Rezension zu "Marzahn, mon amour" von Katja Oskamp
Die Ich-Erzählerin ist zu Beginn in einer privaten und beruflichen Sinnkrise. «Mein Leben war fad geworden — das Kind flügge, der Mann krank, die Schreiberei, mit der ich es bisher verbracht hatte, mehr als fragwürdig.»
Sie lässt sich zur Fusspflegerin umschulen und arbeitet fortan in einem Kosmetikstudio in Berlin-Marzahn. Ihre Kunden sind vornehmlich alte, einsame und unbeachtete Menschen. Sie zeichnet die Portraits ihrer Kunden mit grosser Anteilnahme, amüsant und berührend zugleich, nicht von oben herab sondern von den Füssen her.
Die Erzählerin überwindet die mittleren, verschwommenen Jahre, in denen «du dich ratlos um dich selbst drehst». «Du bist dermassen unsichtbar in deiner weissen Kleidung vor den weissen Wänden des Fusspflegeraums, dass du dich unbemerkt in deinen bunten Kunden spiegeln kannst, wenn sie auf dem pinkfarbenen Thron sitzen». «Meine Liebe ist flüssig geworden und passt in die unwahrscheinlichsten Zwischenräume. Das Bittere, das ich vor mir hertrug, ist verschwunden und mit ihm der letzte Rest jugendlicher Arroganz. An ihrer statt registriere ich eine beginnende Altersmilde, die zuweilen in einen leisen Hang zum Kitsch mündet […]. Ist mir egal. Es sieht mich ja keiner.»
Ein versöhnliches Buch über das Älterwerden.