Beschreibung:
Eine ergreifende Reise durch das Land der Erinnerung, ein autobiographischer Roman, der ein halbes Jahrhundert holländische Geschichte umspannt.
Nach Jahren kehrt Jan Brokken aus den Tropen in die Niederlande zurück. Ein reiches Land, in dem ein freier Geist herrscht - oder etwa nicht? Bald bereut er seine Heimkehr, entdeckt überall Zeichen der verhassten Einmischkultur, wegen der er damals sein Land verlassen hatte. Und er erinnert sich, wie alles begann.
Inhalt:
Jan ist ein Nachkriegskind. Den Krieg kennt er nur aus Erzählungen und Ermahnungen seiner Eltern und seiner Brüder. Und egal, wie viel Mühe er sich gibt, Zusammenhänge zu verstehen und sich zu informieren, so wird er immer ein Nachkriegskind bleiben. Ein Kind, welches nicht von seinen Eltern getrennt in Lagern aufgewachsen ist, sondern eines, welches seine Familie bewusst erlebt und eine vollkommen behütete und glückliche Kindheit verbracht hat. Dies sagen zumindest seine Brüder. Doch der erwachsene Jan Brokken blickt zurückt auf seine Kindheit. Die war zwar glücklich. Aber mit seinem Vater, der als Priester einige Gemüter gegen sich aufgehetzt und zur Ablenkung zu viel getrunken und zu viele Medikamente geschluckt hat, war es nicht immer einfach. Auch seine rätselhafte Krankheit, welche sich durch starken Jukreiz und schmerzhafte Quaddeln am ganzen Körper bemerkbar machte und ihn teilweise für Monate ans Bett fesselte, war wohl kein Zuckerschlecken. Er solle weit weg gehen, egal, wohin, hat ihm ein Arzt geraten. Und so ist Jan Brokken schliesslich in den Tropen gelandet. Auf der Spur seiner Geschichte und der Geschichte seiner Eltern und auf der Suche nach langfristiger Linderung und Genesung. So wundert es nicht, dass seine Rückkehr in die Niederlande - an dieser Stelle beginnt die Erzählung und rollt dann die Geschichte nicht immer chronologisch von hinten auf - alte Erinnerungen und Erlebnisse wachruft, die erzählt und beschrieben werden müssen.
Meine Meinung:
Brokken erzählt, was er weiss und was er selber erzählt bekommen hat und fasst dies zu einem Roman zusammen, der sowohl historisch, als auch sehr amüsasant und berührend ist. Gewisse Erinnerungen verkommen zu Anekdoten und andere werden ausführlich erklärt und beschrieben. So zum Beispiel die Angst und die Wut, als der kleine Jan seinen Vater zum ersten Mal leblos unter dem Tisch liegen sieht, ihn für tot hält und einen Arzt ruft.
Auch die nicht immer leichte Beziehung zu seinen älteren Brüdern schildert Brokken in allen Facetten. Er sucht nach Erlärungen für ihr Verhalten und schreibt, wie er nach und nach versteht, was seine Familie erlebt hat und warum sie sich manchmal genau so verhalten, wie er sie kennt.
Ausserdem werden sehr viele Freundschaften aus Kindheitstagen und einige Liebesabenteuer geschildert. Jan Brokken scheint eine für einen Pfarrerssohn eher untypische und freizügige Jugend gehabt zu haben. Dies ist auch der Grund, weshalb die Beziehung zu seinen Eltern mit den Jahren immer komplizierter wird.
Seine Rückkehr in die Niederlande lässt ihn nicht gerade glücklich zurück. Die Einmischkultur und leider auch die fehlende Kultur und die Widersprüchlichkeit des Staates machen ihn nachdenklich und erinnern in daran, wie alles begonnen hat. So erzählt er eigentlich zuerst vom Jetzt, seiner Rückkehr und kehrt dann Schritt für Schritt und nicht immer chronologisch in verschiedenste Episoden seiner Kindheit und Jugend zurück, was dieses Buch zu einer sehr unterhaltsam gestrickten Erzählung macht.
Trotzdem muss ich sagen, dass gewisse Längen und der nicht immer sehr flüssige Erzählstil das Lesevergnügen ein wenig gemindert haben.
Fazit:
Ein Roman voller Geschichte und Geschichten, der sich selber nicht immer ganz ernst zu nehmen scheint und manchmal einfach nur erzählen will.
Zusätzliche Infos:
Autor: Jan Brokken
Taschenbuch kartoniert: 448 Seiten
Verlag: Luchterhand Literaturverlag
Sprache: Deutsch
Originalsprache: Niederländisch
Übersetzt von: Helga van Beuningen
ISBN 978-3-630-62114-2
Jan Brokken
3,8 Sterne bei 10 Bewertungen
Autor von Mein kleiner Wahnsinn, Sibirische Sommer mit Dostojewski und weiteren Büchern.
Lebenslauf von Jan Brokken
Schlichte Erzählweise auf höchstem Niveau: Jan Brokken kam als Kind eines niederländischen Pfarrers 1949 zur Welt. Seine Kindheit verbrachte er im Dorf Rhoon in Südholland. Studien der Journalistik und der Politik führten ihn nach Utrecht und Bordeaux.
Sein schriftstellerisches Talent zeigte sich mit 25 Jahren: Die von ihm verfasste Biografie über die niederländische Tänzerin Mata Hari fand in der Szene Anerkennung. Neben seiner Arbeit als Journalist schrieb er Romane, Sachbücher und Reiseliteratur. „Die Provinz“, „Zaza und der Präsident“ sowie „Der Regenvogel“ legte er in der Zeit bis 1995 vor.
Der Roman „De blinde passagiers“ (1995, dt.: „Die blinden Passagiere“, 1998) bedeutete seinen literarischen Durchbruch. Es folgte das in Englisch und Niederländisch erschienene Sachbuch „Jungle Rudy“. Romane wie „Der traurige Champion“, „Meine kleine Verrücktheit“ oder „Baltische Seelen“ brachten ihm Weltruf. Im Jahr 2013 veröffentlichte Jan Brokken mit dem Werk „De vergelding“ („Die Vergeltung“, 2015) einen weiteren Bestseller.
Seine Schriften erschienen in mehr als einem Dutzend Sprachen, feierten weltweit vor allem in Amerika, Deutschland und Italien Erfolge. Mehrere seiner Bücher, darunter „Der traurige Champion“, „Die blinden Passagiere“ und „Jungle Rudy“, wurden verfilmt.
Jan Brokken lebt und arbeitet in Curaçao und Amsterdam.
Alle Bücher von Jan Brokken
Mein kleiner Wahnsinn
Erschienen am 11.06.2007
Sibirische Sommer mit Dostojewski
Erschienen am 22.08.2019
Das Feininger-Projekt
Erschienen am 16.07.2012
Die Vergeltung - Rhoon 1944
Erschienen am 09.02.2015
Der traurige Champion
Erschienen am 18.02.2002
Die blinden Passagiere
Erschienen am 23.07.1998
Neue Rezensionen zu Jan Brokken
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Rezension zu "Mein kleiner Wahnsinn" von Jan Brokken
Rezension zu "Mein kleiner Wahnsinn" von Jan Brokken
Wolkenatlasvor 15 JahrenMein kleiner Wahnsinn
In "Mein kleiner Wahnsinn" erzählt Jan Brokken mit einfachen Mitteln und stilistisch großartiger Prosa von seinen ersten 30 Jahren, seinen Eltern, seinen Brüdern, seinen ersten Freundinnen, Freundschaften und der Situation in den Niederlanden nach dem zweiten Weltkrieg. Er erzählt unsentimental (aber nicht trocken), teilweise witzig und mit zynischem Unterton (speziell wenn es um die Tätigkeit seines Vaters, der Dorfpfarrer ist, geht). Dadurch ergibt sich ein ruhiger Erzählfluß, der einen nicht mehr loslässt.
Fazit: ein ganz tolles Buch, macht Lust auf mehr von Jan Brokken.
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Zusätzliche Informationen
Jan Brokken wurde am 10. Juni 1949 in Leiden (Niederlande) geboren.
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