Die Wunde ist leider noch sehr frisch. Es kann also sein, dass diese Rezension etwas emotionaler ausfällt. Um es kurz zu sagen: Ich bin enttäuscht, aber auch sauer. Normalerweise versuche ich möglichst differenziert zu argumentieren, schließlich möchte ich niemandem die Freude am Buch nehmen. Aber hier fällt mir das ehrlich gesagt schwer. Bevor ich meinen Gefühlen nun Worte verleihe, noch ein paar allgemeine Angaben zum Gesamtwerk.
Allgemeine Informationen
„The Demon Tide“ ist der 4. Teil der Black Witch -Reihe, von Laurie Forest. Bisher sind folgende Bände der Reihe erschienen
1.The Black Witch (Deutscher Titel: Die Schwarze Zauberin bei Harper Collins)
2.The Iron Flower
3.The Shadow Wand
4.The Demon Tide
5. The Battle for Erthia (erscheint wahrscheinlich 2023)
Inhalt
Die Handlung des vierten Bandes knüpft mehr oder weniger nahtlos am dritten Teil der Reihe an. Elloren und ihre Freunde stehen vor großen Herausforderungen. Magier Markus Vogel setzt seinen gnadenlosen Kreuzzug gegen Nicht-Gardenier fort. Derweil befindet sich Elloren auf der Flucht. Diese hat immer noch mit ihrer Rolle als „Schwarze Zauberin“ zu kämpfen. Für viele ist sie in erster Linie eine Feindin, keine Verbündete. Schließlich hat Elloren die grausame Macht ihrer Großmutter geerbt, welche laut einer Prophezeiung Tod und Zerstörung über die Völker bringen wird.
Meine Meinung
In vielerlei Hinsicht geht es einfach nicht voran. Normalerweise liebe ich Geschichten, die sich für die Entfaltung, Zeit lassen. Ich tauche gerne in die fiktive Welt ein, um dort alle Figuren und Details näher kennen zu lernen. Ich genieße es, den Protas dabei zuzuschauen, wie sich entwickeln, wie sie stärker werden oder Rückschläge erleben. Und wenn sich (Liebes)-Beziehungen langsam aufbauen, hat man mich am Haken. In den ersten drei Büchern bin ich in dieser Hinsicht voll auf meine Kosten gekommen. Elloren war als Charakter vielleicht nicht so spannend, aber das Entwicklungspotential war m. E. vorhanden. Zudem habe ich die Beziehung zwischen Elloren und Yvan Guriel gefeiert. Für mich der Inbegriff von Slow-Burn mit all den widerstreitenden Gefühlen, Spannungen und Konflikten. Kaum zu schweigen von den vielen interessanten Figuren, deren Geschichten Grund genug sind, noch ein bisschen länger in der Welt von Laurie Forest zu verweilen. Und dann kam der vierte Band.
Nach drei Bänden, war auch ich (als geduldige Leserin) der Meinung, dass Elloren endlich etwas selbstständiger werden sollte. Aus diesem Grund fand ich es zunächst gar nicht schlimm, dass die Freunde erst einmal getrennt voneinander, ihrer Wege gehen. Aber es passiert einfach nichts. Obwohl alle Protagonisten sich an unterschiedlichen Orten aufhalten und sich auch von ihrer Hintergrundgeschichte unterscheiden, erleben sie im Prinzip das Gleiche: sie müssen ihr kompliziertes Liebesleben in den Griff bekommen. Ungeachtet dessen, dass ein übermächtiger Feind kurz davorsteht, das gesamte Land zu unterjochen, hadern alle hauptsächlich damit, sich in die falsche Person verliebt zu haben. Dementsprechend verliefen die Dialoge immer nach Schema F: „Nein, wir dürfen uns nicht lieben“, „Wir kommen aus unterschiedlichen Welten“, usw. Selbst mir, als Romantasy-Fan, wurde das irgendwann zu viel.
Der nächste Punkt, der mich diesmal sehr gestört hat, betrifft die ständigen Perspektivwechsel. Im 3. Band hat es mich noch nicht genervt, da fand ich es sogar ganz erfrischend, mal von der Sichtweise Ellorens abzuweichen. Allerdings habe ich mich während der Lektüre des 4. Buches schon gefragt, ob Elloren überhaupt noch die Hauptfigur ist und welchen Mehrwert die anderen Figuren für die Geschichte haben? Es tauchen im weiteren Verlauf immer wieder neue Charaktere auf, die nicht wirklich etwas Nennenswertes zur Handlung beitragen, außer den Leser zu verwirren. Ich habe irgendwann den Überblick über die ganzen Namen verloren, weil die Protagonisten derart stereotyp und austauschbar sind. Es gibt keine Grautöne, keine Überraschungen sowie keine Entwicklung. Hierbei hat mich besonders verärgert, dass sich ein Abschnitt als langgezogene Rückblende auf ein Ereignis im Vorgängerband herausgestellt hat. Natürlich sind zeitliche Sprünge legitim, aber es wurde weder gekennzeichnet, noch hat es die Geschichte nennenswert bereichert.
Fazit
Insgesamt wirkt der vierte Band wie ein Filler, der kaum etwas zum Verlauf der Geschichte beiträgt. Elloren verharrt charakterlich an Ort und Stelle. Bei den anderen Protagonisten sieht es kaum besser aus. Überhaupt erscheint vieles im vierten Buch mutlos und gequält. Mir fehlt einfach die Innovation. Ich habe diese Reihe so geliebt und komme nicht umhin zu fragen, wie es so bergab gehen konnte.
Es ist zwar nur eine Theorie, aber ich bin zur Überzeugung gelangt, dass diese Reihe kaputtgemacht wurde. Wer wissen möchte, wie ich darauf komme, sollte sich die Rezensionen auf Goodreads zum ersten Band (The Black Witch) anschauen. Dort wird folgendes unterstellt: weil das Buch Themen wie Rassismus und Sexismus thematisiert, ist es automatisch rassistisch und sexistisch. Teilweise geben die Rezensenten auch noch zu, das Buch gar nicht gelesen zu haben, aber weil es angeblich um die gute Sache geht, sollte man doch den Boykott unterstützen. Jetzt ist mir natürlich klar, weshalb die Nachfolgebände nicht weiter ins Deutsche übersetzt worden sind. Oder weshalb beim Lesen immer wieder das Gefühl aufkam, die Autorin wolle etwas krampfhaft richtig machen.
Um eines klar zu stellen, es ist vollkommen in Ordnung ein Buch nicht zu lesen, wenn die darin vorkommenden Themen einen persönlich triggern. Ich lese z. B. keine Horrorromane, die mir zu blutrünstig sind. Aber ich käme nie auf die Idee, den Autoren ebensolcher Werke vorzuwerfen, sie seien gewaltverherrlichend. Genauso wenig würde ich anderen verbieten, die besagten Bücher zu lesen. Aber das ist ein anderes Thema und ändert im Kern nichts an meiner Bewertung.
Schweren Herzens vergebe ich 2,5 von 5 Sternen. Keine Ahnung ob ich dem nächsten Band noch eine Chance gebe…