Wieder einmal ist es Richard Brandes gelungen, einen hervorragenden und spannenden Kriminalroman zu verfassen, der mich von der ersten bis zur letzten Seite begeistert hat.
Carla Stach, die Hauptfigur seiner Serie, ermittelt diesmal aufgrund eines Hinweises, mit dem sie selbst gar nichts anfangen kann. Der Initialhinweis kommt von einer Wahrsagerin, und Carla hält Hellseherei schlichtweg für Hokuspokus. Doch dann finden sich Hinweise darauf, dass Maria Kaiser, die Hellseherin, tatsächlich einen Mord "gesehen" hat.
Brandes gelingt es, dass Thema Hellseherei mit all seinen Facetten aufzuzeigen - der Faszination für das mystische, ethnologische Aspekte, aber auch die kommerzialisierte Seite der Esoterik und sogar das interessante Thema der Zusammenarbeit der Polizei mit Hellsehern - ohne dass "Nebel über der Uckermark" zu einem Sachbuch wird. Durch den häufigen Perspektivwechsel, den der Autor hervorragend beherrscht, kommt es auch nicht zu einem Be- oder gar Herabwerten der unterschiedlichen Sichtweisen. Vielmehr entwickelt sich zwischen den Protagonisten ein interessanter Diskurs zum Für und Wider und zur Glaubwürdigkeit von Maria Kaiser.
In einem zweiten Strang ermittelt Carlas Kollege Maik ondercover in einer rechtsextremen Organisation, der brutale Morde zugeschrieben werden. Auch hier hat Brandes hervorragend recherchiert und bezieht eindeutig Stellung gegen demokratiefeindliche Umtriebe wie den Reichsbürgen und Verschwörungserzählern.
Exkurs: Die rechtsextreme Bewegung war schon zu ihren Anfängen im späten 19., beginnenden 20. Jahrhundert nicht einheitlich, und ist es bis heute nicht. Das ändert jedoch nichts an ihrer Gefährlichkeit. Wer mag, kann sich darüber im Verfassungsschutzbericht informieren oder in historischen und politischen Publikationen. Vorausgesetzt man geht nicht von vornherein davon aus, dass es sich bei Staatsorganen, Wissenschaftlern und Presse lediglich um gleichgeschaltete Institutionen handelt.
Im Roman werden bestimmte Themen angerissen wie etwa die Renaissance rechtsextrem-esoterischen Gedankenguts bei Klima-Leugnern und Gegnern der Corona-Schutz-Maßnahmen, und Brandes liefert auch eine interessante psychologische Erklärung für die Hinwendung zu einfachen Lösungen. Er zeigt aber auch auf, dass sich hinter einer Hinwendung zum Rechtsextremismus ein individuelles Schicksal verbergen kann.
Der Krimi selbst ist von Anfang an fesselnd, wozu der an einen Thriller erinnernde Schreibstil mit kurzen Kapiteln und Cliffhängern beiträgt. Ich konnte gar nicht anders, als das Buch in einem Rutsch durchzulesen. Dabei blieb der Spannungsbogen bis zum Schluss erhalten. Und natürlich spielt auch die Natur, diesmal die Wälder der Uckermark, auch wieder eine wichtige Rolle, durch welche die besondere Atmosphäre der Bücher von Richard Brandes unterstrichen wird.