Rezension zu "Lempi, das heißt Liebe" von Minna Rytisalo
Ein Hörbuchhighlight aus 2020! Überraschend, emotional, mitreissend und poetisch.
Aus drei verschiedenen Perspektiven und von drei verschiedenen Ich-Erzählern nähert sich dieser Roman der Titelheldin Lempi und dem Thema Liebe. Der Prolog baut von der allerersten Seite an eine Spannung auf.
Viljami, der Bauernsohn aus finnisch Lapland, kehrt aus dem Krieg zurück und muss feststellen, dass seine geliebte junge Frau Lempi verschwunden ist. Die Trauer übermannt ihn derart, dass er sich ein Weiterleben nicht vorstellen kann. Im ersten Teil dieses geschickt aufgebauten Romans trauert Vljami um Lempi, blickt verklärt zurück auf ihr gemeinsames glückliches Jahr.
Im zweiten Teil lernen wir aus der Sicht der Magd Elli eine ganz andere Lempi kenne. Eine verwöhnte, launische Lempi, die von Elli zutiefst beneidet und gehasst wurde. Von Elli erfährt man dann auch, was es mit Lempis Verschwinden zu tun hat.
Im dritten Teil schliesslich kommt Lempis Schwester Sisko zu Wort. Dieser Teil hat mich zuerst nicht so interessiert. Ich dachte, ich wüsste ja jetzt praktisch alles. Und dass Sisko doch gar nicht so viel mit Lemi und Viljami zu tun hätte… Weit gefehlt! Als ich das Buch beendet hatte, muss ich diesen Teil gleich noch ein mal lesen! Für mich ist Sisko sowohl die sympathischste als auch die interessanteste Figur in dieser Geschichte!
Absolute Leseempfehlung! Ein sehr spannendes und nachdenklich machendes Buch, das mich sehr bewegt hat.
„In der Wegbiegung sieht man sie schon gut, da kommt sie, näher, schärfer umrissen, noch näher, bis hierher, trägt einen großen Koffer, bleibt stehen und stellt ihn ab, schwer ist er nicht, man sieht es am Wackeln. Sie streift sich übers Ohr, verlagert das Gewicht. Ihre Hüfte rutscht zur Seite, unter der Kleidung zeichnet sich die Unterhose ab, ihr Pony ist zu hübschen Seitenwellen frisiert, und sie fragt, ob das hier Pursuoja sei.
(…)
Der Mann auf der Treppe ist wie erstarrt, die ganze Welt bleibt stehen, die Vögel schweigen, die Tanne in der Hofmitte horcht, nichts wächst, keine Welle schlägt ans Ufer in diesem Moment, da die Welt darauf wartet, in eine neue Position zu rücken, und dies ist das Ende aller Dinge, und es ist der Anfang aller Dinge. „