Es fasziniert mich immer wieder, was Stars und Sternchen in diesen Autobiografien an Kindheitserinnerungen zu bieten haben. Sollte ich jemals auf die seltsame Idee kommen, eine eigene zu verfassen, wäre dieses Kapitel wohl sehr schnell abgehandelt. Ist bei anderen zwar ebenfalls so, doch jene stopfen die Erinnerungslücken dann mit einem Allerlei an belangloser literarischer Füllspachtelmasse. Wobei sich hier gleich eine wunderbare Überleitung zu Robs "Bekenntnis" ergibt, denn was sowohl die frühesten Erinnerungen, als auch den aktuellen Stand der Dinge betrifft, gibt es in diesem Buch keinerlei Schummeleien in Dehnungskapiteln.
Das waren noch Zeiten, als Iron Maiden 1980 im Vorprogramm von Judas Priest während einer Tour in Großbritannien spielten. Umgekehrt funktionierte das heute Unvorstellbare ebenfalls, als Judas Priest 1977 als Vorband während Led Zeppelins Amerika-Tour auftreten durften! Derlei schräge Konstellationen gab es zuhauf und jene verleiten zu weiteren Aufzählungen, was hier und jetzt aber vermieden werden soll. Schließlich sollen Leserinnen und Leser selbst auf Entdeckungsreise gehen, nicht zuletzt, um gravierende Wissenslücken zu füllen.
Selbst eingefleischten Fans dürfte da einiges entgangen sein, insbesondere was Rob Halfords Privatleben betrifft. Gerüchte gab es damals jede Menge. Während der engste Bekannten- und Freundeskreis weitgehend um Halfords sexuelle Ausrichtung wusste, litt er selbst viel zu lange an der ihm notwendig erscheinenden Geheimniskrämerei. Auch in der Band selbst war es kein Thema, denn nicht zuletzt war die eingeschlagene musikalische Richtung weitaus wichtiger und das zentrale Thema. Es lag an Halford selbst, die nötigen Schritte zu wagen, was 1998 auch gelang, wenn auch ebenso ungeplant wie unkonventionell.
Selbstverständlich gehören massive Drogenprobleme zum Alltag eines "Metal Gods" und ebensolche auf privater Ebene. Weder was die eine oder gar andere Seite betrifft, ist er aber der Meinung, etwas verschweigen zu müssen. Gut möglich, dass dies einem bestimmten Leserkreis unter Umständen viel zu weit geht. Für alle anderen zeugt diese radikale Selbstdarstellung von einer außerordentlich bodenständig wirkenden Fähigkeit, das eigene Leben von innen nach außen kehren zu können, und sich damit immer wieder selbst aus allen Widrigkeiten herauszuziehen, auch wenn er sich selbst einmal als "wandelndes Katastrophengebiet" bezeichnete. (Ob das für nicht wenige sogar als Therapieansatz taugen könnte?)
"Für ein gutes Schwätzchen bin ich immer zu haben", meint Herr Halford. Entsprechend viel hat dieses Buch zu bieten und ganz in diesem Sinne liest es sich auch. Zudem ist "Ich bekenne", unter Mithilfe des Musikjournalisten Ian Gittins, in seiner Dramaturgie extrem gelungen. Spannend, unterhaltsam und randvoll gefüllt mit der Entwicklung eines Mannes, der einmal als Bühnenassistent in einem kleinen Theater und neunzehnjährig als Verkäufer in einem Geschäft für Herrenbekleidung arbeitete! So spannend kann ein Leben sein, denn wie zum Teufel kann es vor diesem Hintergrund gelingen, zum Sänger einer weltberühmten Hevy-Metal-Band aufzusteigen?!
Dies herauszufinden macht, trotz der Schilderung privater Katastrophen, reichlich Spaß. Die gut 500 Seiten vergehen wie im Flug, und man bekommt es am Ende mit jenem seltenen Gefühl zu tun, diese Autobiografie gleich noch einmal lesen zu wollen. Zudem die Bandgeschichte von Judas Priest weitergehen wird, denn sie scheinen, nachdem 2020 "die Welt untergegangen ist", noch ein paar Asse im Ärmel zu haben ...
Rob Halford
Lebenslauf von Rob Halford
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Rob Halford
Ich bekenne
Confess: The Autobiography
Biblical: Rob Halford's Heavy Metal Scriptures
Neue Rezensionen zu Rob Halford
„Ich bekenne“ ist die Autobiografie von Rob Halford, dem Sänger der Metal Band Judas Priest.
Das Werk selbst kommt schon sehr beeindruckend daher. Das Hardcover mit den glänzenden, hervorstehenden roten Buchstaben und dem düster drein schauenden Rob Halford macht schon gewaltig etwas daher. Auf der Rückseite steht auch keine Inhaltsangabe, sondern es befindet sich dort ein jüngeres Foto des Sängers auf einem Motorrad. Heavy halt.
Die Biografie umfasst dicke 524 Seiten geballte Ladung Information. In der Mitte befinden sich auch ein paar Seiten mit Fotografien aus der Vergangenheit von Rob Halford.
Im Buch wird, glaube ich, nichts ausgelassen. Der Sänger erzählt sein Leben, man könnte sagen, ohne etwas zu verschönern oder auszulassen, weil es nicht passend wäre. Man erfährt wirklich viel Persönliches und Interessantes aus seinem Leben. Vielleicht auch Dinge, die man gar nicht so genau wissen möchte. Alleine der Gedanke, was man so alles in braune Umschläge packen kann …
Was soll ich sagen. Ich fand das Werk richtig gut. Schonungslos ehrlich und offen, sympathisch, verrückt, hart und doch auch schön und herzergreifend.
Ich mag Judas Priest und war selbst schon auf einem Konzert von ihnen. Ich hatte jedoch in den letzten Jahren ihre Musik irgendwie vergessen, weil andere Bands dazu kamen, die mir dann besser gefallen haben. Ich werde mir jetzt die letzten und auch die frühen Werke der Band anhören und dabei an die Lebensgeschichte des Sängers denken.
Mir hat das Werk komplett gut gefallen und freue mich darüber, es in den Händen halten zu können und ihm einen Ehrenplatz in meinem Regal zu geben.
Rezension zu "Ich bekenne" von Rob Halford
‚Ich bekenne‘ von Rob Halford ist ein Muss für alle Fans von Judas Priest, aber auch ohne die Band zu kennen oder gehört zu haben, lohnt es sich, diese Autobiografie zu lesen. Mir hat es auf jeden Fall gut gefallen.
Die Musik von Judas Priest fand ich immer schon toll, aber mit der Band hatte ich mich noch nie wirklich auseinandergesetzt. Als ich dann mitbekam, dass Rob Halford, der Sänger der Musikgruppe, eine Autobiografie geschrieben hatte, war ich sofort neugierig. Er ist inzwischen fast 70 Jahre alt und ich konnte mir vorstellen, dass er schon einiges miterlebt hat.
Das Buch an sich ist super gestaltet. Ein hübsches Hardcover, das richtig gut in der Hand liegt, dunkle Farben, was sehr gut zur Musik passt und auf der Rückseite, statt einen Klappentext, ein Foto von einem jungen Rob Halford in seinem Bühnenoutfit mit einem Motorrad. Wenn man nicht vertraut ist mit Judas Priest, erfährt man im Buch, was es damit auf sich hat.
Rob Halford erzählt in kurzen Kapiteln über sein Leben. Es fängt in seiner Kindheit an, wie er dann Sänger von Judas Priest wurde und was er so alles erlebte. Ein sehr wichtiger Teil der Erzählung handelt von seiner Homosexualität und wie er, aber auch sein Umfeld, damit umgegangen ist. Mich hat es begeistert, dass, obwohl manchmal ziemlich unschöne Sachen erzählt wurden, man trotzdem nicht extrem dadurch belastet wurde. Der Text bleibt irgendwie immer locker. Es ist, als ob man in einer Bar sitzt und einen Mann zuhört, der ganz spontan über sein Leben redet. Ein Mann, der erzählt, was ihm widerfahren ist, ohne irgendwas zu dramatisieren. Er sagt einfach, was passiert ist und wie er sich dabei gefühlt hat. Ab und zu schüttelt man mit dem Kopf, aber meistens macht es einfach nur Spaß zu erfahren, was er alles erlebt hat.
Ich fand es unglaublich toll, tiefe Einblicke in das Leben von Rob Halford und in die Erlebnisse von Judas Priest zu bekommen. Man lernt die anderen Bandmitglieder kennen, was so vor sich geht, während sie ein Album aufnehmen und wie die Dynamik in der Band ist. Rob Halford lernt man als ganz sympathischer und bodenständiger Mensch kennen.
Für mich hat es sich gelohnt, diese Biografie zu lesen. Sie enthält nicht nur viel Informationen über die Band und das Leben von Rob Halford, aber ist dazu auch noch ganz spannend geschrieben. Schwere Themen, wie zum Beispiel Alkohol- und Drogensucht und die Entwicklung, wie die Gesellschaft mit Homosexualität umgeht, werden nicht aus dem Weg gegangen, aber nüchtern besprochen. Diese Geschichte lässt dem Leser mit einem guten Gefühl zurück. Es ist die Erzählung eines Menschen, der viel erlebt, es aber trotzdem geschafft hat, sich immer wieder aufzurappeln und weiterzumachen. Empfehlenswert!
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