Rezension zu "Die Insel der Tausend Leuchttürme" von Walter Moers
Ein neuer Zamonienroman aus der Feder von Walter Moers ist eigentlich immer ein Fest. Und „Die Insel der Tausend Leuchttürme“ macht da absolut keine Ausnahme. Dabei freut es besonders, dass wir nicht nur in die faszinierende Welt von Zamonien zurückkehren, sondern auch noch Hildegunst von Mythenmetz, gefeierten Autor des Bestsellers „Die Stadt der träumenden Bücher“, wiedertreffen. Denn „Die Insel der Tausend Leuchttürme“ ist ein Briefroman, der sich aus Hildegunst‘ Briefen an seinen Freund Hachmed Ben Kibitzer sowie aus Notizen und Skizzen zusammensetzt.
Das alleine finde ich wirklich großartig, denn Walter Moers ist es wieder einmal gelungen, sich neu zu erfinden. Die Figur Hildegunst von Mythenmetz wird in seinen Briefen noch ausgebaut – spätestens jetzt lernen wir den hypochondrischen Lindwurm mit psychosomatischer Antiquariatsstaub-Allergie von allen Seiten kennen. Und das, so viel sei gesagt, ist ein großes Vergnügen. Mindestens genauso spannend ist es aber, mit Hildegunst während seines Kuraufenthalts auf Eydernorn auf Entdeckungsreise zu gehen.
Eydernorn ist eine Ecke von Zamonien, die ich bisher noch nicht kennengelernt hatte und die viel Absurdes, Überraschendes und Fantastisches bietet. Dank der legendären Mythenmetzschen Abschweifung lernt man beim Lesen jeden noch so kleinen Winkel der Insel kennen – nur Hildegunst von Mythenmetz bzw. Walter Moers gelingt es, einen Museumsbuch auf über 40 Seiten auszudehnen, ohne dass es auch nur die Spur langweilig wäre.
In „Die Insel der Tausend Leuchttürmen“ liest man von Hummdudeln und Frostfratten, von verschrobenen Leuchtturmwärtern und robusten Küstengnomen, von schaurigen Meeresungeheuern und kuriosen Strandlöpern – ein bisschen auch von Literatur und Wissenschaft, aber vor allem von so vielen unglaublichen Figuren und Begebenheiten, dass man manchmal gar nicht weiß, wo man zuerst hinschauen soll. Insbesondere da auch dieses Werk, wie eigentlich alles aus der Feder von Walter Moers, wieder reich bebildert ist – diesmal mit Bleistiftskizzen, die einen ganz eigenen Charme haben und wieder faszinierend anzuschauen sind.
Ich jedenfalls habe jede einzelne Seite geliebt und bewundere einmal mehr Moers‘ grenzenlose Fantasie und seine beeindruckende Sprachgewandtheit. Es macht riesigen Spaß, die vielen intertextuellen Bezüge und Anspielungen zu entdecken, Anagramme zu entschlüsseln und tief einzutauchen in den Text und seine Metaebene. „Die Insel der Tausend Leuchttürme“ ist, wie eigentlich nicht anders erwartet, ein fulminantes Feuerwerk, ein wahres Fest der Literatur, das man genießt bis zur letzten Seite. Wer Moers liebt, wird garantiert nicht enttäuscht. Und wer Moers noch nicht kennt, sollte das dringend ändern! Für mich ist er einer der größten deutschen Erzähler und in Bezug auf seinen Einfalls- und Ideenreichtum so gut wie unerreicht.