Im Roman „Daheim“ erzählt die Autorin Judith Hermann die Geschichte der Ich-Erzählerin mittleren Alters, die nach dem Auszug der einzigen Tochter und der Trennung von ihrem Ehemann einen Neuanfang wagt. Dafür macht sie sich auf an die östliche Küste Norddeutschlands, um in der Kneipe ihres Bruders zu arbeiten und ein kleines einsam gelegenes Haus zu mieten. Auf unkomplizierte Weise freundet sie sich mit der Nachbarin und deren Bruder an.
Am Wendepunkt ihres Lebens folgt die Protagonistin einer Sehnsucht nach Rückzug und Reflexion, der sie u.a. dadurch nachgeht, indem sie ihre Gedanken als kleine Notizen ihrem Ex-Mann Otis schickt. Im Roman geht es vor allem um das Loslassen von Vertrautem, dem Begreifen der eigenen Wurzeln und um das Ankommen in der Fremde, vielleicht einem neuen Daheim.
Hermann erzählt die wenige Handlung, in der es manchmal um Alltägliches und fast Banales geht, sprachlich klar, unaufgeregt und zum Teil komisch. Ihren Figuren begegnet sie einfühlsam und wohlwollend. Sie kommen mir, gleich der Landschaft, manches mal sehr eigenwillig oder karg vor, aber stets vertraut und aufrichtig. Ihren Fragen nach der Bedeutung und der Aufrichtigkeit von Erinnerungen und ihrem Auf-der-Suche-sein habe ich am Ende der Lektüre noch einige Zeit nachgespürt, was vielleicht daran liegen mag, dass es zuweilen auch meine Fragen sind.
„Daheim“ ist ein sehr leiser, kluger und eindringlicher Roman.