Es ist schwer, dieses Buch zu bewerten, weil ich denke, dass es hier nur zwei Kategorien von Lesern geben kann: Die, die Elise und ihre Verzweiflung verstehen, und die, die es eben nicht können (oder wollen).
Ich möchte nicht weiter ausführen, warum ich Elise verstehe, nur dass ich — würde es in Deutschland ein Mensasystem in öffentlichen Schulen geben wie in den USA — auch nicht in der Mitte gesessen hätte. Vermutlich wäre ich sogar gar nicht erst hingegangen und hätte mich in der Bibliothek verkrochen. (Hm, schade eigentlich. So viele entgangene Bücher. ;) )
Auffällig ist, dass die Geschichte sehr stark startet und mich dazu verleitete, das Buch mit nach Hause zu nehmen und an zwei Abenden durchzulesen. Leider lässt dieser starke Einstieg, in dem so ehrlich und unverblümt ein depressives Mädchen sein Leiden und seine Selbstmordgedanken beschreibt, einfach nach sobald Elise den Undergroundclub entdeckt. Über das Buch hinweg wurden mir ihre Negativbeispiele schlechter Erfahrungen manchmal auch etwas zu viel, nicht weil ich mich schrecklich erinnert fühlte, sondern weil ich zwischen echtem Mitgefühl und, aus Autorensicht, dem leisen Verdacht nach fishing for „compliments“ schwankte.
Aber letztlich kann die Frage danach, wann oder was in der Seele schmerzt, nur von jedem Menschen individuell beantwortet werden und wer wären wir, uns gegenseitig unser Leid abzusprechen, nur weil es jeder anders empfindet?
Nun denn, was mir bleibt, sind Stil und Plot.
Zum ersten muss ich sagen, dass er genauso ist, wie er eben in der Realität auch ist (oder wie ich es zumindest gesagt hätte, unter den gegebenen Umständen). Mobbing verkorkst einen und wenn man Glück hat, wird man nur zynisch und sarkastisch wie Elise. Einfach, weil aus der Hilflosigkeit heraus nichts übrig bleibt, als selbst in den Angriff überzugehen (zumindest in Gedanken); wie ein Tier, das in die Ecke gedrängt wurde. Das ist natürlich nicht fair und nicht nett, und Elise wirkt dadurch manchmal schon zickig. Aber was sollte sie auch tun? Nett lächeln, Danke sagen und Gott um Vergebung bitten für die verzogenen Gören, die sie wie Dreck behandeln? … Insgesamt fand ich den Ton also passend und keineswegs übertrieben. (Lustigerweise ist es tatsächlich auch so, dass Gemobbte selbst zu Mobbern werden können. Kann man sich vorstellen wie Barney’s Chain of Screaming (Staffel 3, Episode 15) aus How I Met Your Mother.)
Was den Plot allerdings angeht… Da könnte wie immer mehr rausgeholt werden. Er kratzt nur an der Oberfläche, viele Szenen hängen nur lose zusammen. Elise erzählt mir zu viele Erinnerungen, stattdessen hätte ich mir mehr Konflikte innerhalb das Clubs gewünscht. Bspw. steht Pippa auf Char, den DJ, wird allerdings irgendwann nach Hause zu ihren Eltern in England zitiert, und Char bändelt mit Elise an. Die denkt nicht wirklich tief über diese Beziehung nach, merkt nur, dass sie mehr von sich erzählt als er, und lässt sich sonst von ihm befummeln. Klar, so viel Aufmerksamkeit und Nähe ist toll, gerade für Elise, aber eben gerade deswegen plätschert mir die Beziehung zu sehr dahin, gerade deswegen hätte ich gedacht, dass sie viel mehr darüber nachdenkt. Wo sind auch die Leute, die ihr innerhalb des Clubs ans Bein pinkeln wollen? Wie wäre es mit einer anderen DJane als Konkurrentin gewesen, was wäre gewesen, wäre Pippa nicht weggegangen? Was wäre gewesen, wenn sich Elise wirklich verliebt hätte in Char (und nicht nur in das Gefühl der Macht als DJ)? Und warum, gottverdammt, gibt ihr der Clubbesitzer einen eigenen Abend als DJ, obwohl er genau weiß, dass sie minderjährig ist? Mal vom Überflieger-Gen abgesehen, dass Elise sehr schnell sehr gut wird. (Was ich gerade nicht beurteilen kann, da ich selbst nie DJ war.) Aber letztlich muss man der Geschichte lassen, dass sie dadurch nicht stockt; im Gegenteil, sie rasselt die Stationen ziemlich schnell herunter — und dummerweise hilft das trotzdem nicht gegen mein Gefühl, dass ihr Drama fehlt.
Zusammen gefasst lässt sich sagen, dass mich dieses Buch gespalten zurück ließ. Ich mag die Themen und die Art wie Unerschrocken damit umgegangen wird, in der Ausarbeitung fehlt mir aber trotzdem einfach Konflikt, der einen guten Plot ergeben hätte.