Es ist Ende 1914 und Major John H. Watson trifft auf den Schlachtfeldern von Flandern ein. Er möchte helfen das Leiden der Verwundeten zu lindern. Seine große medizinische Erfahrung dafür verwenden noch einmal etwas Gutes zu tun. Sein alter Gefährte Sherlock Holmes hat sich längst auf eine Farm in Sussex zurückgezogen, wo er sich der Bienenzucht widmet. Watson ist also allein. Einsam, aber nicht gebrochen, obwohl der Abschied von Holmes unter wenig glücklichen Umständen stattfand. Es kam zum Zerwürfnis zwischen den beiden, denn Holmes wollte nicht, dass Watson in den Krieg zieht. Ob aus Egoismus oder aus Sorge um seinen Freund ist nicht ganz klar, jedenfalls gingen die beiden im Streit auseinander.
Watson leidet darunter ebenso wie unter der entsetzlichen Brutalität des Krieges und den schwierigen Arbeitsbedingungen im Feldlazarett. Sehr schnell wird allerdings klar, dass man ihn kennt und nicht nur wegen seinem reifen Alter als Respektperson behandelt. Sein Ruf als Chronist von Sherlock Holmes eilt ihm voraus. Und ja, man möchte ihn sogar zur Detektivarbeit bewegen. Kein geringerer als Winston Churchill tritt mit einem solchen Anliegen an ihn heran. Aber mittlerweile scheint Watson mit diesem Teil seines Lebens abgeschlossen zu haben. Er möchte nur noch in medizinischer Funktion tätig sein.
Doch dann macht er eine unerwartete Entdeckung. Denn offenbar geht im britischen Lager ein Serienmörder umher. Seine Opfer sind verwundete Soldaten. Die Kriegsführung hält Watsons Verdacht für zu weit hergeholt und verlangt eindeutige Beweise. Wider seines Willens wird Watson also erneut zum Ermittler. Es gelingt ihm eine Verbindung zwischen den Opfern herzustellen, doch auf seinem Weg den Mörder zu entlarven gerät auch er selbst in tödliche Gefahr.
Die Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts bietet den Hintergrund für diesen Krimi. Ursprünglich wollte Robert Ryan einfach einen historischen Kriminalroman über den 1. Weltkrieg schreiben. Dann kam ihm die Idee Dr. Watson als Detektiv zu verwenden. In Seine Abschiedsvorstellung deutet Watson an, dass, sollte es zu einem Krieg kommen, er sich wohl erneut in die Dienste seines Vaterlandes stellen und als Arzt an die Front gehen würde. Schließlich wurde Robert Ryan sogar die Ehre zuteil, dass sein Buch vom Conan Doyle Estate offiziell genehmigt wurde.
Es dauert lange, sehr lange bis Dead Man’s Land zu einem Krimi wird. Zunächst geht es um das alltägliche Leben der Soldaten, die Mühen der Krankenschwestern, das Leiden der Verwundeten, das durch die primitiven Behandlungsmethoden nur geringfügig gelindert werden kann.
Ryan blickt auch auf die andere Seite der Front. Ein ganzer Erzählstrang ist einem deutschen Scharfschützen gewidmet, der die Aufgabe bekommen hat, Winston Churchill zu töten. Dieser war zu dem Zeitpunkt erster Lord der Admiralität, später Munitionsminister. Und obwohl man natürlich weiß, dass Churchill keineswegs im Ersten Weltkrieg ums Leben kam, wird diese Nebenhandlung doch sehr fesselnd geschildert.
Als Krimi bewegt sich der Roman, trotz der einigermaßen originellen Idee, doch eher im Mittelmaß.
Leider ist Watson hier nicht der Erzähler, wie man es aus den Sherlock-Holmes-Geschichten kennt. Mehr über seine Gedanken und inneren Zwiespälte zu erfahren hätte der Handlung noch eine gewisse Intimität verliehen.
Am Ende ist der Doktor noch einmal auf Schützenhilfe seines alten Freundes angewiesen, der so immerhin aus dem Hintergrund noch etwas zur Auflösung beitragen kann.
Ein wirklicher Sherlock-Holmes-Roman ist Dead Man’s Land trotzdem nicht. Eher ein interessanter historischer Kriegsroman, dessen Krimianteil nicht vollständig überzeugend in die Handlung integriert wurde.
Robert Ryan hat noch zwei Fortsetzungen verfasst. Wer sich für den Ersten Weltkrieg interessiert, dem ist die Trilogie durchaus zu empfehlen.