Rezension zu "Yinka, wo bleibt dein Date?" von Lizzie Damilola Blackburn
Am Klappentext fasziniert hat mich, dass sie in einer nigerianischen Familie spielt und ich zu dieser Kultur keinen Bezug hatte. Außerdem fand ich interessant, das Thema Dating vor einem anderen Hintergrund, nämlich dem familiären Druck, zu erleben. Letztlich fehlt es dem Buch an Biss und das Happy End wird zu schnell auf den Weg gebracht. Ich habe schon Figuren erlebt, die sich "besser" zerstört haben.
Rezi enthält Spoiler!
Worum geht es?
Yinka ist Anfang 30 und arbeitet in der Finanzbranche. Seit der Trennung von Freund Femi möchte ihre Mutter jedoch, dass sie endlich Mann und Kinder bekommt. Sie betet sogar öffentlich für sie. Als schließlich ihre Cousine Rachel heiratet, wird das Problem drängender.
Meine Gedanken zum Buch
Yinka bringt interessante Ansatzpunkte mit: Sie arbeitet strukturiert, am liebsten mit Post-Its, mag fritiertes Hähnchen und kann nicht kochen. Leider fühlt sie sich aber auch von allen benachteiligt. Das braucht man als Leser, damit man mitfühlen und mit der Figur wachsen kann. Aber hier war's zuviel.
Trotzdem konnte ich an einigen Stellen mitfühlen. Zu sehen, wie sich Yinka mit jeder Ablehnung tiefer in ihren Frust steigert, das war traurig. Vor allem, weil sie von anderen nicht gehört wird. Bezeichnend ist, dass sie auf dem Probeessen ihrer Wut Luft macht, damit andere verletzt - aber sich keiner um sie kümmert. Ich glaube, für ihre Umwelt ist Yinka besonders, weil sie sensibler ist und ihre Gefühle nach außen trägt. Ihre Freund:innen wissen damit aber nicht umzugehen.
Das Kollektiv ist vielseitig und ein bisschen divers: Yinkas Schwester ist früh schwanger geworden und somit das Gegenstück zu Yinka. Doch auch sie steht unter dem Druck, Karriere zu machen. Außerdem gibt es eine Cousine, es gibt Rachel und es gibt zwei (leibliche) Tanten. Eine der beiden hat die Karriere der Familie vorgezogen und lebt ohne Partner in einem Haus. Sie steht Yinka oft bei, wenn ihre Mutter sie unter Druck setzt. Interessant ist, dass Yinkas beste Freundin und Mitbewohnerin aromantisch ist, also keine romantischen Beziehungen eingeht. Ich mag, dass sie immer zu Yinka hält. Außerdem gibt's einen schwulen Freund.
Auch bei den Männern weiß uns die Autorin auf eine falsche Fährte zu locken: Es gibt den netten Kerl, den geläuterten Mobber, den viel zu schönen Mann, der sich vom Foto in eine andere verliebt. Und den Ex. Ich fand die Männer nicht immer glaubwürdig, aber ich mochte die Idee, dass sich Menschen ändern können.
Das zentrale Thema des Buches ist der Druck, den Yinka und ihre Schwester vonseiten der Mutter bekommen. Diese möchte für beide Sicherheit in Form von Arbeit und vor allem einem Mann. Dieser Druck scheint auch bei anderen Familien verbreitet zu sein und führt dazu, dass die Schwestern zu Konkurrentinnen werden, anstatt sich zu verbünden. Am Ende gibt es nur einen kleinen Lichtblick. Ich finde es wichtig, das anszusprechen. Man vertraut seiner Familie und fühlt sich als Versager:in, wenn man das Ideal nicht erfüllen kann. Außerdem führt dieser Stress zu Minderwertigkeitskomplexen, die sich über Jahre manifestieren.
Umso irritierter war ich, dass sich am Ende alles schnell löst: Nach 83 % beginnt Yinka auf Druck ihrer Mitbewohnerin und ihres Love-Interest eine Therapie, nach 85 % auch andere Figuren und plötzlich ist der Konflikt mit der Mutter gelöst. Aus meiner Sicht sind die Motive der Mutter verständlich und die Figuren haben das gut herausgearbeitet. Ich denke aber auch, dass man eine Beziehung, die über Jahre kaputt gegangen ist, nicht in ein paar Sitzungen kitten kann.
Das Thema "Therapie" sehe ich zwiespältig: Ich finde es wichtig, dass das Tabu aufgelöst wird, aber hier wird uns die Therapie als Allheilmittel verkauft. Manche Menschen kommen mit dieser Form der Bewältigung klar, andere nicht. Auch der Mensch, mit dem man redet, spielt eine Rolle. Außerdem wird das Thema aus meiner Sicht nicht gut eingebunden - der Prozess der Veränderung wird nicht spürbar, es wirkte nicht immer realistisch. Des Weiteren erleben wir die Therapie nur in Stücken - manche Dinge werden in den Passagen nicht erzählt, dafür aber später aufgegriffen. Ich hatte das Gefühl, dass etwas fehlt.
Die nigerianische Kultur war mäßig eingebaut: Es geht oft um's Essen, Kleidung und das Christentum, aber leider wird's nicht gut erklärt. Besonders Jollofreis wird oft erwähnt, aber erst im letzten Drittel erklärt, wie er genau gemacht wird. Ich habe ein grobes Gefühl für die Kultur bekommen, aber bei den Details gab's Fragezeichen.
Fazit
"Yinka" hat einen interessanten Konflikt und baut die Psychotherapie ein. Dennoch war's am Ende zu sehr Liebesgeschichte und einfach ein bisschen zu schön, um besonders zu sein.