Rezension zu "In all seinen Farben" von George Lester
Das Buch hat man eine lange Zeit überall gesehen und nun habe es auch endlich gelesen - und die Leute hatten Recht. Das Buch ist toll! Ich habe das Buch angefangen und schon war es wieder vorbei. Ich bin nur so über die Seiten geflogen, was zum einem mit dem Schreibstil zu tun hat, der ist nämlich sehr gut verständlich und macht es einfach der Geschichte zu folgen. Zum anderem mochte ich auch den Inhalt des Buches.
Am Anfang war es allerdings für mich etwas schleppend. Man hatte einfach das Gefühl, dass nichts wirklich passiert. Das war dann aber recht schnell vorbei und ich bin über die Zeilen geflogen. Zudem haben mich diese ganzen Kosenamen, wie Honey, Darling, Süße, Schatz total irritiert. Ich bin nicht in dieser Szene, aber ist das wirklich so ein Ding, dass man die ganze Zeit so redet? Am Anfang kam mir das schon sehr übertrieben vor (es nimmt mit der Zeit irgendwie ab, entweder weil ich mich daran gewöhnt habe oder weil die Drag Queens ins Spiel kommen und bei denen finde ich es sehr passend, dass sie so übertrieben reden die ganze Zeit). Aber wie gesagt, ich kenne mich da nicht so aus. Da der Autor selbst homosexuell und eine Drag Queen ist (übrigens: https://www.instagram.com/thatgirldrag/?hl=de), gehe ich mal davon aus, dass das schon ziemlich realistisch sein kann.
Besonders toll fand ich, dass das Buch zwar insgesamt leichte Kost ist und eher Wohlfühl-Vibes aussendet, aber trotzdem werden auch ernste Themen besprochen. Es geht um das echte Leben und das echte Leben läuft nicht immer perfekt. Manchmal gewinnt und manchmal verliert man. Es geht um Selbstfindung und Selbstverwirklichung. Man lernt seinen Weg zu gehen und herauszufinden, was der eigene Weg ist. Es geht um die Probleme homosexueller Menschen in einer Hetero-Welt. Es geht um Drag Queens in einer Welt, in der Männer männlich sein sollen. Das alles setzt der Autor sehr gut um, ohne dabei völlig zu übertreiben. Schließlich sind die Probleme zwar noch da, aber wir leben auch nicht mehr im Mittelalter. Übrigens wer darauf hofft, viel LGBTQIA+ (irgendwann braucht man ne Minute bis alle Buchstaben ausgesprochen wurden)-Stuff erwartet, naja... der sollte sich nicht zu viel freuen. Ja, es spielt schon eine große Rolle, aber im Endeffekt liest sich das Buch eher wie ein Teenager-findet-seinen-Weg-Buch. Dabei ist seine Homosexualität bereits gefestigt und seine Beziehungen stehen eher im Hintergrund. Über die Drag Szene erhält man auch erst nur einen Einblick, was aber dem verschuldet ist, dass Robin effektiv nur zwei Wochen in der Drag Szene drin ist und somit ist ein tieferer Einblick noch nicht möglich. Daher finde ich das in Ordnung.
Die Charaktere hätten für mich mehr Tiefe haben können. Sie sind relativ blass im Gegensatz zum Inhalt des Buches. Selbst die Hauptcharaktere wirken fast wie Nebendarsteller. Zu den wenigen Charakteren, die es gibt, erfährt man nur sehr wenig, obwohl ich sicher bin, dass da sehr interessante Geschichten dahinter stecken könnten. Zum Beispiel Connor oder Seth wären sicher super spannend gewesen. Von den beiden hätte ich gerne mehr erfahren und finde es schade, dass der Fokus so stark auf Robin liegt. Irgendwie waren alle Charaktere so ziemlich gleich und irgendwie unbedeutsam, mit Ausnahme Robins Mutter, die fand ich sehr Charakterstark, aber leider auch oft etwas übertrieben in ihrer Art.