Rezension zu "Blindfisch" von Karen-Susan Fessel
„Meine Augen können so wenig. Aber weinen geht noch. Fühlen geht immer.“ (Seite 14)
Lon leidet an dem seltenen Usher – Syndrom, erblich bedingte Taubblindheit, Typ 2.
Nach und nach verliert er sein Seh- und Hörvermögen, möglicherweise komplett.
Lon ist im Teenageralter und seine Krankheit eigentlich kein Geheimnis, bis auf die Verschlechterung, die ihm immer mehr von seiner Lebensqualität raubt.
Obwohl er sich mit seiner Mutter und Schwester als Team sieht, verschweigt er seinen Zustand und auch seine Freunde, allen voran sein bester Freund Oscar wissen nicht, was mit ihm los ist, außer, dass etwas los ist.
Lon isoliert sich und als Leserin bekommt man nur wenig von seinen Gedanken mit. Diese drehen sich oft im Kreis und werden in Dauerschleife wiederholt, ohne sich zu entwickeln. Über seine Schwierigkeiten im Alltag erfährt man nur wenig, außer, dass sie für ihn schwer aushaltbar sind.
Dennoch vertraut er sich niemanden an und auch sonst entwickelt er sich einfach nicht weiter. Immer wieder inszeniert er seine potentielle Zukunft, doch das Gedankenkarussell will einfach nicht anspringen. Er verharrt stumpf in seiner Situation. Er schottet sich nicht nur vor seiner Außenwelt, sondern auch vor seiner Innenwelt ab.
Oft ist das Verhalten von Lon nicht nachvollziehbar, etwas nach der Hälfte des Buches gab es zwar kleine Momente, die mehr Emotionen boten, aber im Gesamtbild blieb die ganze Story sehr flach und eindimensional. Es herrschte viel Gleichgültigkeit und Widersprüchlichkeit.
Mir blieb leider viel zu viel unreflektiert und zu kurzsichtig.
Es wurde jede menge Potential verschenkt und ein ernstes und komplexes Thema viel zu simple aufgebaut. Das erlernen vom Fingeralphabet oder Lormen wurde trotz des verschlechterten Krankheitsbildes nicht einmal thematisiert. Das Ende war dann auch irgendwie lächerlich und die Botschaft/Prioritäten irgendwie schräg.
Zu wenig Persönlichkeit, zu wenig tiefe, zu wenig Entwicklung, zu wenig Handlung, zu wenig Text.
Würde man die gigantischen Absätze der 203 Seiten streichen, hätte das Buch vermutlich nur noch 80 – 100 Seiten.
Dieses Buch unterscheidet sich zwar preislich aber nicht inhaltlich von stupider Schullektüre à la K.L.A.R. oder den blau eckigen Ravensburgern Büchern.
Sorry, not sorry, der Blindfisch ist zur Flunder geworden!