Rezension zu "Diebe der Nacht" von Thilo Corzilius
"Wenn wir nur dreist genug sind, stehlen wird die gesamte Ruhende Welt. Mit einem Kuss auf die Stirn und einem Gebet auf den Lippen."
- Schwur der "Herbstgänger"
Inhalt: Glin Melisma gehört zu einer Truppe fahrender Schauspieler, die mit ihrem eigenen mechanischen Theater durch die Länder reisen und sich die "Herbstgänger" nennen. Doch das ist nur Fassade, denn Glins wahre Stärke ist das austüfteln von komplexen Mechaniken und Plänen für unglaubliche Coups. Als jemand aus der Vergangenheit eines Herbstgängers auftaucht und die Gruppe erpresst, muss sie ihren bislang waghalsigsten Coup durchführen.
Eindruck: Ich habe lange gabraucht (100 Seiten), um in die Geschichte hinein zu finden und hatte sogar anfangs überlegt, das Buch abzubrechen. Jetzt bin ich froh, es nicht getan zu haben, denn nach den 100 etwas zäheren Seiten (Info-dumping), nimmt die Geschichte richtig Fahrt auf.
Die (Haupt-)Charaktere sind vielschichtig und individuell. Hauptsächlich führt aber Glin Melisma als Protagonist die Lesenden durch die Geschichte. Mir hat gut gefallen, dass man immer wieder zwischendurch in Rückblicken, etwas über die Geschichte der anderen Charaktere erfahren hat und wie sie dazu kamen, dass sie sich dem Theater angeschlossen haben. So wurden mir im Laufe der Geschichte Charaktere, die für mich zunächst schlecht greifbar oder uninteressant wirkten, näher gebracht und sympathischer.
Das Worldbuilding ist unglaublich detailliert und wird den Lesenden auch sehr gut vermittelt. Das habe ich besonders gemerkt, als ich das Glossar am Ende des Buches entdeckte. Die meisten Informationen in dem Glossar habe ich bereits im Lauf der Geschichte erfahren bzw. herausgefunden. Es kommen viele Charaktere, Götter und spezielle Begriffe in der Geschichte vor, aber nicht zu viele, denn ich konnte mir das meiste problemlos merken oder es wurde in der Geschichte immer wieder in Erinnerung gerufen.
Besonders gefallen, hat mir die Athmosphäre der Geschichte. Die Beschreibung dieser Welt und ihrer Regeln, sowie die Beschreibung einer Stadt ähnlich Venedig. Auch die Durchführung der Coups und der versteckten "Unter-Pläne", von deren Existenz die Lesenden erst ganz plötzlich erfahren, war sehr unterhaltsam und hat die Geschichte immer wieder in eine unerwartete Richtung gelenkt.
Ein paar Fragen sind offen geblieben, deren Auflösung ich in der Geschichte etwas vermisst habe: Was genau ist damals mit Arbo passiert? Wie genau war Talmos und V.s Vergangenheit? Es gibt immer wieder Andeutungen und die Auflösung scheint nicht relevant für die Geschichte zu sein, aber ich bin immer noch neugierig. Es sind auch einige Fragen offen geblieben, die auf weitere Abenteuer der Herbstgänger hoffen lassen.
Ich empfehle dieses Buch allen Fans von detailliertem Worldbuilding und sympathischen Dieben/Trickbetrügern nach Vorbildern wie Danny Ocean oder Kaz und seiner Truppe aus "Das Lied der Krähen" o.ä.
Ich hoffe sehr, noch mehr Geschichten aus der Ruhenden Welt lesen zu können. :D
Einen Stern musste ich leider doch abziehen, weil der Einstieg in die Geschichte mir zu lang gedauert hat.