Frank Berzbach, dieser wundervolle Amanuensis der Gegenwart❤️ Nach dem Lesen des Vorworts schon war ich verliebt, in seine Sprache, die Klarheit der Gedanken, das Menschenbild, das zwischen den Worten hindurchschimmert ... Buchmenschen sind verbunden, unabhängig von Herkunft, Alter, Kultur und Geschlecht ... ein schöner Gedanke!
Als "literatischer Assistent" berichtet er den Leser:innen von lebensverändernden Lektüren und nimmt uns mit auf seine Pilgerreise durch die Welt der Bücher.
Zu Beginn gleich führt uns Berzbach in die Literatur Japans ein. Es geht nicht nur um Murakami, dem er innerlich ein Schrein gebaut hat (fand ich eine tolle Formulierung), sondern auch, um die vor tausend Jahren von gebildeten Hofdamen erfunden japanische Hochliteratur. Sehr interessant fand ich Berzbachs Ausführungen über das Kopfkissenbuch von Shonagon, dass kein Roman ist, sondern ein "Zuihitsu", nämlich „... eine Sammlung heterogener Notizen, Beobachtungen und Gedanken (S. 54)“. Ebenso wie "Die Kunst zu lesen" selbst auch eine solche Sammlung der Berzbachschen Beschäftigung mit Literatur ist.
Das Kapitel "Picknick am Wegesrand" hat mich sehr berührt, der Autor findet auf der Straße eine Bücherkiste und inspiziert die vorhandenen Werke. Nachkriegsklassiker, amerikanische Autoren, berühmte Dichterinnen und darunter zwei seiner eigenen Werke. Hier wird ein "Leseleben" verschenkt, dass sich wie "Flugasche" unter die Leute streut, sowie vielleicht auch irgendwann des Autors Bibliothek in Kisten am Straßenrand steht oder die anderer Buchmenschen.
Einen großen Abschnitt widmet Berzbach Büchern über Musik und Schallplatten, als ich von seiner Fast-Begegnung mit Patti Smith lese, bekomme ich eine Gänsehaut, M Train ist auch eines meiner Herzensbücher.
Außerdem habe ich gelernt, dass aus dem Umgang mit Tee eine ganze Anthropologie entworfen werden kann, dass Peter Kurzeck ein Exzentriker war und ich mich unbedingt an Marcel Prousts Mega-Roman "Auf der Suche nach der verlorenen Zeit" wagen muss (zumindest ein Versuch!), denn „die Bilder bleiben bis zum "Leselebensende“. Ein verlockendes Versprechen, das Berzbach da gibt.
Auch an die Jacobsbücher von Olga Tokarczuk und ihre Nobelpreisrede möchte ich mich herantrauen, denn Berzbach macht mir Mut, mich in meiner "Lesekarriere" auch etwas schwierigeren Büchern zu stellen, denn es sind die, an denen man wächst.
Sein Blick auf Bücher und Autor:innen ist dabei nie verachtend oder belehrend, sondern viel mehr menschenfreundlich und anregend.
Es stecken soviele literarische Anreize, Weisheiten und Denkanstöße in diesem Buch, dass ich eine große Leseempfehlung für alle Buchmenschen dieser Welt aussprechen möchte❤️ Eine bereichernde Lektüre!
Die wunderschönen Illustrationen stammen von Ada Romanova.