Rezension zu "Das späte Geständnis des Tristan Sadler" von John Boyne
Tristan ist siebzehn, eigentlich noch zu jung, als er sich freiwillig für die Front im ersten Weltkrieg meldet. Nachdem er mit den Worten seines Vaters ,,Es wäre das Beste für uns alle wenn dich die Deutschen gleich erwischten" endgültig aus der Familie vertrieben wurde hat er nichts mehr zu verlieren. Er landet im Ausbildungslager in Aldershot und lernt dort mitunter Will Bancroft kennen. Sie werden Freunde, für Tristan sogar etwas mehr. In Frankreich finden sie sich bald wieder in einem endlosen Gemetzel umgeben von Dreck, Elend, Blut und Ödnis. Die Situation in der Kompanie wird immer prikärer und Tristan erkennt bald, dass er mehr und mehr abstumpft von den Gräueltaten und den Schrecken des Krieges. Will jedoch sträubt sich dagegen, weigert sich die Situation so hinzunehmen, was Tristan einerseits bewundert, ihm aber gleichzeitig auch den Umgang mit ihm erschwert. Eines Tages kommt es deswegen zu einem schwerwiegenden Ereignis mit Folgen, das Tristans Leben für immer prägen wird.
Drei Jahre später bringt er all seinen Mut auf und trifft sich mit Wills Schwester von der er weiß, dass sie im regelmäßigen Kontakt mit Will stand. Er möchte ihr ihre Briefe zurückgeben, die sie damals an ihn schrieb und die Tristan seit dem Krieg noch besitzt. Unerwartet entwickelt sich das Treffen in eine Richtung, die Tristan dazu bringt sich das erste Mal ehrlich bezüglich dem Geschehenen und seiner Verbindung zu Will zu öffnen📖
Nach mehreren angefangen und dann doch wieder zur Seite gelegten Büchern in letzter Zeit konnte mich dieses hier endlich an sich binden. John Boynes angenehm flüssiger Schreibstil trug sehr viel dazu bei und so hatte ich das Buch binnen relativ kurzer Zeit durch. Erzählt wurde abwechselnd aus der Zeit während des Krieges mit den Geschehnissen an der Front und drei Jahre danach, als er sich mit Wills Schwester traf. Die Schrecken des Kampfes wurden glaubwürdig geschildert. Zu lesen wie sich die meisten Soldaten geradezu auf ihren Einsatz freuten um sich als würdiger Verteidiger des Landes zu zeigen und die Wandlung zum abgestumpften Kämpfer war nicht ganz einfach.
Es umgab sie der tägliche Wahnsinn des Krieges, Kameraden fielen wie die Fliegen, sie lebten praktisch im Dreck, die Versorgung war oft schlecht und Läuse eigentlich noch das geringste Problem. Dort noch mental auf der Höhe zu bleiben fast unmöglich und wer es doch schaffte entwickelte spätestens danach ein lebenslanges Trauma. Und Tristan hatte danach nicht nur mit den Erinnerungen an den Krieg zu kämpfen, sondern auch mit der Schuld, die er auf sich geladen hatte bezüglich seines Freundes Will Bancroft. Diese Last war für Tristan war schwer zu ertragen, vorallem auch weil er nie offen und ehrlich über alles reden konnte was passiert war aufgrund seiner Homosexualität, die zu der Zeit noch völlig verpönt war und dessen Offenbarung sein Leben zum Spießrutenlauf gemacht hätte. Es tat mir sehr leid für ihn, dass er sich mit all dem so verstecken musste und auf sich allein gestellt war. Die Geschichte las sich, wie der deutsche Titel eben auch schon sagt, wie ein spätes Geständnis von ihm, ein Versuch reinen Tisch zu machen auch wenn er wusste, dass er keine Vergebung erwarten konnte. Traurig aber dennoch sehr lesenswert.