Rezension zu "Der Kreuzritter - Aufbruch" von Jan Guillou
Jan Guillou wollte sich mit seinem Roman bzw. seiner Romanreihe (wie er im Nachwort angibt) gegen die rigorose Dämonisierung von Muslimen und Arabern einsetzen, die in populären Unterhaltungsmedien gern betrieben wird. Zumindest dieses Ansinnen ist löblich. Denn das von Guillou kritisierte Phänomen springt einem schon auch des Öfteren mal ins Auge.
Nur leider kommen in seinem Buch gar keine Araber vor.
Ja - Guillou hat eine Trilogie geschrieben. Und er wird sich die im Heiligen Land spielenden Szenen wohl für die Folgebände aufgespart haben. Sei's drum - lesen werde ich diese nicht.
Wer unter Der Kreuzritter ein Kreuzzugsepos erwartet (wie ich), der wird enttäuscht werden. Wer eine historisch korrekte, stimmige Geschichte aus der Mitte des 12. Jahrhunderts erwartet, der wird auch enttäuscht werden.
Wer aber gern haarsträubend verdrehte Geschichtsfakten und die Biographie einer fiktiven Figur von der Geburt bis ins junge Erwachsenenalter in langweilig-trockenem Schulbuchschreibstil, der sich mit ein paar lahmen Schwurbelfloskeln, wie sie aus der Feder der Brüder Grimm stammen könnten, abwechselt, liest, der wird bei Jan Guillous Kreuzritter ins Schwärmen geraten. Nur - auf wen trifft das schon zu?
Guillou erzählt die Geschichte des Schweden! Arn Magnusson (der auf Burg Arnäis lebt - wie sinnig manch einer doch heißt ...), der (auf der letzten Buchseite) zum Kreuzzug aufbricht. Nun ja, bekanntlich war der Anteil der schwedischen Ritter bei den Kreuzzügen ja immens hoch ... nämlich ca 0%. Der Autor gibt auch zu, dass es (Zitat) "ziemlich unrealistisch" ist, dass ein Schwede auf Kreuzzug ging. Da stellt sich die Frage: Warum schreibt er es dann so? Der Held hätte genau so gut Franzose, Deutscher, Engländer oder Italiener sein können, das hätte doch der Geschichte keinen Abbruch getan! Im Gegenteil: Es hätte ihr mehr Authenzität verliehen.
So aber schreibt Guillou dann doch (in diesem ersten Teil) ausschließlich über das Mittelalter in Schweden, bzw. über die Entstehungsgeschichte Schwedens und den Krieg zwischen dem Geschlecht der Svear und der Folkunger. Ja. Ist schön, dass der schwedische Autor die Geschichte seines Landes so gut kennt. Sie böte sicher Stoff für einen spannenden Roman. Aber sie passt NICHT zum Thema der Kreuzzüge. Und erstrecht nicht zum Buchtitel. In der Schule würden wir sagen: Thema verfehlt. 6.
Das alles würde mich noch gar nicht so sehr ärgern, wenn der Autor dann wenigstens einen packenden Schreibstil pflegen würde. Guillous Stil (oder die Übersetzung) ist trocken und seehr zäh, als wollte er das Klischee der skandinavischen Schwermut bestätigen. Also: Meins ist das sicher nicht. Und wenn man vorher solche Autoren wie Rebecca Gablé, Rainer M. Schröder, Tanja Kinkel und Oliver Pötzsch gelesen hat, die nun wirklich ein GANZ anderes Kaliber sind, dann stößt einem das noch mehr auf.
Den "Helden" Arn jedenfalls habe ich bereits wieder vergessen. Oder besser: Der Autor ließ ihn mich nie kennen lernen. Seine Story ist lahm, fade und völlig frei von sympathischen Charakteren.
Als am Ende Arn eine schwarze! Templerclamys mit weißem Kreuz anlegt (typisch für den Orden der Templer: weiße Gewänder, rotes Tatzenkreuz, was Arn da trägt ist eine Johanniterkluft, ein kleiner Unterschied), war für mich die Sache erledigt. Das eingeflossene Geschichtswissen des Autors ist sehr viel weniger fundiert, als der trockene Professorenschreibstil glauben machen will ...
Abschließend möchte ich anmerken, dass ich - auch wenn das hier vielleicht anders klang - nichts gegen Jan Guillou habe und sein Ansinnen, die Dämonisierung von Arabern zu beenden, durchaus unterstütze. Meine Kritik gilt der Umsetzung im Buch - bzw. der Nicht-Umsetzung seiner Idee. Guillou scheitert am handwerklichen Können. Und das ist schade! Der Erfolg des Buches bleibt mir verwunderlich, genau wie die Tatsache, dass der Roman auch noch verfilmt wurde.