Rezension zu "Kaleidra - Wer die Seele berührt" von Kira Licht
Emilia und Ben wurden von den Quecksilberalchemisten entführt und müssen durch die Vollendung des Tria-Bundes die Entschlüsselung beenden. Doch nach einem gravierenden Fehler in der Rezeptur sind sie gezwungen nach Kaleidra zu reisen und eine mystische Priesterin zu treffen.
Ich hatte nicht erwartet, dass der zweite Band noch besser sein kann als der erste, aber genauso ist es. Egal ob Spannung, Drama, Liebe, Alchemie oder Überraschungen, von alldem hat dieser Roman mehr als genug uns setzt unsere Erwartungen so hoch wie nie. Die Welt bleibt die gleiche wundervoll komplex ausgearbeitete und doch lernen wir mit der Quecksilberloge eine neue Seite kennen, die mich fasziniert. Ich hatte mir erhofft, dass wir mehr über diese Loge erfahren, und ich wurde nicht enttäuscht, denn in einem Drittel des Romans befinden sich die Protagonisten in eben jener Loge und im restlichen Buch sind sie im mystischen Kaleidra. Diese unvorhersehbare Welt ist wunderbar und die Verbindung zwischen den Elementen und deren Auswirkungen auf die Personen war mitunter meine Lieblingsstelle. Man muss sich eine Welt vorstellen, in der die chemischen Elemente in ihrer reinsten Form vorkommen und spontane Stürme oder andere Naturkatastrophen hereinbrechen. Also, wie gesagt, ein perfektes Worldbuilding.
Auch die Charaktere haben im Laufe des Romans mehr Inhalt bekommen und ich konnte mich in jede wichtige Person hineinversetzen. Insbesondere Emilia und Ben haben es mir angetan, wem auch nicht? Ihre Liebesstory wurde zu einem festen Bestandteil der ganzen Geschichte und es ist ganz ohne Drama, Trennung und Wiedervereinigung. Stattdessen sind es zwei Jugendliche, die sich trotz der androhenden Gefahr lieben und sich mehr vertrauen als allen anderen. Besonders gut gefällt mir, dass sich Ben als Goldalchemist seine Gefühle gegenüber einer Silberalchemisten eingesteht und sie ein Team sind. Aber auch individuell haben sie sich weiterentwickelt, sowohl was Stärke angeht, als auch die Gefühle, der Mut und andere Fertigkeiten, die sie beispielsweise zurücklassen mussten, als sie nach Kaleidra reisten.
Aber auch die anderen Charaktere, hier besonders hervorzuheben sind Matti und Professor Avanlange, sind in sich abgeschlossen und verfolgen alle ihr eigenes Ziel, sodass sie nicht nur harmlose Nebenfiguren sind, sondern herausstechen. Die Zeit im Gefängnis zu Beginn mit der Folter und Erpressung sind so bildlich gewesen, dass ich mit Emilia getrauert habe, auch wenn sie zeitweise etwas naiv war, was wiederum ihrem Charakter entspricht. Eben jene Kleinigkeiten, wie die Versprechen, dass man zusammen die Welt erobert, Mattis unvorhergesehene Verwandlung, der Fehler im Manuskript oder Professor Avalanges wahre Intentionen machen das Buch einzigartig und regen immer weiter zu lesen an. Denn wir werden häppchenweise mit eben jenen Informationen geködert und innerhalb eines Tages habe ich direkt nach dem Auftakt diesen Roman verschlungen.
Wenn ich jetzt noch meine Meinung zum Inhalt und zur Storyline gebe, weiß ich gar nicht, wo ich anfangen soll. Und hier eine große Spoilerwarnung, denn ohne diese komme ich nicht weiter. Alle 500 Seiten waren gespickt mit Spannung und Zeitdruck pur, denn egal worum es ging, ob es wegen des Wassers des Lebens ist oder um das Überleben in der Parallelwelt, es war immer an Zeit und Gefahren gekoppelt und das tragische (im positiven Sinne) ist, dass sich die Protagonisten auch lebensgefährlich verletzten und man sich vorstellen konnte, dass uns irgendeine wichtige Person wegstirbt. Dazu kommen die fabelhaft verarbeiteten Szenen aus der Vergangenheit der Priesterin, der Zusammenhang mit den ursprünglichen Alchemisten und die Suche nach eben jener Priesterin, die total undurchschaubar ist und zu einem interessanten Faktor wird, auch in Zukunft. Aber das Beste im ganzen Buch war, sorry im Voraus, denn es ist wirklich vorhersehbar, ist Emilias gewonnene Stärke zum einen mit dem Tria-Bund und zum anderen wegen ihrer Veranlagung und dem wiedergefundenen Twinn in Kaleidra. Ich liebe es, wenn die Hauptperson eine besondere und geheime Vergangenheit hat, die begründet, warum sie so viel stärker ist, als alle anderen. Es ist klischeehaft, ich weiß, aber genau das macht einen Fantasy-Roman in der Jugendwelt überhaupt interessant und fesselnd und mich hat die Autorin auf jeden Fall bekommen.
Das Ende ist ein echt fieser Cliffhanger und wie beim ersten Band würde ich ausrasten, wenn ich das dritte Buch nicht sofort zur Hand hätte. Das Problem ändert sich nun in seiner räumlichen Gefahr, aber auch, dass das Problem mit den Monstern überhaupt entstanden ist, kam total überraschend und gibt die Prise Etwas, die ein Buch von allen anderen in der Menge hervorhebt. Wenn das nicht schon mit der Art der Magie und deren Nutzung mit den chemischen Elementen gelungen ist… Zum Schluss möchte ich noch auf die spezifische Szene eingehen, in der Emilia, Benn und Matti nach der letzten Zutat in einer Pyramide suchen, denn diese zeigt nochmal in ihrer kreativen Genialität, warum diese Reihe schon jetzt mein Jahreshighlight ist. Ihr werdet es sehen, wenn ihr diese gelesen habt.
Insgesamt also ein mehr als würdiger Nachfolger des Kaleidra-Auftaktes, der ihn mit seiner Emotionalität und der Spannung sogar übertrifft.