Rezension zu "Den Himmel stürmen" von Paolo Giordano
Ich mag Paolo Giordano. Erscheint ein neues Buch von ihm, kaufe ich es mir. Sein Ansatz bei Geschichten entspricht so gar nicht dem, wie ich an die Dinge herangehen würde. Deshalb ist er immer erfrischend anders und spannend für mich.
So auch hier. Müsste ich ein Buch über Öko-Bewusstsein, Religion und Umweltschutz schreiben, würde es so ganz anders aussehen als dieses Werk. Leider hört sich damit die positive Seite, die ich dem Werk abgewinnen kann, auch schon wieder auf.
Ich werfe dem Autor hier mal vor, extrem unsympathische ProtagonistInnen erfunden zu haben. Schon nach den ersten Kapiteln war mir unsere Heldin nicht nur schnurzegal, sondern richtiggehend zuwider. Allein die Art wie sie mit ihrer Großmutter umging, fand ich scheußlich. Und dann geht’s erst richtig los. Kapitel um Kapitel lernen wir mehr, ja, „Unmenschen“ kennen. Und damit nicht genug. Im Wesentlichen spielt sich das Gros der Handlung in einer ethisch fragwürdigen Öko-Sekten-WG ab, deren Mitglieder untereinander Begehrlichkeiten entwickeln, über die ich gar nicht länger nachdenken will. Dieses Setting steigert sich schließlich bis zu einem über die Maßen kuriosen Ende in Island mit dem ich so gar nichts anfangen konnte. Vom Frauenarzt und seinen Beziehungen zur Ukraine will ich mal gar nicht reden. Was ich am seltsamsten finde – Giordano kann schreiben. Der Kreis schließt sich und alles kommt zu einem runden Ende. Die Komposition ergibt Sinn, die Sprache ist schön. Ewig schade bei dem Inhalt!
Fast zwei Jahre habe ich für dieses Buch gebraucht und ich stelle mir grade die Frage, wie viele andere tolle Bücher ich in der dafür benötigten Lesezeit entdecken hätte können. Wenn der gute Paolo sich beim nächsten Wurf mal lieber mehr Mühe gibt.