Als bekennender Sisi-Fan musste ich natürlich das neue Buch von Karen Duwe lesen und es zog mich sofort in seinen Bann, weil es so vollständig gegen alle Erwartungen verstieß.
Karen Duwe wollte eigentlich ein Buch über Pferde schreiben, nun ist es ein Buch über Sisi und die Pferde geworden.
Wir wussten natürlich, dass sie gerne und gut reitet, aber diese Waghalsigkeit ist wohl kaum zu überbieten. Die 38-jährige Sisi nimmt im Hause des Earl of Spencer in England zu Pferd an Fuchsjagden teil. Und die berühmten Hunde-Meuten der jeweiligen „Häuser“ sind auch dabei. „Die englische Fuchsjagd ist die waghalsigste aller überflüssigen Aktivitäten. Man reitet in einem ähnlichen Tempo wie bei Pferderennen, nur dass es querfeldein und über Hecken und Gräben geht. Ein Kaninchenloch genügt, ein unsichtbare Draht, der nasse Boden oder ein ungeschickter Mitreiter, der direkt vor einem stürzt, und schon stürzt man ebenfalls und bricht sich den Rücken oder gleich das Genick. Jeder weiß das. Das House of Lords ist voller Rollstühle – alles Jagdunfälle.“
Sisi möchte gern unerkannt reisen, ist allerdings trotzdem gern in Begleitung ihrer Schwester, der Königin von Nepal sowie eines aufwändigen-Hofstaats, zu denen auch 7 gutaussehenden „Kavaliere“ gehören.
Captain Middleton wird ihr Begleiter auf der Jagd, er ist der beste Reiter weit und breit.
Neben den Pferden geht um Männer, vor allem Männer, die reiten können und deren Anerkennung und Beachtung die junge Kaiserin fortwährend sucht.
Ihre Beziehungen zu den Frauen in ihrer Umgebung sind eher von pragmatischer Natur. Sie sollen ihren Interessen nützlich sein. Sie nimmt sich ihrer 18-jährigen Nichte an, spürt jedoch auch Neid auf diese junge, von den Männern umschwärmte Frau. Und sie zieht an allen Fäden, damit diese ihr keine echte Konkurrentin wird.
Sisis unbeschreibliche Schönheit und Eleganz werden immer wieder hervorgehoben, auch ihre Bemühungen, diese zu erhalten. Aber sie hat auch einen „Schönheitsmakel“: sie nuschelt hinter vorgehaltener Hand, damit man den schlechten Zustand ihrer Zähne nicht sehen kann.
Karen Duwe hat umfangreich für diesen Roman recherchiert, so z.B. die Tagebücher der Hofdame Marie Gräfin Festetics de Tolna, die ihr Leben als engste Vertraute Sisis verbrachte, aber auch Zeitungsartikel sowie Zeitzeugenberichte und zahlreiche Sekundärliteratur. Durch die Originalzitate dieser Quellen gewinnt der Roman an Authentizität.
In unglaublich humorvoller und detailreicher Sprache zeigt uns die Schriftstellerin eine ganz andere Seite der österreichischen Kaiserin oder auch des Kaisers. Wir müssen Abschied nehmen von einigen Sisi-Mythen, so z.B. dem treusorgenden Vater, der glücklich die Natur und seine Familie genießt. In diesem Leben hier, führt er ein Leben mit zahlreichen Geliebten und diversen unehelichen Kindern. Auch der Kaiser findet Entspannung bei seiner Geliebten.
Ein sehr lesenswertes Buch!