"Ein schwarzer Chevy rollt durch die Nacht und hinterlässt eine Spur des Grauens. Wer immer den Nightrunners begegnet, muss mit dem Schlimmsten rechnen. Ihr Ziel ist ein einsames Ferienhaus, in dem Becky und ihr Mann über ein traumatisches Ereignis hinwegzukommen versuchen. Doch das Schlimmste steht ihnen noch bevor." (Klappentext lt. Verlag)
Da es gar so schwierig ist, den Inhalt von „Der Gott der Klinge“ grob zu umreissen, habe ich mich für den Klappentext des Verlags als Intro entschieden. Joe R. Lansdale ist der Meister des Pulps, der abstoßende Szenen des Southern Gothic, unflätigem Humor gepaart mit derber Eleganz. Bei diesem Buch zeigt er, wie er die genannten Aspekte zu einem brutalen Spektakel des Grauens vereint.
Ich hatte angenommen, dass es sich vom Aufbau her um einen herkömmlichen Roman handelt. Überraschenderweise hat sich „Der Gott der Klinge“ als Sammlung herausgestellt. Es enthält den Kurzroman „Nightrunners“ und sechs weitere Geschichten, die allesamt um das Thema vom Gott der Klinge kreisen.
Der Titel des Buchs und das Thema an sich sind schwierig zu erklären, wenn man die Theorie des Gottes der Klinge nicht kennt. Allgemein betrachtet geht es um den Ursprung des Bösen, verzweifelten Wahnsinn und konsequente Blutrünstigkeit.
„Nightrunners“ handelt von einem Chevy, der mit seinen boshaften Insassen auf das Ferienhaus von Becky und Monty zusteuert. Auf den ersten Seiten war ich etwas enttäuscht, weil ich befürchtete, dass es sich um eine grobe Slasher-Story handelt, in welcher nur das Abschlachten der Figuren im Vordergrund steht.
Blutig und brutal ist die Geschichte auf jeden Fall. Dennoch reicht sie in die Tiefe und ist feinsinnig ersponnen und erzählt, was im Kontrast zum heftigen Hergang steht. Es geschehen richtig schlimme Dinge. Lansdale zögert dabei nicht, ins Detail zu gehen, dennoch schwenkt er sanftmütig auf Nebenschauplätze, ersinnt beeindruckende Feinheiten und rüttelt am Gemüt, sodass ein teilweise abartiger Sog entsteht. Mittendrin erhält man Einblick in ein abgedrehtes Tagebuch, welches mir stellenweise zu viel geworden ist. Bizarr, verstörend und brutal, eröffnet Lansdale den Blick in einen Wahnsinn, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt.
Gleichzeitig trifft man starke Figuren, erlebt trotz der Brutalität erheiternde Szenen sowie verspielte romantische Momente und genießt Lansdales erzählerisches Talent, welches im gesamten Roman meisterhaft zur Geltung kommt.
Denn auch die anderen Geschichten sind bewegend, rühren das Entsetzen auf und schütteln die Seele durch. Trotzdem erreicht „Der Gott der Klinge“ den Gipfel der Brutalität, während die weiteren Erzählungen vergleichsweise eher entspannend zu lesen sind.
Besonders gut hat mir „Nicht aus Detroit“, gefallen, weil der Autor hier eine überaus romantische Ader zeigt. In „Das zottelige Haus“ hat mich Lansdale mit seinem amüsanten Erzählstil und einer witzigen Idee überzeugt.
Ich fand die Sammlung „Der Gott der Klinge“ extrem gut und in hohem Maße brutal. Vom Erzählstil her bietet Joe R. Lansdale ein breites Repertoire, das mich an die Seiten gefesselt hat. Es ist blutig, grausam, meisterhaft eingefädelt und raffiniert erzählt. Aber es ist keinesfalls für jeden Leser geeignet!