Rezension zu "Zwischen uns ein ganzes Leben" von Melanie Levensohn
Ich mag besondere Geschichten. Und genau das ist „Zwischen uns ein ganzes Leben“! Es geht um ein Versprechen, das Jacobina ihrem Vater am Sterbebett gegeben hat sowie um die Freundschaft zwischen Jacobina und Beatrice. Beatrice hilft Jacobina dabei, das Versprechen einzulösen. Ohne das es ihr zunächst bewusst ist, begibt sie sich dabei aber auch auf eine Suche nach sich selbst und findet endlich ihren Platz im Leben.
Das besagte Versprechen dreht sich darum, dass Jacobina noch eine Halbschwester – eine Jüdin – hat, die damals in Zeiten des zweiten Weltkrieges verschwunden ist. Jacobina selbst ist aufgrund ihres Alters nicht mehr in der Lage dazu, aktiv nach ihrer Halbschwester Judith zu suchen. Die Suche wird daher von Beatrice übernommen, die wirklich alle Heben in Bewegung setzt, um ihrer Freundin eine Hilfe zu sein.
Das Buch ist so geschrieben, dass immer wieder Rückblenden zu damals erscheinen, die von Judith’s Leben erzählen. So baut der Leser nicht nur zu Beatrice und Jacobina eine Beziehung auf, sondern auch zu Judith.
Der Schreibstil ist sehr einladend und fesselnd. Emotional geschrieben, aber nicht übertrieben. Es ist ein Buch, das man nicht aus der Hand legen kann, bei dem man es aber auch einfach bedauert, wenn man es durch gelesen hat.
Die Charaktere könnten unterschiedlicher kaum sein, sowohl was ihre Art betrifft, als auch ihre Lebenswege. Und trotz aller Unterschiede sind die doch irgendwie durch das Schicksal miteinander verbunden. Selbst Beatrice, die ja als eigentlich Außenstehende eher eine Randfigur spielt, was die Familiengeschichte angeht. Obwohl „Randfigur“ es wahrscheinlich gar nicht wirklich trifft, denn sie gehört ja nicht zur Familie.
Das Buch ist auf jeden Fall durchweg spannend. Das Ende hat mich irgendwie überrascht. Zuerst dachte ich „oh mein Gott, das ist jetzt aber doch eine Nummer zu viel“. Nach einem Moment des Nachdenkens musste ich mich hier aber wieder korrigieren. Denn auch wenn das Ende auf den ersten Blick ein bisschen zu abwegig erscheint denke ich, dass das Leben doch genau so ist. Es liegen Chancen vor uns, die wir aus den verschiedensten Gründen übersehen und erst bemerken, was wir hätten haben können, wenn es zu spät ist. Im Leben geht es so oft um verpasste Gelegenheiten, dass das Ende des Buches der Realität in vielen Dingen doch schon sehr nah kommt.