Rezension zu "Stern der Ungeborenen" von Franz Werfel
Ich bin auf den Roman von Franz Werfel zufällig gestoßen. Science-Fiction ist nicht mein Lieblingsgenre, Bücher mit weltanschaulichen Themen hingegen interessieren mich sehr.
Der Gegenwartsautor, im Roman F.W. genannt, wird von seinem in der fernen Zukunft wiedergeborenen Freund, B.H., herausgepickt, um als Ehrengast an der Hochzeit seiner Freunde teilzunehmen.
Er verfasst seine Erlebnisse als präzisen und authentischen Reisebericht und schreibt von einer hochkultivierten Gesellschaft der Zukunft, die verspielt und frei von ökonomischen Zwängen ist. Die Bewohner dieser künftigen Erde erscheinen ihm distinguiert und besonnen, wenn auch ein wenig gefühlskalt.
Neben den außergewöhnlichen technischen Errungenschaften, wie dem Kometenturnen, bilden Schwerpunkte seines Berichtes das politische System, gesellschaftliche Fragen, wie der Umgang mit dem Tod, und die Religion. In allen diesen Themenfeldern zeichnet der Autor mit großer Kreativität und umfassender Gelehrtheit eine Welt, die unsere Erwartungen auf den Kopf stellt und zum Nachdenken anregt.
Am meisten reibt er sich am Thema der Abkehr des Menschen von Gott durch wissenschaftliche Errungenschaften. Der Mensch nimmt in die eigenen Hände, was ursprünglich in Gottes Hand lag. Ein eindrucksvolles Beispiel ist der Weg, der in dieser fernen Zeit um das Sterben gegangen wird.
Doch auch diese Zukunft ist nicht frei von Konflikten. Und gerade während F.W.s Aufenthalt spitzt sich die Auseinandersetzung zwischen der Leitkultur und einer abtrünningen und rückwärtsgewandten Kultur, genannt der "Dschungel", zu.
Im Geist des Autors sorgen diese Entwicklungen für viel Aufruhr: Eine von Gott distanzierte, mit dem Kopf in den Sternen schwebende, hoch entwickelte Kultur, die ihr Schicksal selbst bestimmt gegen eine längst überwunden geglaubte Kultur, die sich wieder in ökonomischen Zwängen verstrickt und an die Erde und deren Bewirtschaftung gebunden ist, und damit umso abhängiger von den Geschicken höherer Mächte. Rückschritt im Fortschritt oder Fortschritt im Rückschritt oder kommt F.W. noch zu einer ganz anderen Erkenntnis?
Inhaltlich von meiner Seite 5 von 5 Sternen. Allerdings ziehe ich einen Stern ab, da der Erzählstil auf mich stellenweise sehr geschwätzig wirkte und der Autor zu Wiederholungen neigt.