Rezension zu "Caspar David Friedrich" von Herbert Friedrich
Nachdem ich mich schon in meiner lang zurückliegenden Schulzeit in die Gemälde von Caspar David Friedrich verliebt hatte, freute ich mich, kürzlich eine wunderbare Ausstellung seiner Bilder in Dresden besuchen zu dürfen. Danach wurde meine Neugier auf das Leben dieses Landschaftsmalers, der die längste Zeit seines Lebens in meiner Wahlheimat Dresden zugebracht hat, so groß, dass ich mich auf die Suche nach einer Biografie machte. Zwar gab es in der Ausstellung zahlreiche Bücher mit Abbildungen seiner Gemälde, aber das, was ich suchte, war nicht dabei. Wie freute ich mich da, als ich in einem Antiquariat dieses Buch von Herbert Friedrich fand. Das Werk des 1926 geborenen Kinder- und Jugendbuchautors (in der DDR auch als Hörspielautor und Erzähler bekannt) erschien 1990 im Verlag Neues Leben in Berlin.
Obwohl ich anfangs über die sehr blumige Sprache des Autors stolperte, nahm mich diese Biografie sehr schnell gefangen. Der Autor hat sehr ausführlich recherchiert, so dass der Leser nicht nur das Leben des Malers nachvollziehen, sondern auch den damaligen Zeitgeist erfassen kann. Zahlreiche Zeichnungen und Gemäldeabbildungen beleben das Buch über das sechste Kind eines Seifensieders, das am 5. September 1774 in Greifswald geboren wurde. Ihm folgten noch vier weitere Geschwister, von denen nicht alle überlebten. Angeblich war sein Leben ein langes Unglück, was sich in Menschenscheu, Verschlossenheit und versponnenen Bildern mit Grabsteinen und Ruinen äußerte.
Eigentlich sollte seine Malerei nur eine Übergangslösung sein; doch mit 20 Jahren war CDF schon zu alt, um – wie seine Brüder - ein Handwerk zu erlernen. So wurde er nach Kopenhagen geschickt, wo er kostenlos an der Akademie studieren konnte. Im Anschluss daran siedelte er sich 1798 in der Kunststadt Dresden an, reiste aber unter schwierigen Umständen immer wieder zurück in die nördliche Heimat, mit der er sehr verbunden war. Dort ließ er seinen Bruder Heinrich Holzschnitte seiner Zeichnungen anfertigen.
Um den Maler und seine Art zu denken und handeln darzustellen, griff der Biograf auf Briefe zurück, die CDF an Freunde geschrieben hatte. Darin wird die Liebe zum Wandern und Malen in der Natur ebenso erwähnt, wie viele, heute noch geläufige, Namen seiner Zeitgenossen.
Zum Beispiel zeigte sich der Verfasser der „Romantischen Dichtungen“, Ludwig Tieck, von den Landschaftsbildern, die nichts mehr mit Historienmalerei zu tun hatten, sondern beim Betrachter Empfindungen auslösen sollten, begeistert. „Die Meeresweite, die tiefen Schluchten, das Abendrot und die Winterskälte – war dies nicht alles auch im Menschen? Tod und Auferstehung in der Natur als ein Gleichnis für das menschliche Dasein.“
Für diese Effekte „brauchte Caspar David Friedrich nicht mehr die wirkliche Beschaffenheit eines bestimmten Landstriches genau und bis in kleinste Detail, sondern eine Landschaft, die er aus vielen einzelnen Naturstudien so zusammenbaute, wie sie seiner Absicht diente. Die barocke Haube des Turmes seiner Nikolaikirche in der Heimatstadt wandelte er um in eine gotische Spitze; das Westfenster von Eldena setzt er frei, gab Maßwerk dazu; diese Ruine versetzte er ins Riesengebirge; konkreten Gebirgszügen lagerte er Ebenen vor, die nie dort zu finden waren. Ja, er war ein Poet, wie Tieck gesagt hatte. Er entwickelte sich zum Dichter der Landschaft.“ (Seite 111)
CDF lenkte Goethes Aufmerksamkeit auf sich, indem er Bilder zu einem Wettbewerb einreichte, die nicht dem geforderten Thema Klassik entsprachen. Den 1.Preis musste er zwar mit einem Herrn Hoffmann aus Köln teilen, gab aber Anlass zu Diskussionen, weil er sich nicht an die althergebrachten Methoden hielt. Nach einer Ausstellung in Berlin wurde er in die Berliner Kunstakademie aufgenommen und konnte für 450 Taler zwei Bilder an das preußische Königshaus verkaufen.
Doch die Glückssträhne hielt nicht an. Während Napoleon wütete und Reisen in die norddeutsche Heimat für lange Zeit nicht mehr möglich waren, wurde Friedrich krank. Weil er anderen gegenüber sehr freigiebig war, geriet der knapp 40jährige in tiefe Schulden. „Er wusste aus Erfahrung, wie es dem Armen und Notleidenden zu Mute ist und sein Beutel war daher immer offen, wo er anderen helfen konnte.“ (Seite 224) Erst 1816 erreichte er über den sächsischen König ein Jahresgehalt von der Akademie in Höhe von 150 Talern. Das war nun endlich die Voraussetzung, eine eigene Familie zu gründen. Um nicht mehr „unpaarig“ zu sein, heiratete er zu Beginn des Jahres 1818 Caroline Pommer. Er hatte die 19 Jahre jüngere Frau beim Stellen lebender Bilder kennengelernt (eine Tradition, die heute noch in Pirna vor Dresden Toren gepflegt wird).
„Wie es Caspar an seinem Hochzeitstag ums Herz war, brachte er so zu Papier: Es ist doch ein schnurrig Ding, wenn man eine Frau hat; schnurrig ist es, wenn man eine Wirtschaft hat, sei sie auch noch so klein; schnurrig ist mir's , wenn meine Frau mich mittags zu Tisch zu kommen einladet. Und endlich ist es schnurrig, wenn ich jetzt des Abends fein zu Hause bleibe, und nicht wie sonst im Freien herumlaufe. Auch ist es mir gar schnurrig, daß alles, was ich jetzt unternehme, immer auf Rücksicht auf meine Frau geschieht und geschehen muß. Schlage ich nur einen Nagel in die Wand, so darf er nicht so hoch sein, als ich langen kann, sondern nur so hoch, als meine Frau mit Bequemlichkeit langen kann. Kurz, seit sich das Ich in Wir verwandelt, ist gar manches anders geworden. Es wird mehr gegessen, mehr getrunken, mehr geschlafen, mehr gelacht, mehr geschäkert, mehr gelepscht. Auch mehr Geld ausgegeben, und vielleicht werden wir künftig an Sorgen auch keinen Mangel habe; doch wie es Gott gefällt, der Wille des Herrn geschehe. Vieles und mancherlei hat sich geändert, seit ich eine Frau habe. Meine alte, einfache häusliche Einrichtung ist in manchem nicht mehr zu erkennen, und es ist mir lieb, daß es jetzt sauberer und netter bei mir aussieht. Nur in dem Raum, so ich zu meiner Beschäftigung gebrauche, bleibt alles beim alten. Übrigens sind Vorhänge vor den Fenstern nötig geworden. Nötig geworden sind: Kaffeetrommel, Kaffeemühle, Kaffeetrichter, Kaffeesack, Kaffeekanne, Kaffeetasse, alles, alles ist nötig geworden. Töpfe und Töpfchen, Schüsseln und Schüsselchen, Tiegel und Tiegelchen; alles, alles, ist nötig geworden.“
Noch bevor das erste Kind geboren war, kam der dänische Prinz zu Besuch und kaufte zwei Bilder. „Wie bei allen seinen Bildern, die Käufer fanden, mochte der Maler schmerzlich spüren, dass etwas Eigenes auf Nimmerwiedersehen davonging.“ Mit dem Prinzen kam auch der junge Maler Johann Christian Dahl, der ungefähr die dieselben Ansichten über Kunst hatte: „nämlich das erste bei einem Kunstwerk ist, auf jeden Menschen zu wirken, ohne dass er Kenner ist.“
Nach der Geburt von Johanna Clara und Agnes wurde CDF 1824 zum Professor ernannt und erhielt nun 200 Taler Jahresgehalt. Noch im gleichen Jahr wurde der Sohn Gustav Adolf geboren, der später in des Vaters Fußstapfen als Maler stieg. Elf Jahre später erlitt CDF seinen ersten Schlaganfall. In den Zeiten von Nestroy, Eichendorff und Grillparzer, Mendelssohn-Bartholdy und Schumann, Carl Spitzweg und Ludwig Richter wurde sein Malstil von der „Düsseldorfer Schule“ abgelöst. Nach dem zweiten Schlaganfall war Friedrich nahezu vollständig gelähmt und die Familie bitterarm.
Am 7. Mai 1840 starb Caspar David Friedrich laut dem Sterberegister des Dresdner Anzeigers an Lungenlähmung. Als Maler wurde er über Jahrzehnte vergessen und abgetan. Erst mit einer großen Ausstellung 1906 in der Berliner Nationalgalerie, in der deutsche Kunst von 1775 bis 1875 gezeigt wurde, kam der Name Friedrich wieder zu Glanz und Geltung.