Rezension zu "Tief eingeschneit" von Louise Penny
Man sollte meinen, Curling (oder Eisstockschießen) würde zu den ungefährlichsten Sportarten zählen, die man sich vorstellen kann, dennoch endet der alljährliche Curling-Wettbewerb im beschaulichen Three Pines mit einem unerwarteten Todesfall. Und das nicht etwa, weil jemand der Teilnehmenden auf dem zugefrorenen See durchs Eis gebrochen und ertrunken wäre, sondern weil es auf den Publikumsrängen zu einem verhängnisvollen Stromschlag kommt, der eine Zuschauerin das Leben kostet. Man könnte an einen tragischen Unfall glauben, wenn das Opfer nicht ausgerechnet Cecilia de Poitiers wäre – eine hartherzige Frau, die im ganzen Dorf zu Lebzeiten nicht sonderlich beliebt war und sich unter der eigentlich friedliebenden Bevölkerung mit ihrem oft schroffen und rücksichtslosen Verhalten keine Freunde gemacht hat.
Allzu friedlich scheint es in Three Pines dann aber doch nicht zuzugehen, denn in “Tief eingeschneit” ist das idyllische Städtchen inmitten der kanadischen Wälder schon zum zweiten Mal Schauplatz eines gewaltsamen Todesfalls, was auch den ermittelnden Inspector Armand Gamache wundert, der sich nun bereits zum zweiten Mal aus dem großen Montréal auf den Weg machen muss, um in der Dorfgemeinschaft für Recht und Ordnung zu sorgen.
Ähnlich wie im ersten Gamache-Krimi “Das Dorf in den roten Wäldern” geht es auch im zweiten Band zumeist recht gemütlich zu, denn auch hier handelt es sich zweifelsfrei um einen Vertreter des “cosy crime”-Genres. Dabei steht natürlich auch wieder die malerische Kulisse im Fokus, die diesmal im verschneiten Zustand einen stimmungsvollen Rahmen für die Handlung bietet und für kuschelig-winterliche Atmosphäre sorgt.
Dennoch verbirgt sich hinter der vielleicht sogar etwas kitschig wirkenden Fassade auch wieder ein seriöser Kriminalroman, der zwar ohne explizite Gewaltdarstellungen und atemberaubenden Nervenkitzel auskommt, aber mit gleich einem ganzen Dorf an potenziellen Verdächtigen kräftig zum Miträtseln einlädt. Auch die Hauptfigur überzeugt erneut als besonnener Ermittler ohne große Macken und genretypische charakterliche Beschädigungen, dessen Waffen in erster Linie ein scharfer Verstand und ausgeprägte Menschenkenntnis sind. Dazu kommt die gute Lesung von Schauspieler Hans-Werner Meyer, der zwar nicht bei allen Charakteren hundertprozentig den passenden Ton trifft, die Geschichte aber routiniert und mit einem gewissen Witz charmant erzählt. Das alles macht “Tief eingeschneit” zu einem unterhaltsamen und atmosphärischen Kriminalroman für alle, die es in diesem Genre eher ruhig mögen und/oder die passende Lektüre für lange und gemütliche Winterabende suchen.