Rezension zu "Der Dieb von Rom" von Harald Parigger
Der Dieb von Rom ist eine, zu Beginn gemächlich Abenteuererzählung, die auf das Ende hin immer rasanter wird. Die Identifikation mit dem aufbrausenden Teenager Marius, der mit seinem Vater nicht zurechtkommt, dürfte jugendlichen Lesern einfach fallen.
Mit dieser historischen Erzählung tauchen wir in die Zeit des römischen Reiches unter der Herrschaft Kaiser Augustus ein. Gemeinsam mit der Hauptfigur, dem fünfzehnjährigen Marius, erfährt der Leser nicht nur was es bedeutet, in dieser vergangenen Zeit zu leben, sondern auch, dass das scheinbar moralisch Falsche immer auch zwei Seiten hat.
Im Jahr 23 vor Christus erlebt der Junge Marius, was es bedeutet, Haus und Heimat zu verlieren: Gaius Cilnius Maecenas, dessen Land Marius Eltern bewirtschaften, macht von seinem Recht Gebrauch, die Familie von ihrem Land zu vertreiben. Mit der Begründung, dass sie wegen mehrerer schlechten Ernten ihre Pacht nicht mehr aufbringen können, macht er sie zu mittellosen Bürgern. Besonders den Sohn der Familie, Marius, trifft die plötzliche Armut hart, denn abgesehen von einem alten Sklaven und einem noch älteren Maultier sowie einem Karren mit wenigen Möbeln, ist der Familie nichts geblieben.
Harald Parigger bringt in dieser Erzählung die Zeit des Augustus und das Leben im römischen Reich, besondere der Armen in der Weltstadt Rom, den Lesern näher. Wer sich für die Zeit vor Christus, als Rom noch eine Weltmacht war, interessiert, ist hier richtig. Störend ist nur, dass Gewalt und Kriminalität einen hohen Stellenwert in der Handlung haben, und die moralischen Dilemmas, die daraus resultieren nicht genügend reflektiert werden.
Abenteuergeschichten rund um einen Dieb kommen bei Lesern meist gut an. Denken wir dabei an den „Dieb von Bagdad“ oder „Robin Hood“. Dennoch gibt es dabei mehrere Facetten, die nicht so ehrbar sind. Das beispielsweise die Sklaven der von Marius beklauten Reichen oftmals für das Verbrechen verantwortlich gemacht werden, weil sie den Dieb ins Haus gelassen haben, wird zwar erwähnt, jedoch nicht ausreichend behandelt. Gerade, da es sich um ein Kinderbuch handelt, sollte diese Tatsache thematisiert werden. Und sei es nur dadurch, dass Marius deswegen moralische Bedenken äußert. Ansonsten besteht die Gefahr, dass jüngere Leser diese Robin Hood Mentalität als gut und erstrebenswert erachten.
Der Schreibstil ist locker, die Geschichte rasch gelesen. Doch fehlt es der Handlung an der nötigen Tiefe. Die Opfer von Marius Diebestouren ist die betuchte Bevölkerung Roms. An ihr will sich der Junge für vermeintlich erlittenes Unrecht rächen. Doch im Grunde ist Marius nur ein aufbrausender Jugendlicher, der gedankenlos sich und andere in Gefahr bringt. Sein Bestreben ist, wie die jedes Diebes, möglichst rasch zu viel Geld zu kommen, ohne dafür arbeiten zu müssen. Marius begehrt auf. Im Kleinen wie im Großen. Gegen seinen Vater, wie gegen die Gesellschaft. Das liegt in seinem Naturell. Er ist ein Hitzkopf, ungeduldig, übermütig, stur. Das liegt auch an seinem Alter. Er ist noch mitten in der Pubertät und wehrt sich dagegen, wie seine Eltern zu leben.
Die Geschichte hat seine spannenden Höhepunkte, aber leider gibt es keinen nennenswerten Höhepunkt im Gesamtablauf.