Mit "Danger - Das Gebot der Rache" habe ich auch den zweiten Band in der richtigen Reihenfolge nachgeholt, da ich vor einer ganzen Weile fälschlicherweise dachte Band Nummer drei "Shiver" wäre der Start der Reihe. Aus diesem Grund kamen mir auch die ausgearbeiteten Charaktere unvollständig vor, auch wenn ich nach "Pain - Bitter sollst du büßen" genauso wenig über die Detectives Bentz und Montoya wusste - zumindestens ein klein wenig mehr.
Handlung: Ein weiterer Serienkiller macht New Orleans unsicher - und die Medien rätseln ob der Rosenkranz Mörder doch nicht tot ist und erneut sein Unwesen treibt. Denn alle bisherigen Morde scheinen ebenfalls einen religiösen Einfluss zu haben. Und schließlich konnte Vater Johns Leiche nie aus dem Sumpf geborgen werden... Während die Polizei bereits vor einiger Zeit eine Leiche mit einem Heiligenmedaillion gefunden hatte - eine Prostituierte namens Cathy Adams, erwürgt, mit kahl rasiertem Schädel und in eine merkwürdige Position zwischen einer Jesus Figur und einem Martin Luther King Gemälde gebracht - schien dieser Mord nicht vom Rosenkranzmörder verübt worden zu sein, was Bentz dazu bringt sich auf ein neues Täterprofil festzulegen. Als Olivia Benchet in sein Büro platzt und davon spricht Visionen von Frauen zu haben, die grausam gefoltert und ermordet werden, glauben die Detectives ihr zunächst nicht. Ihre Familiengeschichte einer verstorbenen katholischen Großmutter, die Voodoo praktiziert hat, einer Mutter, die ständig jeden Typen heiratet und einem Vater, der wegen schwerer Verbrechen fast ihr ganzes Leben lang im Knast war, helfen Olivia auch nicht gerade seriöser zu wirken. Doch bald findet die Polizei genau die Art von Leiche, die Olivia in ihrer Vision gesehen hat: beinahe enthauptet und verbrannt. Rick Bentz ist sich sicher: Der Mörder muss eine Verbindung zu Olivia Benchet haben - anders ließe sich ihre außersinnliche Wahrnehmung nicht erklären....
Einstieg: Wie auch in den anderen Bücher der New Orleans Reihe, beginnt "Danger" aus der Sicht des Mörders. Kranker, fanatischer Wahnsinn, der sich erst aufzuwärmen scheint. Direkt wird dem Leser deutlich vor Augen geführt, was der Erwählte - wie er sich selbst nennt - von Detective Rick Bentz hält, und dessen Tochter. Nur mit Mühe kann er seine perversen Fantasien zügeln. Wirklich unheimlich wird es, als er glaubt beobachtet zu werden und dennoch ist niemand in seiner Nähe.
Stimmung beim lesen: Das Muster des Gefühls beobachtet zu werden, zieht sich durch das Buch, als hätten die meisten Charaktere gewisse Ahnungen, die unheimlich wirken sollen, jedoch durch den gefühlt endlosen Gebrauch etwas an Spannung verlieren. Der Leser soll deutlich wissen, dass fremde Mächte am Werk sind, die niemand erklären kann - schon gar nicht die Autorin. Lisa Jackson setzt voll auf die übernatürliche Vorstellungskraft des Lesers, was bei mir auch super funktioniert hat. Nur wie gesagt wurde es irgendwann einfach zu viel, da nicht nur eine Person diese Gefühle hatte, sondern fast alle, die es meist mit einem Schulterzucken verdrängt haben. Es ist also nur ein Effekt um dem Leser eine Gänsehaut zu entlocken.
Protagonisten: Mit "Danger" schienen meine Wünsche nach mehr Charaktertiefe dann auch endlich in Erfüllung zu gehen, zumindest wenn es um Rick Bentz geht. Da er im Fokus eines weiteren Serienkillers steht, der ebenso zu religiösem Fanatismus neigt, bekommt man einiges Privates von Bentz mit. Seine Tochter hat einige Auftritte, ist sogar eine zentrale Figur der Geschichte. Wie nah und trotzdem voneinander entfernt Bentz und Kristi sind und wieso. Betrug, Schmerz, Familientragödie, verkorkste Liebesbeziehungen, Aufopferung. Und nicht zu vergessen mehr darüber, was Bentz in L.A. passiert ist und wieso er seinen Job nur in New Orleans weiterführen konnte. Detective Ruben Montoya ist irgendwie kein wirklicher Teil der Geschichte, auch wenn der Frauenheld plötzlich vorgibt monogam zu leben, trotzdem aber noch gerne flirtet und Bentz weiterhin mit dessen nichtvorhandenem Privatleben aufzieht. Dass Montoya mehr am Rand der Erzählung steht, hilft jedoch mehr von Bentz' Geheimnissen herauszufinden: z.B. was ihn mit einem Priester namens Vater McClaren verbindet. Bentz scheint die Mordermittlungen ganz alleine zu bearbeiten - natürlich mit der Hilfe von Olivia Benchet, die vorgibt Visionen von diesen Morden zu haben. Auch von dieser toughen Studentin der Psychologie und Mitarbeiterin in einem New Age laden, die von Tuscon nach New Orleans gezogen ist um den Nachlass ihrer verstorbenen Großmutter zu verwalten, erfährt man sehr viel Alltägliches. Ihr geerbert Hund und Papagei geben dabei eine recht unterhaltsame Gesellschaft ab und ich persönlich finde Charaktere mit Haustieren ja automatisch sympathischer.
Vater James McClaren bleibt eine kurze Weile recht undurchschaubar, bis die Enthüllung seiner Geschichte wie eine Bombe einschlägt.
Kristi Bentz hingegen, typische Rebellin, war mir nicht wirklich sympathisch, auch wenn ich ihren Frust und den Grund ihrer unruhigen Charaktereigenschaften (schnell gelangweilt, nicht gerne gebunden, liebt die Herausforderung) sehr gut verstehen konnte. Im Grunde ist sie aber verdammt tough und auch verletzlich, weshalb man ihr einfach eine Chance geben muss.
Schreibstil: Durch die abwechselnden Betrachtungswinkel der Charaktere entstehen genau die richtigen Szenen zur richtigen Zeit. Der zeitliche Stempel wird deutlich in den Fokus gerückt, da er für die Geschichte wichtig ist und genau das macht es so einfach das Buch regelrecht zu verschlingen. Leider ist es mir ein paar Mal passiert, dass ich ein paar Dialogzeilen erneut lesen musste, weil beim ersten Mal nicht deutlich war welche Zeile welchem Charakter zugeordnet werden kann.
Positiv: Alles ist sehr detailliert geschrieben und man kann sich wunderbar in die Stadt New Orleans hineindenken. Die Schauplätze wirken düster, faszinierend und lebhaft. Auch Randfiguren wie vorbeigehende Passanten, Gerüche und Geräusche der Stadt scheinen ein eigener Charakter in diesem Buch zu sein. Ich war einfach fasziniert, wie glaubhaft jede Szene geschildert wurde und mir sofort die Bilder in den Kopf gezaubert haben.
Negativ: Auch im zweiten Band gibt es ein Muster des "Oh Gott, das darf nicht sein, das geht alles zu schnell" und "Eigentlich bist du mir ja unheimlich, aber ich ignoriere das zu meinem eigenen Vorteil", was - gelinde gesagt - ein wenig anstrengend war. Besonders in Sachen Beziehung, Liebe und Leidenschaft ist "Danger" eine Herausforderung nicht ständig genervt die Augen zu verdrehen und das Bedürfnis zu unterdrücken die Charaktere schütteln zu wollen und zu schreien "Jetzt entscheidet euch endlich, damit es hier weitergehen kann". Dieses Wechselseitige ist "leider" aber auch ein kleiner Teil, der zum Charakterhintergrund von Detective Bentz gehört und ihn dadurch klarer erscheinen lässt. Eine Art notwendiges Übel also.
Fazit:
"Danger - Das Gebot der Rache" hat sich in Thriller-Qualität im Vergleich zu "Pain" deutlich gesteigert und mir bessere Vorstellungen von den Charakteren und ihren persönlichen Geschichten vermittelt. Der Hauptfokus liegt auf Detective Bentz, der fast im Alleingang mit Olivia den Fall löst, während Detective Montoya kaum vorkommt. Auch der religiöse Effekt des Buches hat mir dieses mal besser gefallen, er war klarer zu verstehen und trotzdem geheimnisvoll genug um mich mit Spannung durch die Seiten jagen zu lassen. Ich habe das Buch recht zügig beendet, weil es sich flüssig lesen ließ. Das Enthüllungstempo hat mich stark enttäuscht. Der Klappentext könnte eigentlich als Spoilergefahr markiert werden, wenn man bedenkt, dass es ein halbes Buch braucht um zu diesen Ereignissen zu gelangen. Gut gefallen hat mir, dass diesmal nichts so offensichtlich war wie im ersten Band. Dafür gab es auch - fast schon zu viele - Nebencharaktere, mit denen die Autorin offensichtlich ihren Spaß hatte.
Der Fokus auf Bentz und seine Familiengeschichte hat mir sehr gut gefallen. Er ist ein angenehmer Charakter mit Ecken und Kanten, gewissen Prinzipien und einem weichen Kern und einer harten, antrainierten Schale.
Wer auf gut strukturierte Thriller mit einem gut gesetzten Fokus steht, der wird an "Danger" große Freude haben. Jedoch bleibt nach dem Ende ein unvollständiges Gefühl in mir zurück. Nach nur gefühlt zwanzig Seiten der Konfrontation und einem abschließendem Epilog, der leider nicht jeden losen Faden zu einem Ganzen zusammen fügt, fehlt einfach das warum. Wenn man die Verbindung zwischen Olivia und dem Killer erkennt, gibt es einige Fragen, jedoch wird keine davon in meinen Augen beantwortet. Von einem wieso, weshalb, warum ganz zu schweigen. Es wirkt unaufgeklärt - trotz einem Ende - und somit bleibt eine gewisse nagende Leere zurück, die gerne mehr von den Umständen verstanden hätte.