Sorj Chalandon

 4 Sterne bei 148 Bewertungen
Autor von Wilde Freude, Am Tag davor und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Journalist und Schriftsteller: Sorj Chalandon, ein französischer Journalist und Schriftsteller, wurde am 16. Mai 1952 in Tunis geboren. 

Er arbeitete als Journalist bei der Zeitung "Libération". Seine Reportagen über Nordirland und den Barbie-Prozeß wurden mit dem Albert-Londres-Preis ausgezeichnet. Nebenbei veröffentlichte er zahlreiche Romane, die auch ins Deutsche übersetzt wurden. 

Für seine Werke erhielt er den Prix Médicis und den Grand Prix du roman de l´Académie francaise. Außerdem wurde er schon zweimal für den Prix Goncourt nominiert. Des Weiteren schrieb er schon für einige Fernsehserien. So war er Co-Autor einiger Episoden der TV-Serie Reporter.

Alle Bücher von Sorj Chalandon

Cover des Buches Wilde Freude (ISBN: 9783423148863)

Wilde Freude

 (64)
Erscheint am 28.12.2023
Cover des Buches Am Tag davor (ISBN: 9783423147811)

Am Tag davor

 (50)
Erschienen am 23.10.2020
Cover des Buches Verräterkind (ISBN: 9783423290333)

Verräterkind

 (18)
Erschienen am 16.11.2022
Cover des Buches Rückkehr nach Killybegs (ISBN: 9783423148283)

Rückkehr nach Killybegs

 (4)
Erschienen am 16.03.2022
Cover des Buches Die Legende unserer Väter (ISBN: 9783423248990)

Die Legende unserer Väter

 (3)
Erschienen am 01.01.2012
Cover des Buches Mein fremder Vater (ISBN: 9783423281140)

Mein fremder Vater

 (3)
Erschienen am 04.08.2017
Cover des Buches Die vierte Wand (ISBN: 9783423260664)

Die vierte Wand

 (2)
Erschienen am 24.07.2015
Cover des Buches Am Tag davor: Roman (ISBN: B07KMBZ7R5)

Am Tag davor: Roman

 (1)
Erschienen am 18.04.2019

Videos zum Autor

Neue Rezensionen zu Sorj Chalandon

Cover des Buches Verräterkind (ISBN: 9783423290333)
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Rezension zu "Verräterkind" von Sorj Chalandon

Sorj Chalandon Verräterkind
UtaJungvor 3 Monaten

Sorj Chalandon, Verräterkind, dtv 2022, 303 Seiten

 

Im Roman Verräterkind schildert Chalandon parallel seine Teilnahme als Journalist am Prozess gegen Klaus Barbie im Mai 1987 und seine Nachforschungen über das Leben seines Vaters im 2. WK.

Anlass für die Nachforschungen sind für Chalandon die Bemerkung seines Großvaters, der Vater habe 'im Krieg auf der falschen Seite gestanden'. Chalandon wird bewusst, dass sein Vater zwar viel über seine Teilnahme am Krieg erzählte, aber bei näherer Betrachtung alles undurchsichtig und zeitlich und sachlich nicht korrekt sein kann. 

Der Vater nimmt als Zuschauer ebenfalls am Prozess gegen Barbie teil. Chalandon beobachtet ihn, wie er da sitzt und Grimassen schneidet, zustimmend nickt, wenn Barbie oder dessen Anwalt etwas sagen, aber genau wie Barbie die Aussagen der vernommenen Zeugen als unwichtig ignoriert.

Als Leserin machte der Vater auf mich einen unausgeglichenen Eindruck, ein Mensch, der über seine Vergangenheit lügt, sich aber schlimmer darstellt als er war (er behauptet, Nazi gewesen zu sein) und der stets bestrebt ist, alles im Dunklen zu halten. 

Chalandon hingegen will alles aufklären, das Leben seines Vaters verstehen, nachzeichnen, beurteilen. Und er hakt nach, besorgt sich über einen Freund die Akte seines Vaters aus der Zeit des 2. WK und konfrontiert ihn mit diesem Wissen. Sie begegnen sich vor dem Gerichtsgebäude, nach den Prozesstagen, und es kommt zu Handgreiflichkeiten zwischen ihnen und zu verbalen Attacken.

Interessant war die Wirkung des Textes auf mich. Chalandon versucht mit allen Mitteln, seinen Vater zu entlarven, um eine Schuld oder Versagen dieses Mannes aufzudecken. Dabei stellte ich mir immer öfter die Frage, ob Chalandon das Leben des Vaters überhaupt etwas angehe. Nicht als Journalist, sondern privat, als Sohn. Es ist einfach, im Nachhinein jemanden zu verurteilen für seine fehlende Haltung. Der Vater war ein Mann ohne Schulabschluss, ohne Perspektive, der in den Krieg gespült wurde, ständig die Seiten wechselte und sich immer, wenn es gefährlich wurde, herauszog. Er war damit beschäftigt, sein Leben zu retten, es für sich positiv zu definieren und schämte sich dann später für sein Verhalten, weshalb er Geschichten erfand. Und der Sohn, als ein im Frieden Aufgewachsener und Lebender, der einen erfüllenden Beruf gefunden hat, will aus dieser bequemen Position heraus alles aufdecken und beurteilen. Aburteilen.

Ein wichtiger Aspekt des Textes ist das Erinnern. Barbie sagt an einer Stelle, er wisse zu bestimmten Begebenheiten nichts, das sei 'alles lange her' (ca. 30 Jahre); die Zeitzeugen, die während des Prozesses befragt werden, erinnern sich zum Teil auch nicht mehr genau, was aber Barbie und der Vater erwarten, ansonsten seien sie unglaubwürdig; und Chalandon erwartet von seinem Vater, dass der sich genau erinnere, an seine Motive, Taten, Handlungen.

Der Text ist insgesamt sehr packend geschrieben und in seiner Attraktivität ebenbürtig dem Widersacher von Emmanuel Carrère.

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Cover des Buches Verräterkind (ISBN: 9783423290333)
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Rezension zu "Verräterkind" von Sorj Chalandon

Langatmig
Physsievor 7 Monaten

In "Verräterkind" erzählt Sorj Chalandons von seiner Beziehung zu seinem Vater, die geprägt ist von der Frage nach dessen Rolle während der Besatzungszeit. Sein Vater stellt diese durchweg positiv dar und erzählt von Heldentaten, all dies entlarvt Sorj als Lügen. Als beide am Prozess gegen Klaus Barbie in Lyon teilnehmen -  Sorj als Journalist, um für eine große Tageszeitung darüber zu berichten, sein Vater als Zuschauer - macht Sorj das Ereignis immer mehr auch zu seinem Prozess gegen seinen Vater.

Sorj Chalandon schreibt wortgewaltig und detailliert über die Greueltaten der Nazis und deren Schergen. Unvorstellbar, wie es sich anfühlen muss, zu wissen, dass der eigene Vater einer davon war und nicht die Rolle spielte, die er die Welt gerne glauben machen möchte. Verständlich, dass der Sohn das verarbeiten muss und möchte. Dafür taucht er tief und ausführlich in das Thema ein, lässt seine Leser daran teilhaben - und wird dabei für meinen Geschmack zu ausschweifend. An mancher Stelle konnte ich kaum weiterlesen - nicht, weil mich das Thema zu sehr belastet hätte, das war nur am Rande der Fall - sondern, weil mir die Erzählung einfach zu langatmig war und dadurch für mich eine Langeweile entstand, die dem Ernst des Themas nicht gerecht wird. Es fiel mir irgendwann so schwer, mich trotzdem auf den Inhalt und die Vater-Sohn-Beziehung zu konzentrieren, dass ich mich durchquälen musste und erleichtert war, als ich endlich die letzte Seite hinter mir hatte. Schade, denn das Thema interessiert mich sehr und man bekommt das nicht so häufig aus erster Hand berichtet.

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Cover des Buches Verräterkind (ISBN: 9783423290333)
Luisabellas avatar

Rezension zu "Verräterkind" von Sorj Chalandon

Die Suche nach der Wahrheit
Luisabellavor 8 Monaten

»»Was denn, mein Gott, er ist doch noch ein Kind!« [Tante] 

- »Genau! Ein Verräterkind, das sollte er wissen.« [Großvater] 


1962 war das, da war ich zehn.« 

(S.29) 


Der französische Schriftsteller und Journalist Sorj Chalandon (*1952) hat für sein Schaffen zahlreichen Preisen erhalten und u. a. für seine Reportagen über den Prozess gegen den Klaus Barbie mit dem Albert-Londres-Preis (dem renommierteste Journalistenpreis Frankreichs) ausgezeichnet. 

In seinem autobiografischen Buch »Verräterkind« (»Enfant de salaud«, aus dem Französischen von Brigitte Große) schreibt der Autor in zwei Handlungssträngen über seine Erlebnisse als Journalist bei genau diesem Prozess gegen K. Barbie, und parallel über die Anwesenheit seines Vaters bei dem Prozess in Lyon, über toxische Familienverhältnisse und die Lügen und Wahrheiten seines Vaters, der im 2. Weltkrieg mehr als einmal desertiert ist. … 

Es ist viel Zeit vergangen seit er als kleiner Junge von seinem Großvater als »Verräterkind« bezeichnet  und von seinem Vater manipuliert worden ist. 1987 während des Prozess gegen den Nazi-Verbrecher K.Barbie erhält Sorj Chalandon die Akten über seinen Vater und sucht in diesen Protokollen, Dokumenten und Beweisen nach der Wahrheit über diesen ihm so nahen und doch so fremden Vater. 


Warum sucht der Autor so vergeblich nach der Wahrheit seines Vaters? 

»Du warst im Knast, du Idiot! […] Das hättest du mir erzählen sollen. Ich muss wissen, wer du bist, um zu verstehen, woher ich komme. Ich will, dass du mit mir redest, dass du mir zuhörst, verstehst du, das verlange ich von dir! Ich bin nicht mehr in dem Alter, in dem man alles glaubt, sondern in dem, wo man versteht und akzeptiert. Diese Wahrheit bist du mir schuldig.« (S.63) 


Es ist ein aufwühlendes, emotionales Buch bei dem ich mehr als einmal schwer aufgeatmet habe. Der Prozess gegen einen Nazi-Verbrecher und die erschütternden Zeugenaussagen werden sehr gut in die autobiografische Erzählung gebettet. Ich habe sehr mit dem Autor mitgefühlt, der sich mit dem Lügenkonstrukt seines Vaters fast (?) schmerzhaft auseinandersetzt. Eine beeindruckende schriftstellerische Leistung, mit großartigen Formulierungen dank der großen Übersetzungsleistung! 


» »Warum haben Sie gelogen?«, fragt er. »Weil ich dachte, dass ich mir so besser Geltung verschaffen kann.«

»Geltung verschaffen« habe ich mit einem fetten Rotstift un-terstrichen. Als du diese Worte zum ersten Mal in den Mund nahmst, warst du zweiundzwanzig, und heute, dreiundvierzig Jahre später, ist dieser Wunsch noch immer dein Elend und unser Schrecken.«

(S. 126)


Kein einfaches Buch, aber ein sehr wichtiges, das viele verschiedene Themen beleuchtet und vor allem eines zeigt: Das Wahrheit schwer greifbar ist. 

Große Leseempfehlung!

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Gespräche aus der Community

Am 21. August erscheint bei dtv der Roman "Wilde Freude" vom großartigen, französischen Schriftsteller Sorj Chalandon. Er erzählt darin die Geschichte vierer Frauen, denen allen das Schicksal nicht wohlgesinnt ist. Wir suchen 50 Leser*innen, die das Buch schon vor dem offiziellen Erscheinungstermin lesen möchten und es anschließend auf LovelyBooks sowie 3 weiteren Seiten rezensieren.

354 BeiträgeVerlosung beendet

Zusätzliche Informationen

Sorj Chalandon wurde am 16. Juni 1952 in Tunis geboren.

Community-Statistik

in 185 Bibliotheken

auf 38 Merkzettel

von 1 Leser*innen aktuell gelesen

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