„Nevo wusste, dass es Wirklichkeit war. Ein Traum schmeckte anders. Ein Traum wäre längst wieder vorbei gewesen. Ein Traum tat nicht so weh.“ (Seite 30/31)
Für die Zielgruppe ein spannendes Abenteuer, für Thriller/Horrorfans ein durchaus aufregender Spaziergang durch ein merkwürdiges Haus und der Kampf um eine Freundschaft.
Nevo und Juma sind beste Freundinnen, die ihre Zeit Tag ein, Tag aus zusammen auf Etage Zinnober 4 verbringen. Die zwei Mädchen, deren Wohnungen gleich nebeneinander liegen, kennen nichts anderes als diese Etage in einem gigantischen Hochhaus, dessen Ende niemals in Sicht ist. Obwohl Zinnober in Sachen Komfort viel Entwicklungspotential nach oben lässt, wissen die Mädchen wie dankbar die Mütter für diese Wohnungen sind und wie sehr sie sich vor dem Abfall auf einer anderen Etage fürchten.
Die Hausverwaltung führt ein strenges Regime, welches schon (spielen) „herumlungern“ auf dem Flur verbietet und bestraft. Während Nevo sich nur eine Ermahnung einhandelt, verunglückt Juma im Wäscheschacht und landet auf einer völlig anderen Ebene.
Für Nevo ist das ein Startschuss ins Abenteuer mit der Mission ihre beste Freundin zu retten.
„Ein Abenteuer sollte es werden, und gefährlich sollte es sein, aber doch nicht so gefährlich, dass auf sie geschossen wurde!“ (Seite 98)
Nevo ist eine unglaublich liebenswerte Protagonistin. Ich mochte ihre Loyalität gegenüber ihrer Freundin Juma. Sie ist clever und gibt sich nicht mit den herrischen Regeln der Hausverwaltung zufrieden. Während die Erwachsenen nicht die Courage besitzen nach Antworten zu suchen, oder gar erst einmal Fragen zu stellen, ignoriert Nevo das System in seinem ganzen totalitären Fundament.
Sie ist sehr mutig und auch neugierig. Trotzdem hat mir oft gefehlt, dass sie das System und auch die wenigen Menschen die ihr begegnen (mehr) offener hinterfragt.
Der Weltenaufbau hat so unglaublich viel Potential, geht aber in zu einfachen Wiederholungen verloren. Die ganze Story hätte etwas flinker oder Detailreicher sein können. Ich habe es etwas spektakulärer erwartet, wobei es durchaus spannende Momente gab.
„Wenn du frei sein willst, musst du die Regeln brechen. Wenn alle frei sein sollen, musst du die Regeln ändern.“ (Klappentext)
Diese zwei Sätze haben mich unglaublich geflasht und ich dachte, da folgt eine echt coole Story, in einem genialen Setting, welches vielleicht auch (in einfacher/verständlicher Form) Kritik an der Gesellschaft übt. Leider hat es damit nicht ganz meine Erwartungen erfüllt. Die Suche nach Juma, Nevo ihrer besten Freundin, ist durchaus aufregend und enthält unglaublich viel Potential, aber je tiefer man absteigt, um so simpler wird die Lösung.
Es wird Etage für Etage vorhersehbarer und der langsam aufgebaute Twist verpufft einfach. Es bleiben unglaublich viele offene Fragen und das Ende erscheint nicht Zukunftsfähig. Die ein oder andere Logiklücke ist immer mal wieder zu finden.
Dennoch ist UNTEN ein netter Jugendroman, der sicherlich in seiner vorgesehenen Zielgruppe gut und aufregend unterhalten wird.