Rezension zu "God on the Rocks" von Jane Gardam
Sommer 1936. Ein denkbar unmondänes Seebad im Nordosten Englands. Margaret ist acht, gesegnet mit einem hellen Köpfchen und einem phänomenalen Gedächtnis. Seit ihr Brüderchen vor ein paar Wochen auf die Welt gekommen ist, gestattet ihr der sehr sittenstrenge Vater immer Mittwochs einen Ausflug mit dem Hausmädchen ans Meer. Die Familie ist Mitglied einer pietistischen Gemeinschaft namens 'Primal Saints' - und alles, was irgendwie Spaß machen könnte, ist infolgedessen strengstens untersagt, weil sündig.
Auf ihren Ausflügen gelangt Margaret zu einer Art Privatsanatorium für psychisch kranke Künstler, in dem die sterbende Hausherrin sanft und traurig auf ihr Ende wartet. Auch Margarets Mutter braucht etwas Anregung, sagt der Arzt, und so besuchen Margaret und ihre Mama deren alte Freunde Pinkie und Charles zum Tee. Charles und die Mutter verbindet eine Sandkastenliebe, deren verdrängtes Ende wieder hochpoppt, während zu Hause der strenge Vater von der Lust auf das Hausmädchen übermannt wird und überhaupt alles auf eine einzige große Katastrophe zusteuert.
Die Handlungsfäden aus lange zurückliegenden Verletzungen und Kränkungen sind kunstvoll mit den gegenwärtigen Beziehungen verknüpft, man ahnt zwar, in welche Richtung alles gehen wird, aber am Ende ist es zugleich überraschend und plausibel und nachvollziehbar. Was mir an dieser durchaus reizvollen Geschichte gegen den Strich geht, ist das muntere Durcheinander von Stimmen und Tonarten, das sich nicht recht fügen will. Die Geschichte beginnt sehr eindrucksvoll mit dem Kontrast des unbeschwerten Ausflugs zu der düsteren, bedrückenden Stimmung Zuhause. Wenn sich die Mutter später bei Charles im Zimmer vor dem heranrückenden Bataillon der Kirchengemeinde versteckt, klingt es eher nach Screwball und Slapstick. Und am Ende fügt sich im Epilog alles mild-episch zum großen tragikomischen Familien- und Generationenroman. Von Ingmar Bergman über die Marx Brothers zu Elizabeth Howard - das ist mir für ein Büchlein von zweihundert Seiten einfach zu viel an stilistischer Achterbahnfahrt.