Rezension zu "Christmasland" von Joe Hill
Ein böser Mann, ein Auto mit speziellen Fähigkeiten, verschwundene Kinder und ein Mädchen, das eine außergewöhnliche Begabung besitzt ... das hat mich schon sehr an Stephen King erinnert, den Vater von Joe Hill. Auch vom Schreiben her erkennt man Ähnlichkeiten, auch wenn der Autor hier sein ganz eigenes Ding macht mit gefühlt etwas modernerem Stil. Was mir sehr gut gefallen hat! Es war mein erstes Buch von ihm und wird nicht das letzte bleiben!
Der Anfang war jedenfalls super gewählt und man spürt förmlich, wie das Böse erwacht und man ahnt, dass da schlimme Ding auf einen zukommen werden. Charlie Manx, ein verurteilter Kindesentführer und -mörder, liegt nämlich seit Jahren im Koma im Hochsicherheitstrakt, doch seine Vergangenheit beginnt, ihn einzuholen.
Dann schwenkt es um Jahre zurück zur Kindheit von Vic McQueen. Mit 8 Jahren bemerkt sie zum ersten Mal eine sonderbare Eigenschaft, die sie verloren gegangene Dinge wiederfinden lässt. Als Kind sieht sie darin etwas besonderes und macht sich gar keine so großen Gedanken darüber, doch je älter sie wird, umso verstrickter erscheint ihr das, was sie als Realität gesehen hat. Denn eigentlich ist das ja gar nicht möglich. Ihre Entwicklung erscheint als eine Verkettung unglücklicher Umstände, wobei ich sie wirklich sehr ins Herz geschlossen habe, denn was sie durchmachen muss, mag man wirklich niemandem wünschen!
Ihre Verbindung zu Charlie Manx hat große Auswirkungen, die sie in einen Abwärtsstrudel ziehen, dem sie sich nicht erwehren kann.
Manchen Lesern scheint es teilweise zu langsam voranzugehen, was ich nicht so empfunden habe. Auch wenn viele Details erwähnt werden hab ich umso mehr die unheimliche Atmosphäre genossen und war beständig gespannt, wohin mich die Wege der Protagonisten führen. Dabei wird es grotesk, brutal und vielleicht auch gruselig - je nachdem, wie viel man gewohnt ist. Joe Hill beschreibt manche Situationen abwechselnd aus den Perspektiven der Beteiligten, was manchen in die Länge gezogen scheint, für mich aber einen besonders tollen Einblick geboten hat und zu keinem Zeitpunkt gestreckt wirkte.
Klasse fand ich auch die Kapitelüberschriften der Orte, wo man sich gerade befindet, durch das die Übergänge oft besonders gelungen sind.
Sehr grausam ist Charlie Manx´ Einstellung, im guten zu handeln, ja die Kinder sozusagen zu retten von ihren verderbten Eltern und somit eine schreckliche Zukunft zu verhindern: und sie dafür mitzunehmen in sein "Christmasland", in das Land ewiger Weihnacht, Spaß und Schoko-Nikoläusen. Doch was die Kinder hier erwartet ist alles andere als "süß".
Überhaupt finde ich die Protagonisten aber auch die Nebenfiguren alle sehr gut ausgearbeitet. Einen strahlenden Helden gibt es nicht wirklich, aber viel Liebe, Ängste, Hoffnungslosigkeit, Mut und die vielen kleinen und großen Sorgen des Alltags, die jeder von ihnen zu meistern sucht. Und immer der Horror im Hintergrund, der auf sie lauert :D
Wer hier eine Weihnachtsgeschichte erwartet wird enttäuscht sein - auch wenn regelmäßig Weihnachtslieder erklingen und der Weg in das geheimnisvolle Land von Charlie Manx eine große Rolle spielt. Dennoch war es richtig für mich, es in der Weihnachtszeit zu lesen, da es so nochmal einen ganz besonders beklemmenden Beigeschmack hatte.