraus sticht.
Ich denke, nur eine überschaubare Zahl von Thrillern oder Krimis passt in die Kategorie, mehr als nur Unterhaltung zu sein. Diesem Autor ist es gelungen einen Krimi zu schreiben, der weitaus breiter angelegt ist und demzufolge auch mehr zu bieten hat als banale und spannende Unterhaltung.
- Kai Meyer
Die Bücher, der Junge und die Nacht
(156)Aktuelle Rezension von: Katharina83Ich unter dem Titel was anderes erwartet.
Das es sowas tolles ist, habe ich gehofft.
Es spielt auf drei Zeit Ebenen. Zwei in der Vergangenheit und eine im hier und jetzt.
Aber alle drei spielen sich sehr gut in die Hände. Geben an den richtigen Stellen Informationen frei.
Ein sehr schönes Buch.
- Dorothee Schmitz-Köster
Raubkind
(15)Aktuelle Rezension von: Katharina83Dorothee Schmitz- Köster "Raubkind" erschienen 2018 bei Herder.
Es ist ein Bericht über eine Wahrenbegbenheit.
Es geht um Lebensborn und die Kinder, die aus Polen geraubt wurden.
Im Buch wird an einem Einzelfall gezeigt wie es vielen von diesen geraubten Kinder erging und noch ergeht.
Nicht immer läuft es so positiv wie im diesem Fall.
Ich konnte es nicht aus der Hand legen, es hat mich gefesselt. Ich war immer mit wenn die Journalistin wieder eine neue Spur hatte oder wo er seine Familie kennen lernt.
- Gisela Heidenreich
Das endlose Jahr
(9)Aktuelle Rezension von: Edeltraud_Gro_Das Buch verspricht am Anfang Aufklärung über die Machenschaften der Nazieltern der Autorin. In Wirklichkeit versucht sie aber alles, um nicht an dieses Wissen zu kommen. Das geht so weit, dass sie einen Hörsturz erleidet, als es so aussieht, als würde sie doch etwas erfahren können. Am Schluss weiß man gar nichts.
- Nancy Huston
Lignes de faille
(1)Aktuelle Rezension von: steffeinhornNancy Huston beschreibt die Geschichte einer Familie rückwärts, von heute (2004) bis in die dritte Generation zuvor aus der Sicht eines sechsjährigen Kindes. Zunächst erzählt Sol, ein kleiner, überdurchschnittlich intelligenter Amerikaner, dessen Mutter als Hausfrau lebt. Dessen Vater arbeitet an einem wichtigen Posten in der Entwicklung von neuer Waffentechnik im Krieg im Irak. Der Junge soll eine vorsorglich Operation über sich ergehen lassen, wo man ihm sein münzengrosses, dunkles Muttermahl an der Schläfe abnehmen wird. Dieser Eingriff stellt sich komplizierter dar als geahnt, und die Großmutter des Kindes mischt sich in diesen Moment in das Familienleben ein. Im zweiten Kapitel erzählt Randall, Sols Vater, einen gravierenden Ausschnitt aus seinem Leben als Sechsjähriger. Ein Rückschritt in die 80er Jahren, welcher der Leser im Gegensatz zu Sols Schilderung angenehm empfinden kann. Randall wird von seinem Vater, einem angehenden Dramaturgen, erzogen, weil seine Mutter wegen ihrer Forschungsarbeiten oft abwesend ist. Doch eines Tages entscheidet die Familie sich, ein Jahr in Israel zu leben, damit die Arbeit von Randalls Mutter Fortschritte machen kann. Ihre Recherchen drehen sich um die Geschichte ihrer jüdischen Familie, sie möchte die Herkunft ihrer eigenen Mutter ergründen. Das dritte Kapitel spricht von der Kindheit Sadies, Sols Großmutter und Randalls Mutter. Die kleine Sadie wird von ihren Großeltern auf strenge Art in Kanada erzogen, weil ihre Mutter sich finanziell nicht um ihre Tochter kümmern konnte. Sadies Mutter, Kristina ist eine junge, talentierte Sängerin, deren Lieder ohne Worte auskommen. Das Leiden unter dem Unwissen und offenen Fragen bezüglich der Herkunft der Familie zieht sich über vier Generationen hin. Nancy Huston beschreibt feinfühlig und treffend aus der Sicht der Kinder die Recherchen, welche sich Schritt für Schritt dem Leser zu einem Ganzen fügen. Mit Intelligenz ist es der Autorin gelungen, dem Leser die Augen über ein nicht sehr bekanntes Problem aus dem Naziregime zu öffnen. Zwischen 1940 und 1945 wurden Kinder aus Polen, Ukraine und den baltischen Ländern geraubt und in deutsche Familien platziert, um die durch Kriegsverluste entstandenen ‚Lücken‘ in der ‚arischen‘ deutschen Rasse zu füllen. Dieses Buch, die Geschichte ist ein treffendes Dokument für die Entwicklung unserer eigenen Geschichte und deren dadurch verursachten Stigmata. Beschäftigt und überfordert mit ihrem inneren Leben, werden die Gefühlswelten der Kinder von den Großen außer Acht gelassen und die Kinder müssen sich allein entwickeln. Beobachtungen und das Verlangen nach Antworten lässt die Intelligenz der Kinder wachsen. Ebenso berührend ist Nancy Hustons Beschreibung darüber, wie sich Kindheitserfahrungen auf das spätere Leben eines Menschen auswirken. Oder wie grausam und blind Eltern, Erwachsene allgemein in den Augen der überraschend nachsichtigen Kinder erscheinen. Wahrscheinlich spiegelt die persönliche Erfahrung der Autorin sich in diesem Buch wieder, denn sie musste in ihrer Kindheit das Verlassen ihrer Mutter ertragen, wurde von einer anderen Frau monatelang in Deutschland erzogen. Damals war die gebürtige Kanadierin ungefähr sechs Jahre alt. Ich denke, die Lektüre dieses leicht zu lesen, aber anspruchsvollen Buches regt den Leser zu eigenen Recherchen über die Vergangenheit an. - Linda Winterberg
Das Haus der verlorenen Kinder
(128)Aktuelle Rezension von: engineerwifeMan kann seinem Herz nicht befehlen, wen es zu lieben hat. Wenn es sich dazu entscheidet, für einen Mann schneller zu schlagen, ist man einfach macht machtlos. Diese Erfahrung machen auch Lisbet und ihre Freundin Oda, die sich in „den Feind“ verliebten. „Wer soll denn hier in Norwegen schon etwas von uns wollen?“ dachten damals die Bewohner und schon waren sie da, die deutschen Soldaten, die sich genau dort niederließen, um die arische Rasse zu stärken. „Lebensborn“ nannte sich die Organisation der SS, die sich um den „erbgesunden“ Nachwuchs für das deutsche Volk kümmerte. Doch solch ein Schicksal hat niemand verdient, auch die beiden Freundinnen nicht. Sechzig Jahre später macht sich eine kleine Gruppe auf die Reise nach Norwegen zur Wahrheitsfindung auf …
Schnell hat man sich, dank des flüssigen und bildhaften Schreibstils, eingelesen in die Geschichte und auch die Perspektivenwechsel fügten sich gut in die Story ein. Erschütternd war mal wieder der Rückblick auf Deutschlands braune Vergangenheit, doch anschaulich wurde auch klar gemacht, dass nicht alle schlecht waren. Ein rund herum gelungener Roman also, dessen einzige Kritikpunkte die vielen Zufälle, die immer wieder ineinandergreifen, sind. Das Buch wirkte stellenweise etwas konstruiert, was ich ein wenig schade fand. Dennoch habe ich mich – na, gut unterhalten ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck – sagen wir, wohlgefühlt und vergebe überzeugte vier von fünf Sternen verbunden mit einer Leseempfehlung.
- Dorothee Schmitz-Köster
„Deutsche Mutter, bist du bereit …“
(9)Aktuelle Rezension von: SokratesDorothee Schmitz-Köster, promovierte Absolventin der Germanistin, Philosophie und Sozialwissenschaften, hat viele Jahre nach Überlebenden und verschwundenen Dokumenten recherchiert, um den „Lebensborn-Heimen“ auf die Spur zu kommen. So haben sich diverse Mythen gehalten wie beispielsweise die Vorstellung, dass die Heime als nationalsozialistische „Zuchtanstalten“ genutzt worden wären. Doch gerade dies konnte die Autorin trotz intensiver Recherche nicht bestätigen. Stattdessen fand sie eine Reihe von ehemaligen Mitarbeiterinnen, dort niedergekommenen Frauen und dort geborenen Frauen. Die Autorin schreibt souverän, klar und sehr lebendig; das schwierige Thema und die aufwendige Recherchearbeit sind so als spannende Suche nach Informationen und Beantwortung von Fragen gestaltet, die sich „von ganz alleine liest“. Der wissenschaftliche Anspruch der Autorin macht das Buch auch verwendbar für die akademische Arbeit. Die aktuelle Ausgabe hat die Autorin um neue Informationen erweitert. Darüber hinaus ist es um viele s/w-Abbildungen erweitert und enthält einen umfangreichen Anhang. - Ebba D. Drolshagen
Wehrmachtskinder
(1)Aktuelle Rezension von: Jens65Wehrmachtskinder ist ein spannendes, informatives, brandaktelles und - wie ich finde - sehr persönliches Buch. Für mich, die ich mich viel mit unserer nahen Vergangenheit beschäftigt habe, sind völlig neue Aspekte deutlich geworden. Besonders nachdenklich stimmt mich der Gedanke, das die erzählten Schicksale nicht nur Vergangenheit sind sondern sich - gerade zur Zeit - weltweit wiederholen. Das Buch ist gut - und trotz des Themas - auch mit Humor geschrieben. - Kristina Herzog
Führers Vermächtnis
(16)Aktuelle Rezension von: mabuereleHendrik Römer, ein junger Jurist, hat einen Job bei einer Umweltschutzorganisation bekommen. Doch schon die Anreise erstaunt ihn. Es gibt kein Hinweisschild zum Haus, ein Balken versperrt den Zugang. Hendrik soll ein Totalreservat für den Schutz der Fledermäuse beantragen.
Wenige Tage später offeriert ihm Schratt, der Herr des Hauses, seine wahre Aufgabe.
Die Autorin hat einen spannenden Politthriller geschrieben. Ehemalige SS-Angehörige sind aus ihren Löchern gekrochen und planen die Übernahme der Macht in Deutschland. Zwei Organisationen sind für die Entwicklung verantwortlich, einmal die Naziorganisation ODESSA, zum andern der Verein Lebensborn. Letztere ist für die Ausbildung des Nachwuchses erforderlich.
Beim Lesen des Buches lief es mir im übertragenen Sinne kalt den Rücken herunter. Manipulation der Massen, Unterwanderung von Politik, Armee und Polizei sind nur zwei Themen, die im Roman eine Rolle spielen.
Man könnte das als eine phantasiereiche Geschichte abtun, und sicher ist vieles davon dem Ideenreichtum der Autorin zu verdanken. Doch die Vorgänge um die NSU und ihre Helfer sprechen eine andere Sprache.
Das Buch ließ sich zügig lesen. Sprache und Stil passen zum Thema. Die Unmenschlichkeit wurde deutlich herausgearbeitet. Als Leser wähnte ich mich mit Hendrik in einem Alptraum.
Das Buch hat mir sehr gut gefallen. Dazu haben die abwechslungsreiche Handlung und die unterschwellige Ahnung, dass die Wurzeln des Dritten Reiches noch fruchtbar sind, beigetragen.
- Dasa Drndic
Sonnenschein
(8)Aktuelle Rezension von: JosseleEs brauchte 8 Jahre, bis der im Original 2007 unter demselben Titel veröffentlichte Roman 2015 auf Deutsch erschien. Es ist einer von nur zwei Romanen der Autorin, die ins Deutsche übertragen worden sind, was womöglich an ihrer Komplexität liegt, denn das vorliegende Werk ist sicher keines, das man einfach so runterliest.
Die vielen Geschichten, Namen, Verbrechen und Anekdoten, die von der Autorin angesprochen werden, animieren zur eigenen Recherche, was sehr lehrreich ist, aber die Lektüre zerstückelt. Bei mir hat es zur Erkenntnis geführt, dass ich dieses Buch in den Zeiten ohne Internet nur mit deutlich weniger Wissenszuwachs hätte lesen können.
Die Erzählweise mit ständigen Zeiten- und Perspektivenwechseln gefiel mir jedoch nicht besonders gut und war mir zu durcheinander. Mehr Stringenz und Klarheit hätten dem Roman sehr gutgetan.
Ungewöhnlich ist die Garnierung des Textes mit entsprechenden Bildern, die leider zum Teil so klein geraten sind, dass Wesentliches nicht zu erkennen ist. Das hätte man sich in den meisten Fällen sparen können. Schade finde ich auch, dass einige Lieder und Gedichte nicht übersetzt worden sind.
Einige, wie ich finde, bemerkenswerte Stellen möchte ich gerne zitieren:
„Wie viele Schocks, wie viel Unglück verursacht seit Jahrhunderten diese sinnlose Information (gemeint ist die Religions- bzw. Volkszugehörigkeit, Anmerkung des Verfassers), die Menschen sogar vor sich selbst verbergen oder sich damit brüsten, als würde sie darüber entscheiden, wer sie sind und was sie sind, als wären Glaube und Blut für sich genommen Segen oder Fluch.“ (Verlag Hoffmann und Campe, 1. Aufl. 2015, S.52)
„Die Familie Tedeschi lebt weiter in illusorischer Unwissenheit. Wer weiß, was vor sich geht, redet nicht darüber; wer es nicht weiß, stellt keine Fragen; wer fragt, bekommt keine Antworten.“ (ebd., S.79)
„Die blinden Betrachter sind ‚gewöhnliche‘ Leute, die auf Sicherheit setzen. Sie wollen ungestört leben. Im Krieg und trotz des Krieges wenden diese blinden Betrachter den Blick ab und verweigern jedes Mitleid, ihr Selbstschutz ist eine Rüstung, ein Schneckenhaus, in dem sie sich wie Maden fröhlich fläzen. Sie sind überall. In den neutralen Regierungen neutraler Staaten, unter den Verbündeten, in den besetzten Ländern, unter der Mehrheit unter der Minderheit, unter uns. Die bystander, das sind wir.“ (ebd., S. 89)
„Bevor das Lager geschlossen wird, schlägt Kurt Franz die Zeit tot, indem er Menschen totschlägt.“ (ebd., S. 277)
Insgesamt ist das Buch irritierend und sperrig. Das beginnt schon mit der Haptik und den fransigen Seitenrändern, die – zumindest mich – an einen Stacheldraht erinnern. Die Sperrigkeit ist sicherlich Absicht, die Autorin will es dem Leser nicht leicht machen. Es kommen Täter und Opfer zu Wort, oftmals aus der Perspektive nicht eines anderen, sondern eines Dritten, der berichtet, was der Erste dem Zweiten erzählt hat.
Mit voller Wucht und so „hautnah“ wie literarisch nur möglich möchte die Autorin den Leser mit den schrecklichen Geschehnissen konfrontieren. Sie belässt es nicht dabei, die Zahl der Opfer und die Zahl der Täter zu veröffentlichen. Sie veranschaulicht, wie viele Buchseiten die Namen von 9000 Opfern füllen, und wie viele die Kurzbiografien der Täter. Das ist beeindruckend und erzielt Wirkung, zumindest bei mir.Wiederholt erwähnt sie, was eigentlich eine Binse ist, aber in der Ungeheuerlichkeit der riesigen Opfer- und Täterzahlen trotzdem unterzugehen droht: „Hinter jedem Namen verbirgt sich eine Geschichte.“
Auf der einen Seite ist dadurch ein tolles, lehrreiches, erschütterndes Buch entstanden für all diejenigen, die sich für Literatur, ihre Spielarten und im optimalen Fall auch für die Geschichte des 3. Reiches interessieren. Auf der anderen Seite und das empfinde ich als das große Manko dieses Buches sperrt die Autorin ungeübte Leser praktisch aus, spricht niemanden an, der sich nicht von selbst angesprochen fühlt, weckt kein Interesse für die Geschichte des 3. Reiches, sondern erschwert den von ihr so genannten „bystandern“, die sie im Text zu Recht kritisiert, den Zugang geradezu. Ich fürchte, das ist kontraproduktiv. Drei Sterne.
- Ulrike Draesner
Die Verwandelten
(1)Aktuelle Rezension von: schnaeppchenjaegerinEs kommt selten vor, dass ich einen Roman abbreche, aber zu dieser Geschichte habe ich einfach keinen Zugang gefunden, obwohl ich ihr knapp 100 Seiten lang die Chance dazu gegeben habe.
Der Roman handelt von Kinga Schöcking, einer geschiedenen Rechtsanwältin Mitte 50, die Mutter eines adoptierten Kindes ist. Sie erfährt, dass ihre Mutter in einem Lebensbornheim geboren wurde und trifft auf eine Frau aus Polen, die ihr zum Verwechseln ähnlich sieht.
Der Hintergrund ist spannend, denn er befasst sich mit einem Teil deutscher Geschichte, über die ich bereits bewegende und erschütternde Romane gelesen habe. Welche Grausamkeiten Eltern und Kinder während des Nationalsozialismus in Heimen erleben mussten, die zur Erhaltung der arischen Rasse eingerichtet worden waren, macht sprachlos und ist ein Beispiel für das Leid, dass die Kriegsgeneration erfahren hat und dass sich auch auf nachfolgende Generationen ausgewirkt hat.
Der kaum zu beschreibende lyrische (?) Schreibstil verwehrte mir jedoch ein Eintauchen in die Geschichte. Insbesondere die Perspektive der Dorota, in der fortlaufend schlesische oder polnische Worte und Redewendungen eingedeutscht eingefügt werden, unterbrechen den Lesefluss. Die inneren Dialoge verlieren sich in unnötigen Randbemerkungen und trotz der Übersichtlichkeit der Charaktere überfordern die vielen Namen, Spitznamen und Namensneugebungen, mit denen man eingangs auf wenigen Seiten erschlagen wird.
Der Roman mag sprachgewaltig und hohe literarische Kunst sein, für mich ist er schlicht kein Lesevergnügen.
Den Inhalt kann ich fairerweise nicht bewerten, da ich nicht weiß, ob sich "Die Verwandelten" zu einer spannenden und bewegenden Geschichte über die Auswirkungen unmenschlicher Rassenhygiene entwickelt hätte. Die Art der Erzählweise ist mir jedoch zu anstrengend, unzugänglich und ermüdend und ruft keine Bilder in meinem Kopf hervor, so dass ich nach wiederholtem Lesen einzelner Seiten kapituliert habe.
- Michael Paul
Versteckt im Schwarzwald
(7)Aktuelle Rezension von: claudi-1963"Mithilfe von Lebensborn wollte Himmler die Geburtenrate arischer Frauen erhöhen. Für die Nazis war der Verein eine Art Lebensbrunnen, aus dem sie neuen Nachwuchs gewinnen wollten." (planet-wissen)
Schwarzwald 1944:Krankenschwester Marie Heumann arbeitet im Lebensborn, einem Heim der SS in Nordrach, als sie dort die 6-Jährige Alma kennenlernt. Almas Schicksal geht ihr nah, bis sie Marie eines Tages ganz unerwartet anvertraut wird. Gemeinsam gegen sie auf den Hof ihrer Eltern, wo zur selben Zeit auch drei polnische Zwangsarbeiter untergekommen sind. In Pawel finden die beiden einen besonderen Freund, ohne zu ahnen, dass dieser einen ganz anderen Plan verfolgt. Doch dann schlägt das Schicksal bei Maries Eltern zu, ihr Vater wird verhaftet und sie mit Alma nach Triberg in Himmlers Sonderzug gebracht. Pawel hingegen flüchtet und will nun seine Pläne durchführen, ohne zu ahnen, dass er dadurch seine Freunde in Gefahr bringt.
Meine Meinung:
Das Cover und der Klappentext haben mich auf dieses Buch aufmerksam gemacht. Vor allem, da diese Geschichte auf wahren Begebenheiten basiert, die größtenteils den meisten bisher nicht bekannt ist. Selbst ich wusste nicht, dass der Reichsführer der SS Heinrich Himmler im Schwarzwald einen Sonderzug hatte. Der Schreibstil ist unterhaltsam und sehr gut zu lesen, allerdings stören mich in meinem Buch die vielen Rechtschreibfehler und fehlenden Emotionen. Außerdem haben die zu schnellen Wechsel in den Handlungssträngen und die teils fehlenden Leerzeichen bei den Handlungen etwas meinen Lesefluss gestört. Ich glaube, hier wäre eine Überarbeitung sicher gut, es sei den ich habe ein nicht korrigiertes Leseexemplar von ihm bekommen. Ansonsten hat mich Alma und Pawels Schicksal berührt, jedoch nicht so emotional, wie ich es sonst von Büchern aus Kriegszeiten erlebe. Schade fand ich außerdem, dass man von einigen Charakteren danach kaum mehr was erfahren hat. Über die Thematik Lebensborn oder wie Frauen zu Geburtsmaschinen für die SS wurden, hätte ich gerne noch mehr erfahren, leider wurde dies nur angeschnitten. Stattdessen erfahren ich viel über diesen Sonderzug von SS Reichsführer Heinrich Himmler. Diesen gab es wirklich, zusammen mit einer Mühle waren sie Himmlers heimliche Zufluchtsorte im Schwarzwald. Sogar seine Frau und die beiden Kinder fanden dort Zuflucht, während die Bevölkerung den Bomben ausgeliefert waren. Von hier aus delegierte er und hielt Kriegsrat mit Joseph Goebbels. Und während die Bevölkerung am Hungertuch nagte, lebte er hingegen mit seinen Kadetten im Überfluss. Wenn dann die Flieger mit ihren Bomben am Himmel auftauchten, raste der Zug mit großer Geschwindigkeit in den Großhaldentunnel hinein und war für niemanden mehr sichtbar. Für mich waren das Inhalte, die ich so bisher noch gar nicht kannte und von daher sehr aufschlussreich. Man spürt, dass der Autor ein besonderes Faible für historische Bücher, vorwiegend aus der Zeit des Nationalsozialismus hat. Trotzdem mir bei den Charakteren etwas die Tiefe und Emotionen gefehlt haben, gebe ich dem Buch 4 von 5 Sterne. - Francois Emmanuel
Der Wert des Menschen
(9)Aktuelle Rezension von: Stephan59Simon, der Betriebspsychologe erhält den Auftrag, seinen Chef auszuspionieren. Zugleich spielt ihm jemand anonym Schriftstücke zu, in denen die euphemistischen Anweisungen der Nazi-Vernichtiungs-Bürokratie mit dem heutigen Wirtschaftsdeutsch verschnitten werden, sich steigernd, bis eine klare Trennung zwischen beiden kaum noch möglich scheint. Die Sprachverwirrung wie die Lebensläufe der Protagonisten, die im mer wieder in diese dunkle Vergangenheit zurückverweisen, werfen die Frage nach der Möglichkeit der klaren Abgrenzung und einem Zusammenhang auf, der mit dem Ende der Nazi-Diktatur nicht endgültig aufgelöst scheint. Ein Buch, das nachdenklich macht und nachwirkt. - Dorothee Schmitz-Köster
Deutsche Mutter, bist du bereit... Alltag im Lebensborn
(1)Noch keine Rezension vorhanden - Anja Jonuleit
Herbstvergessene
(111)Aktuelle Rezension von: ChristineE... und nicht nur in einem Leben, sondern auch in der Geschichte. Nach einem etwas zähen Einstieg fieberte ich mit der Hauptfigur Maja, die neben der Suche nach der Wahrheit im Leben ihrer verstorbenen Mutter auch ihre eigene Wahrheit sucht. Also eine Entwicklung in der Beziehung zu ihrem Mann, zu siche selbst und dann ein Auf und Ab in den Gefühlen zu ihrer Mutter. Was ist passiert und wem kann sie noch vertrauen und wem nicht? Absolute Leseempfehlung!
- Pam Jenoff
Töchter der Lüfte
(46)Aktuelle Rezension von: rose7474Der Knappentext hörte sich nach einer sehr interessanten Geschichte an, die in einem Zirkus im 2. Weltkrieg spielt.
Leider konnte mich der Roman nicht vollständig überzeugen. Der Roman wurde abwechselnd in der Sicht von Astrid und Isa erzählt was mir gut gefiel. Jedoch war der Schreibstil eher distanziert und teilweise langatmig. Ich konnte keine richtige Verbindung zu Astrid und Isa aufbauen. Mir fehlte es an Tiefe. Auf die Gefühle der Protagonisten wurde kaum eingegangen. So konnte mich der Roman nicht vollständig überzeugen und berühren. Daher vergebe ich 3 Sterne. Ein berührende Geschichte, die für mich nicht so gut umgesetzt wurde. Ein eher enttäuschender Roman für mich.
- Anja Jonuleit
Das letzte Bild
(161)Aktuelle Rezension von: Maseli47 Jahren ist es her, dass die Isdal- Frau gefunden wurde, eine Tote ohne Namen und Identität. Der Kriminalfall ist als größtes Rätsel in Norwegens Kriminalgeschichte eingegangen und wird aktuell nochmals aufgerollt. Neueste Untersuchungen an der Leiche lassen den Schluss zu, dass die unbekannte Tote aus der Nähe von Nürnberg stammen könnte. Ein großes Thema, dass auch die BILD-Zeitschrift groß herausbringt und eine Phantomzeichnung mit der Schlagzeile „Ist die Unbekannte Tote eine Deutsche?“, veröffentlicht.
Als Eva die unglaubliche Ähnlichkeit mit der Phantomzeichnung erkennt, zögert sie nicht und meldet sich bei der Polizei. Die Übereinstimmung der DNA bringt ihr Leben ins Wanken. Wer war diese Frau und warum hat niemand mit ihr darüber gesprochen?
Und bloß weil eine Frau, die anscheinend kriminell war, jede Menge gefälschter belgischer Pässe mit sich herumgeschleppt hatte, gab es noch lange keine Verbindung zu Evas Großmutter, die während der deutschen Besatzung eine Zeit lang in einem Krankenhaus im belgischen Lüttich gearbeitet hatte.
Eva macht sich auf den Weg nach Norwegen um die letzten Lebensmonate ihrer Tante zu rekonstruieren.
Das ist der Ort, den die Frau sich zum Sterben aussuchte – oder den ein anderer für sie zum Sterben aussuchte.
Meine persönlichen Leseeindrücke
Ich wollte das Buch schon 2021 lesen, als es auf den Markt kam, dann 2022, aber es waren immer wieder andere Bücher wichtiger oder aktueller. Nun endlich habe ich die Zeit gefunden, diesen spannenden Roman, der sich mit der Aufklärung eines Kriminalfalls, der schon 47 Jahren zurückliegt, beschäftigt.
Sie war auf der Suche nach ihrer Familie. Sie hatte also recht gehabt. Margarete war in Norwegen unterwegs gewesen, um eine Spur zu finden.
Der Roman ist flott geschrieben und liest sich sehr gut. Die Konstruktion des Falls und dessen Auflösung ist hervorragend recherchiert, geschickt aufgebaut, sodass die Spannung bis zum Ende bleibt. Überaus ansprechenden ist der Wechsel zwischen der Vergangenheit, in der Margarete die Hauptfigur ist und der Gegenwart, in der Eva sich mit Hingabe der Spurensuche widmet. Dabei findet sie heraus, wer ihre Tante war. Margarete war eine Frau, die ihre Mutter und Zwillingsschwester suchte und somit auch einen Ort der Geborgenheit. Doch alleine, ohne Hilfe und verraten von ihrem engsten Vertrauten, begab sie sich in tödliche Gefahr und alle, die wussten, haben geschwiegen.
Sie war frei. Ja, das war sie. Sie schert sich nicht darum, was die Gesellschaft für verwerflich hielt. Aber die Kehrseite dieser Freiheit war beben auch, dass sie … niemanden hatte.
Dass die Geschichte auch Informationen über den Lebensborn e. V. enthält, ein in der Zeit des Nationalsozialismus von Heinrich Himmler gegründeter und von der SS getragener, staatlich geförderter Verein, dessen Ziel es war, auf der Grundlage der nationalsozialistischen Rassenhygiene und Gesundheitsideologie die Erhöhung der Geburtenziffer „arischer“ Kinder herbeizuführen, gibt der Handlung auch einen geschichtlichen Wert.
Ein Roman, der zwar Fiktion ist, aber auf einer wahren Begebenheit beruht. Die Autorin gibt einen Überblick der rätselhaften und bemerkenswerte Ereignisse, die sie inspiriert haben, am Ende des Buches.
Fazit
„Das letzte Bild“ von Anja Jonuleit ist ein hervorragend geschriebener und exzellent recherchierter Roman rund um den Tod einer Unbekannten in Norwegen. Ein großer Frauenroman, der mich überzeugt und mir spannende Lesestunden beschert hat.
- Nancy Huston
Ein winziger Makel
(31)Aktuelle Rezension von: goldfischNancy Huston hat da einen beeindruckenden Familienroman geschrieben.Sol ist Pfiffig, aber auch verhätschelt.Das Leben seiner Mutter dreht sich nur um ihn.So wird auch sein Muttermal entfernt, aber es gibt Komplikationen und eine hässliche Narbe bleibt Sol erhalten. Hat sein Vater so einen Makel, oder die Oma? Auf jeden Fall aber Erra, seine Urgroßmutter, die Sängerin.Erra hat nicht nur diesen "Makel" den sie sehr liebt, sie hat auch Geheimnisse.Nancy Huston schreibt diese Familiengeschichte rückwärts auf.Sehr bewegend und gut! - 8
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