„Wenn du Sie in ein paar Wochen immer noch loswerden willst – adoptier ich sie!“ - Humor, Liebe und Verständnis – damit es gut wird. Ausgedehnte Erzählungen und Plaudereien zum Thema Elternschaft zwischen psychologischer Beratungspraxis, Kaffeeklatsch und Selbstreflexion.
Sie sind in Elternschaft und schaukeln ihren Alltag so dahin? Dann könnte dieses teils unterhaltsame Buch eine wunderbare Ergänzung zum Selbstreflektieren, Fragenstellen und Wiedererkennen sein.
Sophie Seeberg erzählt hier aus der Ich-Perspektive Anekdoten und Gespräche v.a. mit ihren beiden Freundinnen Tine und Katja über ihren gemeinsamen Erziehungsalltag, Partnerschaft, Sorgen und Ängste garniert mit Beispielen aus ihrer psychologischen und familiengerichtlichen Beratungspraxis, ihrem eigenen Erleben sowie eigenen Biografie. Sie fühlen sich erst wie Sex and The City und merken schnell, dass sie nunmehr Mütter und damit auch gut zufrieden sind.
Das Buch ist im Softcover und ist mir vom Umfang und Länge der Kapitel oft zu lang vorgekommen. Es sind sehr ausgedehnte Dialoge und Erzählungen. Einzelne Kapitel hätten hier noch mehr geteilt werden können und es war für mich aufgrund der ausgedehnten Plaudereien und des Kaffeeklatschs ab und an mehr zäh als flüssig und unterhaltsam wie angekündigt. Die Leichtigkeit und das Humorvolle geht mehr verloren je länger das Buch dauert. Es ist auch eine Rückkehr der Themen von Seebergs Freundinnen zu Sophie Seebergs eigenen Lebensherausforderungen.
Es funken immer wieder humorvolle wunderbare Dialoge und Aussagen hervor, welche aufgrund der Ausdehnung leider wieder verloren gehen, wenn man sie nicht notiert. Hier hätte ich mir auch mehr stilistische Hervorhebung im Text gewünscht.
Inhaltlich ist das Buch eine Reise durch die Elternschaft von Herausforderungen mit Kindern und Partnern sowie Patchwork. Es gibt sehr schöne Beispiele zu verfahrenen Situationen, Stärken und Schwächen mit Special-Effects, Bauchgefühl, Übermuttis, Trennung und Scheidung, die Aufgabe vom Schimpfen, Unterschiede zwischen Müttern und Vätern, Me-Time, Depressionen und zuletzt kurz und knackig über einen Dialog über Vegetarismus. Für mich schwang beim Lesen eine durchgehende melancholische Grundstimmung mit, welche so gar nicht zu den positiven Tipps stand.
Seeberg geht dem nervenden und schwierigen Alltag auf den Grund und gibt positive Beispiel was man tun kann, in dem man eine positive Fehlerkultur entwickelt. Eine Alternative dabei ist, wenn einem nichts Sinnvolles mehr einfällt, nach dem Motto „act crazy“ zu handeln. Sie appelliert dafür, keine fiese Übermutti zu werden und dem Übermutti-Clan beitreten. Sie meint, dass wir doch alle wollen, dass es unseren Kindern gut geht und sie es schön haben auf der Erde. In diesem Feld bewegt sich das Buch – zwischen konkreten Erziehungstipps und großen Aussagen mit Tiefgang. Es sind viele Selbstdialoge enthalten, die heilsam und konstruktiv sein können. Tief durchatmen, aufrichten und lächeln hilft, weil man dabei schlecht die Zähne zusammenbeißen kann. Sophie Seeberg zeichnet das (ihr) Bild einer sehr emotionalen Mutter, die „weint, weil ich all das nicht ändern konnte. Damit war ich eine ganze Weile beschäftigt.“ Es ist eine autobiografisch anmutende Selbstreflexion, die eine unterschwellig unzufriedene und auch emotional traurige Atmosphäre hinterlässt. Die humorvolle Leichtigkeit konnte ich so nicht durchweg erkennen. Die freche und wundervolle Alltagssprache sowie die Ironie muten eher überspielend und melancholisch in diesen Phasen an.
Sie zeigt, wie man gemeinsam mit Liebe dunkle Täler durchschreitet und sich gegenseitig verzeihen kann. Sie gibt Hinweise zu Paarberatung und dem richtigen Finden eines kompetenten Beraters und bringt haarsträubende Beispiele aus ihrem Erleben. Sie zeigt sehr eindrücklich die Methode des positiven Umformulierens und Ausdrückens, anstatt zu schimpfen. Mehr Lob wie Kritik. Für mich das inhaltlich beste und gut umsetzbare am Buch. Es geht um einen gesunden Mittelweg mit Bauchgefühl. Ideen zulassen und trotzdem Bestimmer sein. Sie mag den Leser zu mehr Lächeln infizieren und gar eine Lächel-Epidemie anschieben. Eine wundervoll positive Grundhaltung, die sie da beschreibt, welche jedoch im beschriebenen Alltag bei ihr oft gefehlt hat. Insofern sind die positiven Aussagen und Tipps gute Ratgeber jedoch entsteht beim Lesen leider nicht die Leichtigkeit derselben. Sie mag trotz Gleichberechtigung in einer Paarbeziehung die wunderbaren Unterschiede feiern und ist dabei so wunderbar alltagsnah und praktisch. Es geht weiter um die Annahme von Hilfe und unser Eingestehen, dass wir andere Menschen brauchen.
Dankbarkeit, Vertrauen und Liebe, Humor und Verständnis für eine wunderbare Eltern- und Partnerschaft – für mich die großartige Basis der Erzählungen. Seinem Herzen folgen und versuchen so zu tun, wie die Liebe sich verhält, wenn sie eine Person aus Fleisch und Blut wäre. Für mich die Quintessenz des Buchs, in der sich die Haltung beschreiben lässt, an der gearbeitet werden darf.
3 Taschentücher in einer Specialedition mit Explosionsgeräuch und vielleicht einer Stichflamme und Qualm oder so für dieses Buch. … oder nach Fernando Sabino: „Wenn es nicht gut ist, ist es nicht das Ende.“