Rezension zu "Matthew Corbett und die Hexe von Fount Royal" von Robert R. McCammon
Diese Story besticht durch einen ganz eigenen Stil mit interessanten Charakteren, einem stimmigen Setting, historischen Hintergründen und ungeklärten Mordfällen, die einer vermeintlichen Hexe zu Lasten gelegt werden, die angeblich einen ganzen Ort verwünscht hat. Im Zentrum des Geschehens steht der junge Gerichtsdiener Matthew Corbett und sein väterlicher Freund und Vorgesetzter - Richter Isaac Woodward.
Beide sollen in der neuen Kolonie Fount Royal durch einen kurzen, effektiven Gerichtsprozess die schöne Rachel Howarth auf den Scheiterhaufen bringen, damit die Stadt endlich wieder aufatmen kann und nicht länger in den Klauen des Satans verharren muss. Doch während Woodward immer schwächer wird und sich sein zunächst harmloser Husten zu einer lebensbedrohlichen Krankheit auswächst, muss Matthew immer größere Teile des Prozesses übernehmen. Der weltoffene, neugierige junge Mann glaubt nicht an Hexerei, sondern versucht verzweifelt nach der Wahrheit und den Mördern, denn nach drei Tagen Gefängnisaufenthalts mit Rachel, ist er von ihrer Unschuld mehr und mehr überzeugt - doch die Zeit arbeitet gegen ihn und Verbündete gibt es keine. Erst wenn die Hexe brennt, sind die Bewohner Fount Royals zufrieden ...
Der Autor schreibt sehr bildgewaltig, gestochen detailliert und bedacht auf jede Nuance - dadurch bekommt dieses Buch einen stärkeren Umfang von gut 500 Seiten, obwohl manchmal nur genaue Arbeitsweise beschrieben werden, wie z.B. der Aderlass. Es bleibt kaum Ungesagtes im Raum stehen und das mag ich eigentlich nicht so gerne. Dennoch gelingt es ihm, eine spannend-historische Kulisse zu erschaffen und den Leser direkt mit hineinzuziehen, zu den dunklen Gestalten, den lästerhaften Weibsbildern, den machthungrigen Amtsträgern und einem Gewirr aus Lügen und Halbwahrheiten. Die Charaktere besitzen Format und wirken glaubwürdig, die Zeit an ihrer Seite zu verbringen und eigene Spekulationen anzustellen, bereitet hier das eigentliche Vergnügen.
Fazit: Ich vergebe 4,5 Lesesterne (aufgerundet 5), für ein gelungenes Gesamtpaket. Da es sich hier um den ersten Band einer ganzen Reihe handelt, möchte man direkt im Anschluss weiterlesen, zumal am Ende dieses Buches noch alles offen ist, die Hexe lebt und der Knackpunkt in der Frage liegt, ob es Matthew gelingen wird, die bösen Geister der Kolonie zu entlarven. Wer unterhaltsame Lektüre zum Abtauchen und Erleben sucht, ist mit diesem Schmöker gut beraten, wäre er nicht an manchen Stellen so unschön präzise (Peitschenhiebe/ Sodomie...), würde ich es auch jüngeren Lesern empfehlen, so jedoch braucht man starke Nerven und manchmal eher Scheuklappen.