Rezension zu "Rauhnächte - Sie werden dich jagen" von Ulrike Gerold
Nach langen Jahren der Abwesenheit kehrt Lisa in das kleine Almdorf ihrer Kindheit zurück, um sich endlich mit ihren Großeltern auszusprechen. Doch dann holt ihre Vergangenheit sie ein: Immer noch verschwinden zu den Rauhnächten am Ende des Jahres junge Frauen und kehren nach einigen Tagen verstört zurück. Auch Lisas Schwester ist dies vor langer Zeit wiederfahren – und Lisa schwört sich, dass sie dieses Mädchen retten wird…
Das Autorenduo aus Ulrike Gerold und Wolfram Hänel hat mit „Rauhnächte – Sie werden dich jagen“ einen in sich abgeschlossenen Thriller geschrieben, der die mystische Zeit zum Jahreswechsel als Kulisse nutzt. Die Rauhnächte haben in letzter Zeit wieder an Popularität zugenommen, doch die Magie und die Kraft dieser Tage werden hier kaum genutzt, um die Handlung zu beeinflussen. Vielmehr wird direkt klar, dass es sich um sehr irdische Verbrechen handelt, statt weiter auf eine geheimnisvolle Stimmung zu setzen. Schade, da geht einiges an Potenzial verloren. Zudem wirkt die Darstellung der Bevölkerung des Dorfes ziemlich rückständig und greift einige Klischees auf – das mag der Atmosphäre durchaus zuträglich sein, wirkt in der heutigen Zeit aber eher deplatziert. Ansonsten ist eine sehr dichte Stimmung geraten, die einen gelungenen Spannungsaufbau bietet und für reichlich Überraschungen und Wendungen setzt.
Thematisch ist neben der Rauhnacht-Kulisse noch ein schwieriges und schockierend umgesetztes Thema eingebracht, das gesellschaftspolitisch brisant ist. Das hat mich gefangen genommen und sorgt auch dafür, dass die hochkochenden Emotionen der Protagonisten glaubhaft wirken. Weniger glaubhaft wirkt es, wie arglos ein erfahrener Polizeiermittler die zivile Frau in seine Ermittlungen einbindet, sodass auf Teammitglieder – aber das ist für den Spannungsaufbau durchaus zuträglich. Dieser wird nicht nur wegen des hohen Tempos, sondern auch durch die Einschübe generiert, in dem aus der Sicht der entführten jungen Frau erzählt wird - das sorgt für zusätzliche Brisanz.
„Rauhnächte – Sie werden dich jagen“ beinhaltet durchaus einige Stolpersteine, die bei mir einem völlig gefesseltem Lesefluss entgegengewirkt haben: Die sehr klischeebeladene Darstellung der Dorfbevölkerung oder die ungewöhnliche Zusammenarbeit der Protagonistin mit dem Polizeiermittler beispielsweise. Dennoch liest sich der Thriller flüssig und packend, ist eine dichte und markante Atmosphäre entstanden, kann das Buch auch nach dem Lesen noch ein wenig in meinen Gedanken nachhallen.