Rezension zu "Caretta Caretta" von Paulus Hochgatterer
Paulus Hochgatterer ist ein echter Wiener, das merkt man gleich auf den ersten Seiten, wie er die Stadtteile aufzählt, etwas darüber erzählt, und mir hat das als Wienerin gefallen. Alles andere nicht.
Das Buch dreht sich um einen Jungen, der sich prostituiert und jede Menge Drogen einnimmt und vertickt. Wie man es eben aus solchen Büchern kennt. Doch der Anfang war interessant, wie er schwarzfährt, dem Schaffner die Nase bricht und sich später im Schlafabteil versteckt, wo es ihm gelingt, einen riesigen Revolver zu ergattern. Das war aufregend, das war spannend und mit der Waffe kam sich der Junge unbesiegbar vor. Ich habe mich als Leser darüber gefreut und die ganze Zeit wollte ich wissen, was für eine Rolle dieser gewaltiger Revolver im späteren Verlauf spielen wird.
Sie spielt keine Rolle. Absolut keine.
Sie ist halt da, er nimmt sie mit zu sich nach Hause, trägt sie ständig bei sich, schmuggelt es über die Grenze in die Türkei, wo man erwartet, dass sie endlich eine tragende Rolle bekommt, aber das tut sie nicht. Die ganze blöde Geschichte hätte auch ohne den Revolver funktioniert. Er ist halt da und das war es und das habe ich damals auch bei den anderen Geschichten von dem Autor bemängelt: Er baut ein Detail ein, beschreibt es, baut alles Mögliche um dieses Detail auf, sie kriegt eine Vorgeschichte, sie spielt kurz eine Rolle und später ist sie dem Autor so völlig egal, dass er dieses Detail verschwinden lässt.
Dabei war ich mir sicher, der Protagonist würde damit irgendeinen Blödsinn anstellen, sich in die Klemme bringen, einen Konflikt auslösen, den er nicht richten kann. Passiert nicht. Als würde sich der Autor über den Leser lustig machen.
Überhaupt scheint es für den Protagonisten gar keine Konsequenzen zu geben. Egal, was er auch anstellt, was für eine Scheiße er auch baut, er muss sich nicht ihnen stellen, es gibt keine Konsequenzen. Das ist so falsch, so verlogen, so realitätsfern, dass das Buch Minussterne verdient und der Autor sich dafür schämen sollte. So eine verdammte Zeitverschwendung!
Mir hat der Protagonist gefallen. Ich fand seine Art zu erzählen interessant und wie er ständig gelogen hat, egal, wie unwichtig die Frage auch war, er musste lügen. Der Stil hat mir auch gefallen. Und bis zum Schluss hatte der Autor einen Spannungsbogen kreiert, dem ich gern gefolgt bin, aber in den letzten Seiten habe ich schließlich gemerkt, dass der Autor gar keine Idee hatte, wie er das Buch beenden sollte, also hat er daraus ein bescheuertes Ende gemacht, das sich so angefühlt hat, als wollte er seinem Leser ins Gesicht spucken.