Zur Hochzeit einer ehemaligen Freundin aus der Siedlung, in der sie aufgewachsen sind, finden sich die drei besten Freundinnen Hani, Kasih und Saya wieder zusammen. Während Hani und Kasih in der Großstadt nur ein paar Ecken entfernt voneinander entfernt wohnen, reist Saya extra aus der fernen Metropole an. Die gemeinsamen Tage beginnen vermeintlich harmlos, mit Bier und guten Gesprächen über den Dächern der Stadt - doch in den drei jungen Frauen brodelt es. Sie können nicht abschütteln, was zu ihrem Alltag gehört: Die Blicke, die Sprüche, Hass und rechter Terror. Ihr Zusammenhalt untereinander scheint für sie wie ein Schutzschild - bis am dramatischen Abend der Hochzeit alles auseinanderbricht.
Shida Bazyar erzählt in ihrem 2021 für den Deutschen Buchpreis nominierten Roman "Drei Kameradinnen" in außergewöhnlicher Form von bedingungsloser Freundschaft, von Rassismus und rechtem Terror in Deutschland, von Resignation und Aufbegehren. Kasih, ihre Erzählerin, allein kennt dabei alle Fakten und Details, sie spricht die Lesenden direkt an, geht mit ihnen ins Gericht und bringt sie in Berührung mit ihren eigenen Vorurteilen und Ressentiments. Im Laufe der Geschichte wird klar, dass Kasih dabei eine höchst unzuverlässige Narratorin ist. Sie schreibt die Geschehnisse, die zu einem Hochhausbrand geführt haben, innerhalb einer Nacht auf und wartet dabei auf ihre Freundin Saya. Die Autorin lässt das Buch so mit einem Knall beginnen, sie wirft die Lesenden durch einen voranstehenden Boulevard-Artikel direkt ins Geschehen, bevor alles Stück für Stück durch vor Kurzem Geschehens und weit in der Vergangenheit Liegendes aufgedröselt wird.
Mich konnte Shida Bazyar mit ihrem harten, aufwühlenden und brandaktuellen Roman sehr begeistern. Sie wirft im Buch die Spotlights an, richtet sie auf alles, was in Deutschland enorm schief läuft, so schief, dass es Menschenleben kostet: Das immerwährende Misstrauen gegen alles vermeintlich Fremde, das so schnell in Hass umschlägt, rechten Terror und wie wir damit gesamtgesellschaftlich umgehen, Täter-Opfer-Umkehr, unmenschliche Debatten um Geflüchtete - ich kann gar nicht alles nennen, was die Autorin so furios und gekonnt anspricht. "Drei Kameradinnen" ist gegenwartsnah, bewegend und hochspannend zugleich - unbedingt lesen!