Motivation – Oder warum habe ich das Buch gelesen?
Im Zuge (m)eines Literaturtreffs wurde beschlossen, das Buch zu lesen.
Na gut, die Inhaltsangabe liest sich auch ganz gut „Paris bei Nacht …Gasdanow, der im Exil sein Geld als Taxifahrer verdiente, erzählt vom Leben der Emigranten im Paris der dreißiger Jahre, zwischen brennender Nostalgie und einer heillosen Gegenwart. …“.
Unweigerlich muss ich an die Kriminal-Fernsehserie Berlin Babylon denken, die in etwa zur gleichen Zeit spielt und ein düsteres aber auch bunt-schillerndes Bild dieser Zeit wieder gibt.
Auch die Kritiken zum Buch lesen sich nicht schlecht …
Und so nehme ich das Buch mit Begeisterung zur Hand.
Es treten verschiedene Personen auf und werden beschrieben
- Die verrückte Frau „Kein Stück“, die gar nicht so irre zu sein scheint, wie sie sich gibt.
- Herr M. Martini, gebildet und Lehrer für mehrere Sprachen, verheiratet, Kinder, finanziell abgesichert und dennoch traurig.
- Platon, verheiratet, ein Sohn, studiert, schmeißt alles hin, trinkt, lebt von der Hand im Mund und bei seiner Mutter.
- Der Kellner, dessen Traum es ist, seinen Lebensunterhalt zu verdienen und da er einen Job hat, ist er glücklich und zufrieden.
- Die Café-Besitzerin, die jede Nacht im Café arbeitet, auch wenn sie es nicht mehr müsste – sie will es so.
- Und natürlich viele mehr ...
Gerade bei dem Kellner und der Café-Besitzerin, kann Gasdanow absolut nicht verstehen, dass sie mit ihrer Situation zufrieden sind. Warum nicht, frage ich mich? Jeder hat andere Lebensinhalte, die ihn glücklich machen und es gibt durchaus Leute, die in ihrer Arbeit Genugtuung und eine Bestätigung finden.
Schreibstil und inhaltliche Aspekte
Auch wenn ich die ersten Seiten noch ganz interessant fand, schwindet meine Begeisterung schnell.
Ellenlange Sätze, unendlich tief verschachtelt machen das Lesen schwer. Es gibt keinen richtigen roten Faden. Es reiht sich Anekdote an Anekdote, wobei in der Zeit hin und her gesprungen wird. Es gibt keine Kapitel, nur endlose Gedankengänge.
Was mir aber absolut missfällt, ist die totale Verachtung gegenüber Menschen, die nicht „die“ entsprechende Bildung und sein Niveau haben und nicht die Literatur lesen, die er als angemessen ansieht. Gerne umschreibt er Frauen wie folgt „Und erst da, als ich diese bildhübsche junge Frau aufmerksam betrachtete, bemerkte ich auf ihren Augen jenes halbdurchsichtige Häutchen, jenen Film animalischer Stumpfheit, den ich so gut kannte und der für fast alle Frauen dieses Gewerbes charakteristisch war.“ – um nur ein Beispiel zu nennen.
Auf dem Klappentext heißt es u.a. „Tagsüber studiert er, nachts arbeitet der Erzähler als Taxichauffeur.“
Der Großteil des Buches handelt von Taxifahrten durch das nächtliche Paris. Daneben gibt es ein paar wenige Seiten vom Arbeiten in der Fabrik und warum er diese Arbeit hingeschmissen hat. Weiterhin berichtet Gasdanow auf ein paar weiteren Seiten, von seinem Ausflug als Angestellter in die Bürowelt – die heitersten Seiten des Buches, wie ich finde, zumindest musste ich da des Öfteren schmunzeln.
Wie er sein Studium meistert, erfährt man nicht wirklich. An der ein oder anderen Stelle wird mal etwas eingestreut, er schreibt mal einen Satz über seine Professoren, das war es dann aber auch.
Tagsüber schläft er meistens und hängt ab, das Leben findet nachts statt.
In einer Rezension von Jens Jessen (Die Zeit) heißt es u.a. „Dieses fabelhaft deprimierende und gründlich niederziehende Buch entzieht noch einer anderen Illusion den Halt: dass sich dem Leben immer, über alle Schicksalsschläge hinweg, ein sinnvolles Muster aufprägen ließe.“ - Wie treffend: Ein deprimierendes und gründlich niederziehendes Buch.
Ich frage mich allerdings, warum, wenn ich nicht voller frohen Mutes und übersprühender Energie bin, warum ich ein Buch brauche, welches fabelhaft deprimierend und niederziehend ist?
Fazit
Ich habe mich bis zur letzten Seite durchgekämpft. Meine Sache ist es nicht!
Der Schreibstil ist nicht meiner, zu lange und verschachtelte Sätze, die man mehrmals lesen muss, um den Gedankengängen folgen zu können und dennoch habe ich kurz darauf vieles wieder vergessen.
Des Weiteren interessiert mich das Thema nicht so sehr – Paris in der dreißiger Jahren – oder besser gesagt, insbesondere dann nicht, wenn es aus so einseitiger Sicht eines russischen Emigranten erzählt wird, bei dem ich ständig den Eindruck habe, dass er sich für etwas Besseres hält und Leuten mit niedriger Bildung sehr abschätzend gegenüber steht – das macht mich richtig wütend. Das Buch ist einfach deprimierend und herabziehend. Die Zeit damals war ohne Frage nicht einfach und es war eine düstere Zeit, aber es war sicher nicht alles schlecht und dunkel, grad in Paris pulsierte das Leben. Literatur muss nicht immer „schön“ sein, in dem Sinne das sie Gemüt & Geist erheitert, aber sie sollte berühren – dieses Buch berührt mich definitiv nicht.