Paris 1957. Die chinesische Malerin Pan Yuliang lässt ihr Leben Revue passieren. Geboren zum Ende der Kaiserzeit, früh die Eltern verloren, mit 14 von Ihrem Onkel an ein Bordell verkauft, in dem sie drei Jahre zwischen Demütigung und Abhängigkeit von den Launen der Zuhälterin verbringen musste, bis sie schließlich von Pan Zanhua, einem hochrangigen Beamten, der sich in sie verliebt hat, freigekauft wird. Er bietet ihr ein neues Leben, das bestimmt ist vom Lernen und von ihrer wachsenden Liebe zur Kunst. Er ermöglicht ihr den Besuch einer Kunstschule in Shanghai und eröffnet ihr damit das Tor zur Welt. Bald muss sie sich zwischen der Liebe zu Pan Zanhua und der Kunst entscheiden.
Jennifer Cody Epstein zeichnet ein Bild der Malerin Pan Yuliang, wie es hätte sein können. Es gibt nur wenige Quellen und Zeugnisse über Pan Yuliangs Leben und ihren Werdegang, sodass die Ausgestaltung der Lebensgeschichte völlig in der Hand der Autorin lag. Jennifer Cody Epstein ist es gelungen, ein farbenprächtiges Bild der damaligen Zeit zu zeichnen vom Wandel des Landes zur Republik und der Geburtsstunde des Kommunismus, sowie vom Wandel eines unsicheren Mädchens, das trotz der Umstände an Traditionen festhält, darunter leidet, dass ihre Lotosfüße nicht perfekt sind und sich für wertlos hält, zu einer selbstständigen und ihrer Zeit weit vorauseilenden Frau, die sich völlig der Kunst verschrieben hat, gegen Engstirnigkeit und Konservatismus kämpft und am Ende daran zu scheitern droht.
Die Autorin bedient sich eines absolut ungewöhnlichen Schreibstils, der immer zwischen Gegenwarts- und Vergangenheitsform wechselt, dies aber so fließend, dass man es beim Lesen irgendwann nicht mehr wahrnimmt. Ich stand diesem ständigen Wechsel am Anfang etwas kritisch gegenüber, wurde aber recht bald vom Erzählstil der Autorin einfach mitgerissen, der sich sprachlich auf einem hohen Niveau bewegt, den Leser keine Chance auf Distanz lässt sondern ganz nah an die Protagonisten heranführt, sie fühlbar und greifbar macht und deren Ängste, Zweifel, Sorgen, Hoffnung und Glück und Leidenschaft auf den Leser überträgt. Jennifer Cody Epstein zeichnet eine Geschichte, die fesselt und die berührt und die dazu einlädt, sich über das Buch hinaus mit dieser so ungewöhnlichen Malerin zu beschäftigen.
Pan Yuliang, deren Aktbilder in China für Skandale sorgten und als Schande galten, starb 1977 in Paris - krank und verarmt, wie es heißt. Sie hinterließ ein Vermächtnis von fast 400 Kunstwerken, zu denen Skulpturen, Zeichnungen, Ölbilder und Aquarelle gehören. Ihre Aktbilder sorgen in China noch heute für Kontroversen. Nichts desto trotz erzielen Ihre Bilder heute bei Auktionen Preise von mehreren Millionen Euro.
http://www.remediosvaro.biz/pan_yuliang.html
http://www.china.org.cn/english/culture/223285.htm