Rezension zu "Er ist wieder da" von Timur Vermes
Nach einem ersten Schreckmoment und der Befürchtung, einen völligen Fehlgriff getätigt zu haben, fand ich bald großen Gefallen an dieser ungewöhnlichen Produktion. Zunächst schlich sich auch der - nicht ganz unbegründete – Gedanke: Darf man das? - bei mir an. Doch warum auch immer, waren die Zweifel schon bald weggewischt und das Lachen kam ungewöhnlich häufig und überfallartig.
Im Jahr 2011, nach 66 Jahren also, wacht der ehemalige Führer des Deutschen Reiches mitten in Berlin auf und muss sich erst einmal in der ihm fremd gewordenen Stadt orientieren. Ein Kioskbesitzer nimmt sich seiner an und vermutet einen Schauspieler hinter seiner ungewöhnlichen Erscheinung. Auch die meisten anderen Menschen, denen er begegnet, nehmen ihm natürlich nicht ab, dass er tatsächlich der ist, der er zu sein vorgibt. Auf diese umfassende und so authentisch wirkende Rollenintegrität werden auch die Medien aufmerksam und Herr Hitler landet letztendlich im Fernsehen, wo er sein Wort an das deutsche „Fernseh“-Volk richten kann. Die Massen sind begeistert......
Das ist nun wahrlich eine nicht gerade leichtverdauliche Wiederauferstehung, die wir das vorgesetzt bekommen. Natürlich sind damit ja einige überaus heikle Themen der deutschen Geschichte verbunden, die auch im Handlungsverlauf nicht ausgeklammert bleiben. Darf man sich darüber lustig machen? Diese Frage begleitete mich durch das komplette Werk und kann von mir letztgültig nicht klar beantwortet werden. Die Figur nimmt auch kaum ein Blatt vor den Mund. So wird die Geschichte zu einer Gratwanderung am sogenannten „guten Geschmack“. Doch für mich kommt es bis zum Ende nicht zum befürchteten Absturz. Versöhnlich stimmt dann wiederum auch, dass die Partei der 'Nachfolger' des besagten Herrn von ihm höchstpersönlich ganz schön ihr Fett abbekommen. Und weitere reale politische Personen haben ihren Auftritt. Ob diesbezüglich Klagen eingereicht wurden?
Ein Werk zwischen Satire, Medien- und Gesellschaftskritik; eine Anregung für alle freiheitsliebende Menschen, sich an die eigene Nase zu fassen. So kommt fast etwas wie Sympathie für die Figur, die Timur Vermes zeichnet auf. Das könnte der eigentlich größte Schockmoment für viele sein.
Es handelt sich um eine bearbeitete (gekürzte?) Fassung auf 6 CDs mit fast 7 Stunden Hörvergnügen. Sprecher: Christoph Maria Herbst. Die möglichen Kürzungen sind mir nicht negativ aufgefallen.
Wie Christoph M. Herbst dass nur durchhält! Man hat tatsächlich oft den Eindruck, den Führer im Original zu hören. Und Herbst spricht ja auch sämtliche andere Rollen, mit deutlichen Unterscheidungsmerkmalen in den Stimmen. Eine ganz herausragende Leistung.
Fazit: Auf sein Art ein großartiges Werk und die Stimme von Christoph M. Herbst als absoluter Bonus. Empfehle das Werk als Hörbuchversion.