Schade, dass die Bücher von James Gordon Farrell bei uns so unbekannt sind!
Erstmals ist der Roman von 1973 nun also endlich auf deutsch zu lesen. Es ist der Abschluss der Empire-Trilogie,
die Schlüsselstellen im Untergang des Britischen Empire beleuchtet und mehrfach mit dem Man Booker Prize prämiert wurde.
Bis zu uns hat sich das Buch leider erst (fast) 50 Jahre später durchgekämpft :-(
In mehreren Kurzurlauben habe ich Singapur kennen und lieben gelernt, deshalb mag ich diesen dritten Teil besonders, habe die Wehranlagen auf Sentosa besichtigt und saß in den Bunkeranlagen mitten in der Stadt, in denen die Verteidigung der Stadt geplant wurde.
„Singapur im Würgegriff“ ist ein brillantes, vielschichtiges, reichlich absurdes und gleichzeitig melancholisches Denkmal für die Prachtkerle und Narren des britischen Empire, (steht so auf dem Buchrücken) Farrell lässt das britische Singapur auferstehen, das sich für uneinnehmbar hielt, bis Fahrradfahrer das Gegenteil bewiesen, dann lässt er es im Bombenhagel und den japanischen Angriffen langsam untergehen (sage ich).
Vielschichtig ist die Situation im Singapur vor WW II, Kapitalismus und Gewinnmaximierung haben die Handelsstadt fest im Griff,
die Europäer sind die Übermenschen, alle anderen wertlos bis auf ihre Arbeitskraft, trotzdem ginge es diesen Menschen vielleicht noch schlechter ohne den Melting Pott Singapur.
Wenn dann Kautschukplantagen gerodet werden, (während dringendst Gummi für den Krieg benötigt wird), weil nur der Gewinn zählt bzw. der Machterhalt der Handelsdynastie, dann kommen so viele Informationen, dass man teilweise unsicher ist, ob der Wahnsinn doch richtig ist.
Wenn einem, der den Kriegsbeginn verschlafen hat, schonend darüber berichtet wird oder wenn diese Schlafmütze einen Heiratsantrag macht, dann ist das so irre witzig!
Wenn von Europäern berichtet wird, die so weit abgerutscht sind, dass sie Rikschas ziehen oder das Leid der Einheimischen Bevölkerung, dann wird es wieder unfassbar traurig.
Skurrile Bilder: Japanische Offiziere im Schnee und Sandsturm Golfspielend in Sibirien, Engländer baden im Meer, während nebenan die Hafenanlagen zerbombt werden, Orang-Utans im Garten, im Raffles Hotel besser drin essen, als alleine auf der kühleren Terasse, falls plötzlich ein japanischer Fallschirmjäger neben einem landet. Die ewigen Bombardierungen der Stadt waren mir ziemlich unbekannt, die Geschichte wird auch aus japanischer Sicht erzählt, wobei die Japaner als Kriegsgötter und die Alliierten eher als Trottel dargestellt werden.
Die Arroganz und Unfähigkeit der Armee, die Arroganz und Verschlagenheit der Kaufleute, gut, dass der Autor selbst ein Brite war und leider ist viel wahres dran.
Im Mittelpunkt auch immer diese Wahnsinns-Stadt!
Über 800 Seiten hinweg, zieht uns Farrell in eine faszinierende Welt, unbedingt lesenswert,
schön, dass dies nun also endlich auch auf deutsch möglich ist,
Man muss die ersten beiden Teile der Trilogie übrigens nicht vorher gelesen haben,alle drei Romane sind voneinander unabhängig, Singapur ist der längste und aus meiner Sicht beste Teil!