Rezension zu "Roh" von Uli T. Swidler
Uli T. Swidler liefert mit ROH einen spannenden Thriller, der von Anfang an fesselt, vor allem weil einen die bildhafte Darstellung der Szenerien in die Handlung ziehen. Man bemerkt häufig den Drehbuchautoren – alles ist sehr filmisch beschrieben, man hat die Handlung förmlich vor Augen, ohne dabei aber zu viel aufgedeckt zu bekommen. Dabei "fühlt" sich die Erzählung durchweg organisch an, man wird nie von der Handlung abgelenkt. Anfangs ist es fast ein wenig zu viel zum Erfassen, man ist konfrontiert mit vielen parallelen Handlungssträngen, bei denen man erst einmal nicht sogleich versteht, wie die augenscheinlich voneinander getrennten Fäden zusammenhängen und staunt im Verlauf der Erzählung umso mehr, wie gekonnt sich das ab einem bestimmten Punkt ineinander verschränkt.
Was das Buch aber vor allem stark und empfehlenswert macht, sind die detailliert und überzeugend gezeichneten Charaktere, die einem – gerade weil sie Ecken und Kanten haben und nicht aus bestimmten Schubladen heraus funktionieren – schnell ans Herz wachsen. Mitzuerleben, wie die Hindernisse, auf die sie stoßen, sie dazu zwingen, sich weiterzuentwickeln, ist faszinierend und gut geschrieben.
Mit dem Politischen des Inhalts – religiöser Fanatismus und Terrorismus – geht der Autor souverän um und ist dabei nie tendenziös, sondern zeigt, dass religiös motivierter Fanatismus immer Schwachsinn ist, egal zu welchem Gott der Fanatiker betet. Man spürt auch an vielen Stellen die Aktualität der Problematik mit steter Terror-Gefahr durch gewaltbereite Islamisten, dem in den USA wachsenden protestantischen Fanatismus und dem zögerlichen Agieren der Behörden, bei denen man oftmals den Eindruck gewinnt, man würde lieber riskieren, dass etwas passiert, bevor man übereilt in eine falsche Richtung Beschuldigungen ausspricht.
Das Buch funktioniert sehr gut und unterhält durchweg, sodass man sich am Ende einen weiteren Fall mit Carl und Lena wünscht.