Bücher mit dem Tag "gegenwartsroman"
36 Bücher
- Ken Follett
Sturz der Titanen
(1.274)Aktuelle Rezension von: sabeckWie in vielen seiner Werke, schafft Ken Follett es auch in diesem Buch eine Vielzahl an komplexen Charakteren zu erschaffen, deren Leben man als Leser gerne verfolgt. Es handelt sich hierbei um den ersten Teil der Jahrhunderttrilogie, die im gesamten 20. Jhdt. spielt. Der erste Band behandelt die Geschehnisse vor, während und kurz nach dem 1. Weltkrieg.
Charaktere unterschiedlichster Herkunft: Adelige, Hausmädchen und Fabrikarbeiter aus allen wichtigen Handlungsorten: England, Deutschland, Russland, Amerika, spielen die Hauptrollen. Sie sind allesamt sehr menschlich, wodurch ihre Schicksale oft sehr berührend, manchmal jedoch auch frustrierend sind.
Wie immer recherchierte Ken Follett sehr ausführlich für sein Werk, wodurch reale Charaktere, wie der amerikanische Präsident, mit den erfundenen Figuren gekonnt verschmelzen.
Fazit: Sehr informativ und trotzdem nicht langweilig, auch wenn der Einstieg durch die vielen neuen Charaktere etwas zäh ist.
- Karen Joy Fowler
Die fabelhaften Schwestern der Familie Cooke
(97)Aktuelle Rezension von: graefinrockulaDie fabehlhaften Schwestern der Familie Cooke“ von Karen Joy Fowler ist ein emotionales Buch mit Tiefgang, welches zum Nachdenken anregt.
Das Buch, welches in der Ich-Perspektive geschrieben ist, beginnt mit einer scheinbar normalen jungen Frau, welche versucht ihr Leben zu ordnen. Das nicht ganz leichte Verhältnis zu ihrer Familie durch das Verschwinden ihrer zwei Geschwister scheint zunächst nachvollziehbar. Durch viele Zeitsprünge wird einem das Ausmaß der Tragödie erst bewusst. Fern und Rosemary wachsen wie Zwillinge auf. Doch Fern verschwindet. Erst im Laufe der Geschichte wird das Geheimnis um Ferns Identität gelüftet. Eine Geschichte über Toleranz, Mitgefühl und Verantwortung gegenüber allen Lebewesen auf der Welt.
Durch die Ich-Perspektive liegt der Fokus klar bei Rosemary, da Figur und Erzählerrolle zu einem verschmelzen. Eine intelligente, junge Studentin. Der sprachliche Stil der Erzählung passt sich dieser Gegebenheit an und machen diese authentisch. Es werden außerdem sowohl Klassiker der Literatur wie Les Miserables zitiert, als auch Größen der Jugendkultur (Star Wars). Wir erfahren nur langsam Einblick in Rosemarys Innenwelt, auch dies passt zu dem Charakter der gezeichneten Figur. Am Anfang ist dies vielleicht etwas frustrierend, da Rosemary in der Erzählerrolle nicht auf den Punkt zu kommen scheint. Doch genau dieses sprunghafte und teilweise ausweichende macht die Erzählung auch interessant und sorgt dafür, dass man unbedingt weiter lesen möchte.
Ich persönlich kann dieses Buch wärmstens empfehlen. Allerdings sollte man es in Ruhe und mit Zeit zum Nachdenken lesen. Denn ich empfand das Lesen als eine Art von Katharsis. Rosemary mag nach der Erzählung vielleicht immer noch die unsichere und sozial etwas unfähige Frau zu sein, doch ich als Leser habe mich definitiv verändert. Ein gelungenes Buch, welches der heutigen Zeit auch an manchen Stellen radikal den Spiegel vorhält.
- David Nicholls
Zwei an einem Tag
(3.685)Aktuelle Rezension von: Dani_EbSchWieder ein emotionaler Roman, der mich ein paar Tage Grübeln läßt ,sowie einige Tränen laufen ließ....
Die Art und Tragik der Geschichte erinnert mich sehr an Benedict Wells' "Vom Ende der Einsamkeit ".
Obgleich die Geschichten unterschiedlich sind, von der Tragik aber ähnlich!
Die Geschichte ist in mehrere interessante Jahre unterteilt..von der "Leichtigkeit" der Jugend bis zum "Ankommen" im mittleren Alter.
Die Charaktere sind zum Teil melancholisch, emotional und stellenweise schwermütig..
Das Hörbuch habe ich im Wechsel (Auto) zum Lesen gehört. Da es gekürzt war, habe ich viele Passagen abends im nachhinein nachgelesen.
Das letzte Kapitel empfand ich ausgesprochen gelungen, da es eine Art Neuanfang mit vielen Erinnerung aufzeigt, aber auch einen Rückblick vom "Anfang ,als alles begann " beschreibt.
Ein schöner Abschluss!Persönlich brauchte ich etwas länger das Buch zu beenden, da man als melancholisch, emotionaler Mensch intensiver eintaucht...Ein wirklich schönes Buch, das aufzeigt, wie schwierig es sein kann Beziehungen zu führen ,aber auch wie schön, wenn man den richtigen Gegenpart gefunden hat und wie schnell es vorbei sein kann.
Liebe es!! - Takashi Hiraide
Der Gast im Garten
(75)Aktuelle Rezension von: varietyIch hatte wahrscheinlich zu hohe Erwartungen vor der Lektüre dieses schmalen Büchleins. Japan, Liebe zu einer Katze und ein Ehepaar, das sich immer weniger zu sagen hat (so steht es jedenfalls auf dem Buchumschlag) - das ergäbe für mich eine spannende Ausgangslage. Leider erzählt der Autor auf eine sehr langfädige Art und Weise, wie die Katze ins Leben des Paares tritt, dann (lasse das Verb aus, um nicht zu viel zu erraten), bevor das Paar auf Wohnungssuche geht. All dies wird für mich eher schwerfällig erzählt. Spannung kommt keine auf und mitfühlen konnte ich mit den Menschen kaum.
- Daniel Galera
So enden wir
(44)Aktuelle Rezension von: AspasiaEin Handy, ein Überfall, ein Schuss, tot. So enden wir. Vielleicht nicht unbedingt wir alle, aber tot ist tot. Und bis dahin: Unser Leben. Und auch das ist weit weniger einzigartig als wir alle gerne glauben möchten.
In Daniel Galeras zweitem Roman So enden wir ist es Andrei Dukelsky, Duke, Nachfahre jüdischer Einwanderer, der nach einem kurzen Intermezzo als strahlender Internetstar Ende der 90er, als anarchischer Mitbegründer des Fansize Orangotango und geheimnisvoller Poet, 15 Jahre später mit Mitte 30 Opfer eines Straßenraubs in der der lähmend heißen brasilianischen Hafenstadt Porto Allegre wird.
Die ehemalige Fangemeinde reiht traurige Emoticons aneinander und versieht drei Großbuchstaben mit Ausrufezeichen, und schickt so ihre individuelle Trauer via Twitter um die Welt.
Auf diese Art erfährt es auch Aurora, ebenso Teil der ehemaligen Online-Redaktion, einst die einzige Frau im heiligen Kreis der coolen Fab Four, ist sie heute Doktorandin der Genetik & erforscht den Biorhytmus des Zuckerrohrs. Sie, die eigentlich in Rio an ihrem Doktor basteln sollte, hat sich vor ein paar Monaten in ihrem Jugendzimmer in der elterlichen Wohnung eingenistet, offiziell wegen einer Herzerkrankung ihres Vaters, aber eigentlich weil ihr so ruhmreich gestartete Leben irgendwie ins Stocken geraten ist.
Auf der Beerdigung trifft sie auf die alten, ehemals unzertrennlichen Freunde. Als da wären: Antern, der sein Schreibtalent nun sehr erfolgreich als Marketingexperte mit eigener Werbeagentur zu Millionen macht. Und Emiliano, Kulturjournalist, in der Bedeutungslosigkeit gestrandet, dessen Insiderwissen über den toten Freund, mit dem er einst eine Nacht verbracht hatte, ihn nun aber wieder auf die große Bühne zurück bringen könnten.
In sich abwechselnde Monologen erinnern die drei sich mit melancholischem Blick der glorreichen Zeiten vor nunmehr 15 Jahren, als sie hoffnungsfroh, ein bisschen arrogant, aber voller Idealismus aufbrachen in die Welt, als noch alles möglich schien, um jetzt am Grab ihres Freundes ihre geplatzten Träume zu bestaunen, zu sehen, dass die verhasste Bürgerlichkeit doch den längeren Atem hatte, dies Realität sie im Würgegriff hält & langsam nichts mehr übrig ist, von den Helden von einst.
So traurig, so alltäglich, zeigt dieser Roman doch das Stimmungsbild einer ganzen Generation gut ausgebildeter junger Leute, die meinten die gesellschaftlichen Veränderung schon mit den Händen greifen zu können, nicht nur in einem aufstrebenden Schwellenland wie Brasilien, die sich jetzt gestrandet in Zeiten der Klimabedrohung, sozialen Verwerfungen & wirtschaftlicher & politischer Instabilität wiederfinden. Somit bietet die Geschichte der 4 eine Identifikationsfläche für so viele ihrer Altersgenossen weltweit.
So enden wir wir also: desillusioniert? Wir rollen den Stein den steilen Berg hoch & er rollt wieder hinunter & wieder hoch & dann wieder runter, mehr oder minder ist das bei uns allen so, die Zeitens des anstrengenden & schweißtreibenden Hochschiebens varieren natürlich, aber das von Albert Camus im Mythos von Sysyphos beschriebene Dilemma teilen wir alle.
Auch ihre & unsere im jugendlichem Blick auf unser Selbstbild identifizierte Einzigartigkeit entpuppt sich als Illusion & doch machen wir weiter, wie schon Generationen vor uns. Denn so einfach enden wir nicht. - David Mitchell
Der Wolkenatlas
(524)Aktuelle Rezension von: Ein LovelyBooks-Nutzer„Der Wolkenatlas“ verbindet sechs Geschichten in verschiedenen Genres, die zu verschiedenen Zeiten spielen und von verschiedenen Menschen handeln.
Auf den ersten Blick haben die Handlungsstränge nicht viel miteinander zu tun – ein Notar schreibt 1859 auf einer Schiffreise Tagebuch, ein älterer Verleger hat 2012 Probleme mit Kriminellen und Verwandten, die letzten Überlebenden der Menschheit laufen 106 Jahre nach dem Fall durch eine postapokalyptische Welt.
Nach und nach wird jedoch deutlich, dass alles verknüpft ist: die Entscheidungen jedes Protagonisten haben Einfluss auf seine Nachfolger und werden selbst von der Vergangenheit oder Zukunft beeinflusst. Das genaue Ausmaß der Verbindungen bleibt unklar. Ob und wie viel Übernatürliches im Spiel ist, kann jeder für sich entscheiden.
Auch bestimmte Themen sind zeitübergreifend und ziehen sich durch das gesamte Buch: Freiheit in verschiedenen Formen und der Kampf darum, Ausbeutung, Betrug, die Suche nach der Wahrheit, das Füttern von Enten.
Eine Folge der besonderen Struktur des Romans ist natürlich eine große Menge an Charakteren (die gerne auch erst nach einigen Hundert Seiten wieder auftauchen), darauf muss man sich einlassen können, wenn man das Buch lesen möchte.
Zudem ändern sich die Erzählart und der Schreibstil mit jeder Geschichte. Von Tagebucheinträgen und Briefen über Interviews bis hin zu Lagerfeuergeschichten bietet dieses Buch erzähltechnisch alles. Je nach Vorliebe kann man das als Vor- oder Nachteil ansehen. Meiner Meinung nach hilft es, in jeder neuen Geschichte „anzukommen“ und bietet Abwechslung, auch wenn ich den postapokalyptischen Dialekt in der letzten Geschichte ehrlich gesagt etwas anstrengend fand.
Wenn man von den vielen Charakteren und der Idee an sich nicht abgeschreckt ist, ist „Der Wolkenatlas“ sehr zu empfehlen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit wird man mindestens eine oder zwei (am besten natürlich mehr) Geschichten sehr genießen und wenn man dann noch die einzelnen Elemente verbindet, ergibt sich ein Gefühl, als hätte man erfolgreich ein interessantes Puzzle zusammengefügt.
- Raffael Rauhenberg
Die Schulter des Riesen
(26)Aktuelle Rezension von: dicketillaGregor Bach, Silberschmied,34 Jahre.
Eine einzige Unbeherrschtheit gab den Auslöser, der nichts mehr mit seinem unbeschwerten, sorglosen Leben gemein hatte. Doch wenig später musste er dieses Vorgehen teuer bezahlen - und jetzt durchlebte er das Leben derjenigen, die er doch einst so verachtete."Sein altes Leben... Damals hatte er für seinen Wohlstand gearbeitet, nun arbeitete er an seiner Armut." (S.139)
Es ist schon verstörend, wie schnell ein Mensch in eine ausweglose Situation, teilweise unverschuldet, gelangen kann. Wie das Labyrinth der behördlichen Unbegreiflichkeiten, ein Entkommen unmöglich machen. Sicher hat Gregor in manchen Momenten falsch gehandelt, aber wie sollte man ihm einen Vorwurf machen, in dieser surrealen Welt.
Der Leser begibt sich mit ihm auf den Weg nach einem warmen Schlafplatz, landet in der Gruft, die ihren Namen zurecht trägt. Bettelt um einige Münzen, um sich sein Schließfach und einen Bissen leisten zu können. Sieht die verachtenden Blicke, die Scham, wie er sich vor seinen Kindern verbirgt.
Aber dennoch verlor Gregor nicht seinen Blick für das Böse, den Dealern, die den Verfall von Menschen in Kauf nahmen, die Perversen, die sich an Jugendlichen, Kindern vergingen.
So sieht er ein Ziel, dem jungen Ricky beizustehen, ihm einen Ausweg zu zeigen.
Die Geschichte spielt in einer fiktiven Stadt in Deutschland, wird als eine Geschichte der Gegenwart geschildert.Und diese Gegenwart lauert bereits vor unseren Türen, ist in unseren Städten präsent. Mich hat diese Geschichte sehr erschüttert, ein Spiegelbild unserer Gesellschaft, in der die Kluften mehr und mehr auseinander driften.
Raffael Rauhenberg baut seine Gesellschaftskritik geschickt in die Handlung ein. Seine Wortwahl präzise, mit einer Genauigkeit, die Bilder entstehen läßt, die man eigentlich nicht sehen mag, Gerüche denen man entfliehen möchte. Menschen formt, die selbst in ihrer abgrundtiefen Verachtung, dennoch ein wichtiger Teil der Handlung werden. Selbst in dieser Trostlosigkeit etwas wie Sorge, Freundschaft erblühen läßt. Er fordert den Leser auf sich mit der Geschichte auseinanderzusetzen, hinzusehen, was da so schief läuft. Eine Hand, die sich uns entgegenstreckt, oftmals keine andere Wahl hat, geschweige bekommt.
Die Aroganz derer, die sich im Schoße des Wohlstands befinden, sich dessen ganzen Ausmasses des Elends nicht bewusst sind, ihre Verachtung nach außen tragen.
Ich kann dieses Buch nur jedem Leser empfehlen, sich dem Umstand seines eigenen Lebens bewusst zu sein. In einer Welt, in der Konsum immer mehr im Vordergrund zu stehen scheint, Altersarmut droht, Mieten unerschwinglich werden, man sich nie um seiner Sicherheit sicher sein kann, seine Werte zu überdenken, Menschlichkeit zu bewahren, auch denen gegenüber, die schon ganz unten angekommen zu scheinen.
Es ist nur ein Buch, ein Buch mit einer Geschichte, aber die dennoch weiß den Leser zu erreichen, ihn nie in solch eine Situation gelangen läßt. Im wahren Leben ein Netzt gespannt wird, dass uns davor bewahren möge. - Malcolm McNeill
Der Wald der träumenden Geschichten
(37)Aktuelle Rezension von: WollyEin Buch was ich schweren Herzens abgebrochen habe, dessen Idee ich aber nach wie vor toll finde. Leider konnten mich aber nur das schöne Cover und die Idee überzeugen. Der Schreibstil bzw. allgemein die Umsetzung ebenso wie die Charaktere konnten mein Herz nicht erwärmen. Manche Szenen fand ich geradezu grausam und alles andere als philosophsich, auch wenn das Buch eigentlich in dieser Richtung angelegt ist. Auch die Einordnung als Jugendbuch lässt mich ein wenig zweifeln. Für mein Empfinden ist es eher ein Roman, aber das ist natürlich Geschmacksache. Eins ist das Buch auf jeden Fall nämlich nicht 0815. Hier rate ich jedem selbst reinzulesen, denn Geschmäcker sind ja bekanntlich verschieden. - Nick Hornby
Juliet, Naked
(226)Aktuelle Rezension von: meisterschundEiner meiner liebsten Hornbys und auch die Verfilmung kann ich nur empfehlen.
Ich war schon wirklich gleich vom Anfang sehr begeistert:
Juliet und ihr Freund machen eine Fanreise nach Amerika, wo ihr Freund seinem Idol Tucker Crowe näherkommen will und möglichst alle verfügbaren Infos herausfinden möchte.Der Clou ist natürlich dass dieser mittlerweile völlig abgefuckt ist und sich dann auch noch in Juliet verliebt.
- Dörte Hansen
Altes Land
(682)Aktuelle Rezension von: mg-jokeKann die Begeisterung nicht teilen, bin verwundert über den begeisterten Denis Scheck. Ich hatte es schnell durch, eine Freundin benötigt 4x so lang, keine Ahnung warum. Ein 2. Lesen hat mich auch nicht mehr beeindruckt. Ich hatte die ganze Zeit das Gefühl "Dörte, mach hinne!" Es ist nicht Redundanz, aber Gestrecktes. Glaubte oft, längst verstanden zu haben, was die Autorin sagen, zeigen will, und doch verharrt sie bei dem Gedanken, der Episode, den Details. So mag bei Menschen wie ich einer bin Langeweile enstehen, sorry.
- Jonathan Franzen
Die Korrekturen
(493)Aktuelle Rezension von: mabo63Ein Familienroman, amerikanischer Art, voller Traditionen und wie man sich gut vorstellen kann ist da einiges im Unargen.
Die drei Geschwister Gary, Chip und Denise könnten unterschiedlicher nicht sein und entsprechen so gar nicht den Vorstellungen der Mutter. Enid (die Mutter) will nicht wahrhaben dass ihre erwachsenen Kinder nicht nach ihrer Lebensphilosophie leben und wünscht sich ein letztes mal ein Weihnachstfest im Elternhaus - nur zu gut weiss sie doch dass es wohl das letzemal sein würde, ist ihr tyrannischer Ehemann Alfred doch an Demenz erkrankt und wohnt eigentlich mehrheitlich im Keller zwischen dem blauen Sofa (sein Lieblingsrückzugsort), einem Tischtennistisch und einer Jagdflinte..
Etwas viele Längen mit unterschiedlichsten Schauplätzen (von turbulenter Kreuzfahrt bis undurchsichtigen politischen Querelen in Litauen) hat dieser Roman, weniger wäre evtl. mehr wie man so schön sagt. Doch alles in allem gefiel mir die Sprache und der Plot, die fünf Hauptpersonen sind vortrefflich gezeichnet und das eine oder andere mal werden amüsante Dialoge, Situationen ausgebreitet - die sind auch nötig denn nur allzu gegenwärtig spürt man wie der Zusammenhalt dieser Amerikanischen Familie bröckelt und zerfällt.
- Juli Zeh
Corpus Delicti
(508)Aktuelle Rezension von: Sahos65Die Protagonistin Mia Holl steht vor Gericht, weil sie den Anforderungen der herrschenden Gesundheitsdiktatur bzgl. Fitness, Gesundheitsvorsorge und selbst persönlicher Hygiene nicht mehr nachkommt und deshalb selbst in Konflikt mit der „Methode“ (Staatsform, Erhaltung der menschlichen Gesundheit ist das oberste Prinzip, dem alles untergeordnet wird) kommt. Sie wurde durch den Freitod ihres Bruders aus der Bahn geworfen, der wegen Vergewaltigung und Mordes inhaftiert wurde, auch nachträglich hin- und hergerissen zwischen Schuld- und Unschuldsvermutungen. Der Roman spiel auf zwei Zeitebenen, vor und nach dem Tode des Bruders. Anfänglich volle Unterstützerin der „Methode“ wendet sich Mia zunehmend von ihr ab und wird somit zu einer allgemeinen Gefahr. Von ihrem Gegenspieler, dem methodentreuen Journalisten Heinrich Kramer, wird sie denunziert und hintergangen, am Ende als Systemgegner angeklagt. Es finden sich viele Parallelen zu „1984“ von G. Orwell.
Mir hat das Buch sehr gut gefallen, die Thematik war hochinteressant. In kurzen und knappen Kapiteln werden die Protagonisten und Nebendarsteller mit ihren unterschiedlichen Meinungen skizziert. Es wird dargestellt, wie doch eine eigentlich gute Idee (Gesundheit und Gesundheitsvorsorge für alle) ins Gegenteil umschlägt und letztlich Zwang und Unfreiheit in sämtliches Belangen des Lebens herrschen und somit keinerlei Raum für persönliche Freiheit bleibt.
- Carla Laureano
Ein unerwartetes Vermächtnis
(17)Aktuelle Rezension von: pallas"Ein unerwartetes Vermächtnis" von Carla Laureano ist ein wunderschöner Roman der seine Leser mit vielen wertvollen Gedanken beschenkt.
Melissa Green ist mit Leib und Seele eine erfolgreiche Innenarchitektin. Schon immer dachte sie, sie wäre eine Weise denn sie lebte zeit ihres Lebens als Pflegekind in einer Familie. Eines Tages erhält sie von einem Anwalt die überraschende Nachricht, dass sie eine in Kalifornien lebende Großmutter hatte, die nun verstorben sei. In ihrem Testament hat sie Melissa mit fünf Häuser bedacht.
Natürlich fährt Melissa sofort in den kleinen Kalifornischen Ort Jasper Lake, um mehr über ihre Großmutter zu erfahren. Grenzenlos staunend findet sie im Haus der Großmutter tatsächlich Informationen zu ihrer Mutter Caroline. Der Schleier ihrer Vergangenheit lichtet sich ganz langsam und enthüllt ein atemberaubendes Geheimnis um ihre leibliche Verwandtschaft. Bürgermeister Gabriel Brandt unterstützt Melissa sehr bei der Sichtung der ihr vererbten historischen Häuser, wobei sie sich näher kommen...
Die herrlich authentisch ausgearbeiteten, charaktervollen Romanfiguren wurden von der Autorin lebensecht in Szene gesetzt und tragen die spannende und emotional tief ergreifende Story direkt in die Herzen ihrer Leser. Der hübsche, sehr flüssig zu lesende Schreibstil ist sehr gut verständlich und bietet eine mühelose Lektüre.
Die sehr schöne Geschichte ist sehr berührend und so schließt der Leser Melissa sofort ins Herz. Man hofft und bangt mit ihr, dass sie doch bald ihre familiären Wurzeln finden möge und, mit ihrem Schicksal verbunden, vor allem zu Gott.
Schon immer fühlte sich Melissa einsam und verloren, denn sie war getrieben von der sehnsuchtsvollen Suche nach ihrem wirklichen Zuhause, obwohl sie ihr Leben eigentlich in einer liebevollen Pflegefamilie verbrachte. Mit dem Erbe der Häuser findet sie einen schmalen Weg in ihre Herkunft. Ob es ihr gelingt ihr gefühltes, ersehntes Zuhause zu finden?
Wertvolle Aspekte des Glaubens erschließen sich dem faszinierten Leser über die sehr sinnreichen Dialoge zwischen Gabriel und Melissa. Das Verzeihen, der Neuanfang und das notwendige Gottvertrauen erscheinen dem Leser in einleuchtenden Perspektiven für das gelungene Leben in einer nahezu verzweifelten Suche nach Sinn und Erfüllung.
Carla Laureano schrieb mit "Ein unerwartetes Vermächtnis" einen zu Herzen gehenden, bemerkenswert gedankenkenreichen Roman, dessen Geschichte mit viel Liebe zum Detail und eindrucksvollen Kulissen in einer malerisch schönen Landschaft zu tiefst überzeugt. Ich konnte mich vollkommen in der Geschichte verlieren und das Gute im Leben der Melissa hautnah mit erleben. So möchte ich diesen bezaubernden Roman sehr gerne empfehlen. - T. I. Lowe
Der kleine Laden am Meer
(23)Aktuelle Rezension von: julzpaperheartInhalt: Opal Gilbert ist zufrieden mit sich und der Welt. Ihren Lebensunterhalt verdient sie mit dem, was sie am liebsten tut: der Restaurierung alter Möbel. Doch als der an Körper und Seele verletzte Lincoln Cole in ihr Leben tritt, deutet sich Veränderung an. Als ein schwerer Sturm Opals Laden zerstört, bietet er seine Hilfe an. Dabei erfährt Lincoln, dass es Opals fester Glaube ist, der sie durch diese schwere Zeit trägt. Aber es bleibt nicht bei dem Wiederaufbau des Ladens allein, denn Opal macht es sich zur Aufgabe, auch Lincolns Seele wieder ins Gleichgewicht zu bringen ...
Meinung:
Da mir T. I. Lowe’s „Sophies Cafe“ so gut gefallen hat, war ich sehr gespannt auf ihren zweiten Roman. Der Klappentext und das Cover haben von Beginn an meine Neugier geweckt.
Der Schreibstil war sehr schön, detailreich und lebendig. Man verliert beim Lesen jegliches Zeitgefühl.
Die Charaktere waren sehr interessant und wunderbar ausgearbeitet. Lincolns Gefühle, Verletzlichkeit und seelischer Schmerz wurden besonders authentisch dargestellt. Sein Charakter und sein Auftreten haben mir wirklich gut gefallen. Opal war mir anfangs ein wenig befremdlich, doch auch sie machte einen sympathischen Eindruck. Mit ihrer chaotischen und aufgedrehten Art musste ich erstmal warm werden. Ihre Charakterzüge, vor allem ihre mentale Stärke und Beharrlichkeit, waren beeindruckend. Ihr Glaube schien unerschütterlich. All dies ließ sie lebendig wirken. An einigen Stellen ging sie meiner Meinung nach jedoch etwas zu weit.
Die Handlung selbst war manchmal ein wenig verwirrend und stellenweise nicht ganz nachvollziehbar. Einige Szenen schienen nicht zum Rest der Geschichte zu passen und aus dem Kontext gerissen worden zu sein.
Dennoch fand ich die Grundidee sehr schön und interessant. Ich hätte mir tatsächlich mehr Einblicke in Lincolns Vergangenheit gewünscht und auch einige der Nebencharaktere hätten ein wenig mehr Aufmerksamkeit verdient.
Das Buch lässt sich zügig lesen und bietet eine schöne Geschichte mit Mehrwert für Zwischendurch.
- Irene Hannon
Der Leuchtturm von Hope Harbor
(19)Aktuelle Rezension von: SiCollierMeine Meinung
Dieses Mal dauerte es nur etwa ein halbes Jahr, bis zum nächsten „Hope-Harbor“-Band; den ersten habe ich vor etwa drei Jahren gelesen, und es ist schön, in diesen Zeiten zumindest lesemäßig in eine vertraute und hoffnungsfrohe Umgebung „zurückkehren“ zu können. Da macht es auch nichts, wenn sich bestimme Handlungsmuster wiederholen, oder besser gesagt, variiert werden.
Denn auch hier (wie in den Vorgängerbänden), kommt jemand nach Jahren nach Hope Harbor zurück, will nur relativ kurz bleiben - und dann wird es doch ganz anders. Damit hören die Gemeinsamkeiten denn allerdings auf. Dieser Roman ist, wie die anderen der Serie auch, in sich abgeschlossen, also auch ohne Kenntnis der vorherigen Bücher verständlich. Allerdings tauchen einige Figuren von früher auf, die nicht groß eingeführt werden. Man braucht deren Vorgeschichte jedoch nicht zu kennen, um der Handlung (und deren Auftreten hier) folgen zu können.
Ben Garrison wie auch Marci Weber haben in ihrer Vergangenheit unschöne Erfahrungen mir Partnern gemacht und sind beide nicht auf der Suche. Marci kam nach Hope Harbor, um hier zur Ruhe zu kommen, Ben hingegen, um die Hinterlassenschaft seines Großvaters zu regeln, alles zu verkaufen und dann nach Ohio zu ziehen. Zum Erbe gehört der Leuchtturm von Hope Harbor, den Ben verkaufen will. Der potentielle Käufer will ihn abreißen - und das will Marci zusammen mit den Einwohnern unbedingt verhindern, ist der Leuchtturm doch ein Wahrzeichen von Hope Harbor. So bleibt es nicht aus, daß Ben und Marci, wenngleich zunächst auf verschiedenen Seiten, immer wieder Kontakt haben.
Als Leser bemerkt man es vermutlich noch vor den Figuren, daß es nicht nur bei Kontakten bleibt, sondern irgendwann such Gefühle ins Spiel kommen. Die Beziehung der beiden entwickelt sich für meine Begriffe durchaus glaubwürdig, zumal das Thema „Fernbeziehung“ im Raume steht, will Ben doch eigentlich nach Ohio. Kann man sich auf eine Beziehung einlassen, wenn am Ende einige tausend Meilen zwischen den Wohnorten liegen?
Auch im „Leuchtturm“ bringt die Autorin einen ernsten Unterton ins Buch, der zeigt, daß auch in Hope Harbor nicht nur eitel Sonnenschein herrscht, und zwar in Gestalt der Nebenhandlung um Greg und Rachel, die ihre Eheprobleme lösen müssen, nachdem Greg bei einem Militäreinsatz schwer verwundet wurde. An manchen Stellen habe ich deren Entwicklung mit größerem Interesse verfolgt aus die der Hauptfiguren. Greg und Rachel hätten eigentlich sogar verdient gehabt, die eigentlichen Hauptfiguren zu sein.
Ganz selbstverständlich werden Themen wie der Afghanistan-Einsatz oder Stationierungen in Übersee in die Handlung integriert; selbst in amerikanischen Weihnachtsfilmen geschieht solches. Ganz im Gegensatz zu europäischen bzw. deutschen Romanen (und Filmen), in denen diese Thematik schlicht totgeschwiegen wird. Insofern haben uns die Amerikaner hier einiges voraus: selbst eine „heile Welt“ verschließt die Augen nicht vor der aktuellen Realität.
Aufgelockert wird die Handlung durch das Auftauchen alter Bekannter: Charley, von dem man nie so recht weiß, ob er Künstler mit dem Nebenberuf Takostandbetreiber ist oder ob es genau anders herum ist. Auf jeden Fall hat er immer eine treffende und hilfreiche Lebensweisheit parat. Oder der Pastor und der Pfarrer, die in diesem Buch allerdings (zu) wenig Gelegenheit für ihre freundschaftlichen Kabbeleien hatten.
Am Ende angekommen, habe ich das Buch zufrieden zugeklappt und freue mich auf den nächsten Band der Reihe, der schon in meinem Buchregal steht.
Mein Fazit
Erneut zeigt die Autorin, daß man in einem Wohlfühlroman auch ernstere Themen verarbeiten kann. Ein gelungenes „Thema mit Variationen“ - ich freue mich auf die weiteren Bände.
- Judith Schalansky
Der Hals der Giraffe
(255)Aktuelle Rezension von: Anna625Selten hat mich ein Buch so zwiegespalten zurückgelassen.
Das Positive: Es enthält sehr viele biologische Informationen und auch der Schreibstil & die Gestaltung (es gibt einige Zeichnungen) haben mich sehr angesprochen.
Was mir dagegen auf Dauer Probleme bereitet hat, sind die sozialdarwinistischen Ansichten der Protagonistin. Beim Start ins neue Schuljahr werden die wenigen verbliebenen Schüler der kleinen Klasse als erstes eingeteilt in die, die es mit ganz viel Glück zu etwas bringen könnten, und die, bei denen alle Versuche vergebene Liebesmüh sind - wobei die allermeisten zu letzterer Kategorie zugeordnet werden. Und das lässt Inge Lohmark die Jugendlichen auch spüren; sie ist eine derer, die von ihren Schülern gefürchtet werden, die unangekündigt umfangreiche Prüfungen schreiben lässt, Mobbing als nicht so schlimm abtut und unerbittlich über die Klasse herrscht. Kurz: Keine Lehrerin, deren Unterricht man als Schüler genießt.
Mit der Zeit wird immer deutlicher, wie sehr die Protagonistin verbittert ist vom Leben und verdrossen von der in ihren Augen immer weiter zugrundegehenden Menschheit. Eigentlich hat sie längst mit allem abgeschlossen; ihre Ehe ist längst nur noch friedliche Koexistenz, ihre Tochter lebt weit weg und meldet sich ohnehin nicht mehr, das Gymnasium soll geschlossen werden. Schüler wie Lehrer lassen Disziplin vermissen, und überhaupt taugt dort doch niemand mehr irgendetwas.
Ich weiß ehrlich nicht, wie ich den Roman bewerten soll. Mit vielem, was die Protagonistin denkt, sagt und tut bin ich alles andere als einverstanden; und dennoch hat das Buch eine merkwürdige Anziehung auf mich ausgewirkt. Vielleicht wegen der biologischen Aspekte, vielleicht aber auch, weil ich diese ausgebrannte Frau, die mich so sehr an manche meiner früheren Lehrer erinnert hat, verstehen wollte. Und vielleicht, weil ich an manchen, wenigen Stellen tatsächlich etwas Ähnliches wie Verständnis für sie verspürt habe.
Ob ich das Buch empfehlen kann oder nicht, weiß ich nicht. Tatsächlich glaube ich aber, dass es mir noch eine ganze Weile im Gedächtnis bleiben wird. Und vielleicht ist es am Ende ja doch genau das, was ein gutes Buch ausmacht? - Leif Randt
Schimmernder Dunst über CobyCounty
(46)Aktuelle Rezension von: simone_richterEs geht um den 26-Jährigen Ich-Erzähler Wim Endersson. Seine Mutter, Hotelmanagerin, lebt mit einem Architekten zusammen. Sein Vater hat CobyCounty verlassen, als sein Film beim Publikum durchgefallen war. Wim ist Literaturagent und ist mit Carla zusammen. Wims Freund, Wesley, verlässt den Ort, um später zurück zu kommen und sich seiner Liebe zu Frank sicher zu sein. Per Shortmessage verlässt Carla Wim. Er lernt die Keyboardverkäuferin CarlaZwei kennen. Zwischendurch gibt es ein Frühlingsfest, die neue Bürgermeisterwahl und eine Unwetterwarnung.
CobyCounty ist eine Touristenstadt am Meer im nirgendwo. Alles ist cool und wohlhabend und freiberuflich. Alles ist irgendwie unaufgeregt und im Stillstand. Selbst ein verheerender Sturm zum Schluss verläuft im Sande. Es wird mit der Erwartung gespielt, dass es Konflikte gibt, die aber letztendlich ausbleiben – alles ist irgendwie emotionslos und doch scheint es interessant zu bleiben. Nichts erstickt im Kitsch und alles bleibt oberflächlich, was aber auch irgendwie nicht stört – sondern alles bleibt angenehm und wohlgeordnet. Leif Randt verdient es gelesen zu werden!
- Bernhard Schlink
Olga
(208)Aktuelle Rezension von: NosimiOlga von Bernhard Schlink ist eine komplizierten Liebensgeschichte, eine Geschichte über Jahrzehnte und Generationen und nicht zuletzt die Geschichte einer ungewöhnlichen, kantigen, aber liebenswerten Frau, die ihren Weg geht.
Eingebettet in die deutsche Vergangenheit und die Geschichte von der Jahrhundertwende bis zur ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts erzählt das Buch von der Außenseiterin Olga, aus Pommern stammend, die elternlos bei der Großmutter aufwächst. Die Großmutter ist keine herzliche Person, sie ist kühl und streng, will Olga eindeutschen und stört sich an deren Eigensinn. Dabei möchte Olga nur dazugehören. Sie findet in jungen Jahren Herbert, auch einen Einzelgänger und Außenseiter, wenn auch aus ganz anderen Verhältnissen. Wo Olga aus armen Verhältnissen stammte, jedoch stets auf der Suche nach Sicherheit, Verbindlichkeit und ihrem Weg aus den Verhältnissen ist, ist Herbert der Sohn reicher Gutsbesitzer ein flatterhafter Freigeist mit großen Ideen, er will die Welt bereisen, Abenteuer erleben und neue Welten erkunden. Beide verlieben sich ineinander, sind da füreinander, doch dürfen sie nicht heiraten. Herberts Eltern verweigern ihm sein Erbe, sollte er Olga heiraten. Sie unterstützt ihn dennoch bei seinen Ideen und Reisen. Und so bricht Herbert mehrmals in fremde Länder auf, nach Afrika und schließlich in die Arktis. Und immer hofft Olga, dass Herbert gesund zurückkehrt, dass er sich irgendwann satt gereist hat und nicht noch mehr „Großtaten“ vollbringen will. Denn das ist es, was Herbert antreibt: Große Entdeckungen, Erweiterungen, Deutschland im fernen Afrika, Deutschland als Eroberer der Arktis.
Hier findet sich der Gedanke des ehemaligen Deutschen Kaiserreichs, dass einen „Platz an der Sonne“ wünschte, das Weltmachtsstreben, dass schließlich in den ersten Weltkrieg mündete. Doch Herbert geht verloren auf seiner Arktisreise und Olga bleibt zurück. Sie schreibt ihm Briefe postlagernd, hofft auf ein baldiges Wiedersehen und bleibt als Lehrerin einer Dorfschule in ihrem kleinen Ort in der Nähe von Tilsit.
Die Jahre vergehen, auf den ersten Weltkrieg folgt die Weimarer Republik und schließlich der zweite Weltkrieg. Olga verliert ihr Gehör durch eine verschleppte Mittelohrentzündung und erlebt die NS-Zeit und den Krieg als weißes Rauschen. Unbeeindruckt von dem Geschehen um sie herum geht sie ihren Weg weiter, bleibt alleine, bangt und hofft und bleibt doch bis zum Schluss eine selbstständige, eigensinnige und unabhängige Frau.
Der Roman ist in drei Teile gegliedert und erzählt die Geschichte dreimal aus unterschiedlichen Perspektiven. Besonders schön ist Schlinks Stil und die Art, wie er schreibt. In einer klaren, teils schwärmerisch-pathetisch, dabei aber nicht zu übertriebenen Stil schafft er unfassbar viel Wärme und Mitgefühl zu vermitteln. Man bleibt haften an den Wörtern, verliert sich im Buch und kann die Welt, die der Autor beschreibt, wunderbar vor sich sehen.
Leider ist der Roman für mich zu vollgepackt, er umfasst einen zu langen Zeitraum, will zuviel und verliert sich dann dabei. Durch den Aufbau, die Geschichte in drei Teilen aus unterschiedlichen Perspektiven zu erzählen, kann man sich zwar an die wichtigsten Eckdaten erinnern, doch bleibt es aus meiner Sicht heraus leider doch zu verwirrend und doch zu viel gewollt. Wahrscheinlich hätte ich das Buch auch durch dieses inhaltliche Defizit abgebrochen, hätte mich die Sprache nicht gefangen. So wie für Olga alles „zu groß“ war, ist auch der zeitliche Umfang des Buches für mich „zu groß“, zu viel wird nur angerissen und dient nur einem hektischen Ritt durch die Geschichte. Und doch ist es die Figur der Olga, die in ihren letzten Jahren noch auf Ferdinand trifft und eine enge freundschaftlich-liebevolle Beziehung zu dem Jungen aufbaut, der eine Enkelstelle für sie einnimmt, die das Werk zusammenhält und mit leisen Tönen großes bewirkt.
Für mich kein einfacher Roman, nicht eindeutig großartig und leicht zu lesen, dann aber doch wieder fesselnd und faszinierend. - Barbara Leciejewski
Fritz und Emma
(213)Aktuelle Rezension von: AgnesMEin Roman, der die Vergangenheit und die Gegenwart miteinander verbindet und eine Liebesgeschichte zum Besten gibt. Es ist eine schöne Geschichte, mit Charakteren, die man ins Herz schließen kann und alltäglichen Hürden, die gemeistert werden müssen. Gemeinschaft, Dorfleben at its best und Hilfsbereitschaft wird hier groß geschrieben. Hin und wieder wir die berührende Liebesgeschichte durch lustige Szenen aufgefrischt und andere Szenen treiben einem die Tränen in die Augen. Ja, es ist einiges vorhersehbar und trübt die Stimmung beim Lesen, aber trotzdem ist dies ein tolles Buch für Wohlfühlabende und Menschen, die auf Herz-Schmerz-Storys stehen und Bücher, die zwei Zeitebenen miteinander verbinden.
- Benjamin Stein
Replay
(31)Aktuelle Rezension von: BlintschikWas wäre, wenn du alles, was du erlebst, aufnehmen und dir immer wieder anschauen könntest. Wie sehr würde es die Menschheit bereichern? Oder würde es uns alle kontrollierbar machen? Ed Rosen erfindet so eik Implantat. Doch kann er wirklich das erreichen, was er geplant hat?
Viele Leserstimmen haben mich erst einmal von dem Buch abgeschreckt, weil es so skurril sein soll. Doch ich bin gut in die Geschichte reingekommen und habe mich auch gut darin zurechtgefunden.
Mir hat es besonders gefallen, dass der Autor nicht einfach nur irgendeine Geschichte geschrieben hat, die ihm so in den Sinn gekommen ist, sondern in allem einen bestimmten Sinn versteckt hat, denn man manchmal nur entdeckt, wenn man zwischen den Zeilen liest. Alles in dem Buch scheint einen tieferen Sinn zu haben und eine gewisse Kritik an der Technisierung unserer heutigen Zeit zu haben. Das hat mich beim Lesen zum Nachdenken und Grübeln gebracht, weshalb ich viel Spaß beim Lesen hatte.
Die Personen wirkten zwar nicht zu hundertprozent lebendig, aber trotzdem konnte ich ihre Handlungen und Gedankengänge nachvollziehen, weshalb sie mir doch sympathisch waren. Manchmal gab es zwar auch schräge Szenen, die sich später aber als sinnvoll bzw. zweckmäßig herausgestellt haben.
An alle dem merkt man, dass der Autor sich viele Gedanken zu dem Buch gemacht hat und damit eine erschreckende, aber auch genauso faszinierende nahe Zukunft erschaffen hat. Die Geschichte ist wirklich intelligent geschrieben und durch den Schreibstil wird man sanft durch das Buch getragen.
Mir hat die Geschichte sehr gefallen und sie wird zu recht als ein Meisterwerk bezeichnet. - Gertraud Klemm
Hippocampus
(31)Aktuelle Rezension von: BeautyBooksIrgendwie hat das Unglück der Österreicher mit dem Sonntag zu tun. Mit diesem Nine-to-five, Montag bis Freitag und mit diesen gesetzlichen Feier- und Urlaubstagen. Von einem Feiertag wird zum nächsten gejammert, im Winter zum Frühling hingejammert, im Frühling wird der Sonnenschein herbeigesehnt, und wenn es mal im Mai heißt ist, jammern alle wegen des Klimawandels. Die Menschen vor den Fernsehern und Radios haben immer den Freitag im Blick, damit endlich Samstag und Sonntag folgen. So will er niemals werden. - Seite 8
Inhaltsangabe:
Helene Schulze ist tot. Eine vergessene Autorin der feministischen Avantagarde, die ausgerechnet jetzt als Kandidatin für den Deutschen Buchpreis gehandelt wird. Ihre Freundin Elvira Katzenschlager sortiert Helene's Nachlass und findet sich in einer Marketingmaschinerie voll Gier, Sensationsgeilheit und Neid wieder. Als sie sich mitten in einem Nachruf-Interview befindet, bricht sie dieses ab und begibt sich mit dem wesentlich jüngeren Kameramann Adrian auf einen Roadtrip durch Österreich, um die verzerrte Biografie ihrer Freundin richtigzustellen. Was als origineller Rachefeldzug beginnt, wird immer mehr zum Kreuzzug gegen Bigotterie und Sexismus. Sie verkleiden Heldenstatuen, demontieren Bildstöcke und stören Preisverleihungen. Immer atemloser, immer krimineller werden die Regelbrüche der beiden auf ihrem Weg nach Neapel, wo die letzte Aktion geplant ist.
Und obwohl er das alles weiß und jetzt schon seit zwei Jahren dabei ist, deprimiert ihn immer mehr, wie viel Illusion erzeugt werden muss, um die Zuschauer für eine Naturdokumentation bei Laune zu halten. Vogelkinder mussten ihre Mütter verlieren, Löwenmütter ihren Kindern beim Gefressenwerden zusehen, die Elemente mussten rebellieren und der Lebenskampf toben. Erst wenn Natur mit Storytelling und Mitleidhaschen gespickt wird, ist sie so richtig essfertig für den Durchschnittstrottel vor dem Bildschirm. - Seite 9-10
Meine persönliche Meinung:
Aus diesem Buch habe ich mir so viele Buchzitate herausgeschrieben, die einfach wie eine Faust aufs Auge gepasst haben. Frau Klemm hat uns Österreicher herrlich locker in diese Geschichte miteingebunden. Wie wir so ticken und auch denken. Oder aber auch einfach ein paar Zeilen, die komplett aus dem Leben gegriffen sind, in denen wir uns selbst tagtäglich widerfinden. Buchzitate, die ich euch in diese Rezension miteinbinden werde, damit ihr selbst lesen könnt, was ich meine.
Beginnt man diesen Roman zu lesen, spürt man sofort, dass es sich hier um eine sprachlich anspruchsvolle Geschichte handelt. Die Autorin bringt uns die Welt der Literaturbranche näher und weist uns stets daraufhin, wie wichtig feministisches Engagement tatsächlich ist.
Die beiden Hauptcharaktere werden von der Autorin benutzt, um Geschlechterklischees drunter und drüber zu werfen. Adrian, der junge Fotograf des Interview-Teams, befindet sich in einer typisch weiblichen, dienenden Funktion. Er begleitet Elvira als "Assistent" auf ihrem Road Trip um diesen zu dokumentieren. Adrian hat ganz bestimmte Ansichten, was alte Frauen betrifft. Mit diesen Ansichten wird er tagtäglich von Elvira, die von ihm ja als alt bezeichnet wird, herausgefordert. Sein Leben besteht bisher darin, dass er seinen Alltag als Möchtegern-Liebhaber einer jungen Frau verbringt, während Elvira ihm zeigt, wie lässig sie in Liebesdingen umgeht. Elvira ist eine unglaublich starke Person, der vollkommen egal ist, was andere von ihr denken. Sie hält es nicht aus, wie ihre tote Freundin Helene dargestellt wird und tut alles, um das zu ändern, ohne Rücksicht auf irgendwas oder irgendjemanden. Manchmal musste ich regelrecht schlucken, da sie Aktionen bereithält, die ich fast schon ein wenig zu übertrieben empfunden habe. Damit bekommt sie jedoch ihre Aufmerksamkeit, die sie haben möchte und zieht ihr Ding einfach durch.
Die Menschen machen Licht, bevor es dunkel ist, sie heizen, bevor es kalt wird, sie sterben, bevor sie leben. - Seite 38Die erste Hälfte des Buches konnte mich noch so richtig packen, während ich die zweite Hälfte eher als anstrengend empfunden habe. Anfangs fand ich den Road Trip von Elvira und Andrian noch ziemlich amüsant, schon bald legte sich dieses Gefühl aber ein wenig und kippte für mich schnell ins übertriebene rüber. Es fühlte sich während dem Lesen einfach an, als käme nichts mehr neues und die Geschichte plätscherte so vor sich hin. Ich habe stets gehofft, dass noch irgendwas spannendes oder anderes passieren wird, dass mich aus dieser Lethargie wieder herausholen wird. Ich habe das Buch wirklich gerne gelesen und auch der Schreibstil gefiel mir richtig gut, aber all die Aktionen die Elvira durchgezogen hat, waren dann einfach irgendwann too much. Man hätte auch anders handeln können, um Helene Schulze's Leben oder sie als Person aufleben zu lassen um all den Menschen zeigen zu können, dass sie anders war, als alle gedacht haben.
Sie versteht immer mehr, warum Terroristen so brutal werden müssen. Es hört ihnen ja sonst niemand zu. Sie lassen sich die Aufmerksamkeit der Gesellschaft in Menschenleben bezahlen, sie errichten Installationen aus Schmerz und Leid und nehmen in Kauf, dass man sie hasst und verfolgt und von all den Forderungen, die sie im Zusammenhang mit ihren Aktionen stellen, gar nichts mehr mitbekommt. Terror ist auch nur eine Protest-Kunstform, denkt Elvira verwundert, wenn auch eine sehr widerliche, abstrakte. - Seite 299
Nichtsdestotrotz konnte mich Gertraug Klemm überzeugen bzw. hat sie mich neugierig gemacht und ich habe mir nun "Muttergehäuse" von ihr gekauft. Von "Hippocampus" sollte sich jeder einfach selbst überzeugen. Ich habe sehr viele ganze positive Rückmeldungen in der Arbeit erhalten. Für mich war die Geschichte irgendwann zu eintönig. - Richard Price
Cash
(52)Aktuelle Rezension von: judipudiCash ist ein guter Kriminalroman, jedoch nichts aussergewöhnliches. Ich habe das Buch sehr gern gelesen, weis aber nicht ob ich es noch ein zweites Mal lesen würde. - Deeanne Gist
Auf verborgenen Wegen*
(17)Aktuelle Rezension von: KleinerVampirBuchinhalt:
In einem vornehmen Viertel Charlestons führt die junge Rylee als Hundesitterin die Hunde reicher Leute aus. Als eines Tages mehrere Einbrüche in Villen geschehen, gerät das Mädchen immer weiter in den Fokus der Ermittlungen. Denn alle betroffenen Haushalte waren Kunden bei Rylee…
Persönlicher Eindruck:
Von Deeanne Gist ist man sonst historische Romane gewohnt, so war ich überrascht, diesen Gegenwartsroman von ihr zu lesen – und gespannt, wie sich die Krimihandlung entwickeln würde.
Schauplatz ist Charleston, wo reiche Menschen zwar Hunde besitzen, sich um deren Pflege jedoch nicht selber kümmern und einen sogenannten „Hundesitter“ engagieren, der mit dem Hund zweimal am Tag raus geht. Genau diesen Job verrichtet Rylee, die damit den Pflegeheimplatz ihrer dementen Oma und ihre eigene bescheidene Wohnung in einer eher schäbigen Wohnanlage bezahlt.
Der Sensationsreporter Logan wird nach etlichen Einbrüchen in die Villen reicher Leute auf den Fall „angesetzt“. So kommt er auch mit Rylee in Berührung, die er gleich von Beginn an toll findet. Langsam aber auch vorhersehbar kommt es zu einer Freundschaftsbeziehung zwischen den beiden.
Die Krimihandlung beginnt bereits auf den ersten Seiten und man wird zusammen mit Rylee Zeuge von einem Einbruch. Dass Rylee nicht die Täterin ist, weiß man also von Beginn an – wer allerdings dahinter steckt und welches Motiv den Täter leitet, erschließt sich erst auf den letzten paar Seiten. Der Spannungsbogen plätschert zu Beginn, steigert sich aber gewaltig und man mag das Buch dann nicht mehr aus der Hand legen.
Mich hat beim Lesen etwas gewundert: alle Haushalte, in denen eingebrochen wurde, haben einen Hund. Warum schlagen die Hunde nicht an? Warum kann der Täter so einfach tun und lassen, was er tut? Hier fehlt ein bisschen die Erklärung oder zumindest ein Ansatz.
Das Buch ist ein christlicher Roman, der christliche Aspekt ist allerdings nur rudimentär und sehr sparsam gestreut. Für die Handlung hat er keine oder fast keine Relevanz, der Stoff zum Nachdenken hält sich in Grenzen.
Für Deeanne Gist typisch kommt es natürlich zu einer Liebesgeschichte, allerdings ohne explizite, erotische Szenen, die hier auch völlig fehl am Platz wären. Alles in allem ein leichter Roman für zwischendurch, aber kein absoluter Pageturner.
- Vea Kaiser
Rückwärtswalzer
(165)Aktuelle Rezension von: kirjastoEin kluges, liebevolles und humorvolles Buch, in dem Vea Kaiser eine Gruppe Menschen so lebendig einführt, als habe man sich selbst bei ihnen zum Kaffee eingeladen. Meisterhaft webt sie biografische Fäden zu einem weitreichenden Muster und beschreibt, wie Familie uns zu dem werden lässt, was wir schließlich sind und werden - oder nicht?
Der Schreibstil ist auf außergewöhnlich hohem Niveau und sehr mitreißend: für mich ist Vea Kaiser die Entdeckung diesen Sommers und es sind gleich mal ihre anderen Romane auf die Leseliste gewandert.