Ich bin nicht mitgekommen. Das Lesen dieses Buches hat mir keinen Spaß gemacht.
Elfriede Jelinek
Lebenslauf
Alle Bücher von Elfriede Jelinek
Die Klavierspielerin
Die Liebhaberinnen
Die Enden der Parabel
Lust
Die Ausgesperrten
Gier
Michael
wir sind lockvögel baby!
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Rezension zu "Die Klavierspielerin" von Elfriede Jelinek
Die mittdreißigjährige Klavierlehrerin Erika Kohut sollte eigentlich ein anderes Leben haben: Akribisch hatte ihre Mutter das Leben ihrer Tochter bis zur gefeierten Konzertpianistin vorgeplant. Nun erhofft sie sich, mithilfe des Einkommens ihrer Tochter bald die erwünschte gemeinsame Eigentumswohnung zu kaufen. Ihre Tochter Erika hält sie von allen Einflüssen fern, die schädlich sein könnten, seien es Männer, Freundschaften, auch nur irgendeine Situation, in der sich Erika selbstständig machen könnte. Denn die Mutter wacht eifersüchtig über ihren Besitz, der ihr nun zu entgleiten droht. Erika, die durch diese schädliche Beziehung - sie und ihre Mutter schlafen noch gemeinsam in einem Bett - nie eine eigene Form der Sexualität oder Selbstbestimmung entwickeln konnte, vertreibt sich die Zeit mit Voyeurismus, belauscht heimlich Paare beim Sex im Wiener Stadtpark und ist völlig überfordert, als ihr jüngerer Schüler versucht, sie zu verführen. Sie findet bei der Annäherung zu ihm das Maß nicht, ist entweder bösartig und abweisend oder verlangt von ihm, sie stundenlang zu quälen - freilich nur in der Fantasie und nicht in der Realität, denn dort erhofft sie sich umfassende Liebesgeständnisse, die er wiederum nicht bereit ist zu geben.
Man merkt dem Buch und seiner Sprache das Alter an. Ich hatte es einmal weggelegt und jetzt, nach ein paar Monaten Pause, zu Ende gelesen. Mich erschlägt die teilweise schwer verständliche Sprache trotz ihrer Kunstfertigkeit und gerade die sehr verallgemeinernden bis rassistischen Beschreibungen sogenannter Gastarbeiter empfand ich als problematisch. Ich verstehe, dass es zur Zeit seines Erscheinens - insbesondere wegen der expliziten Schilderungen sadomasochistischer Sexualität, noch dazu durch eine weibliche Autorin - ein wichtiges Werk war und in diesem historischen Kontext immer noch ist. Gerade die Darstellung sadomasochistischer Neigungen ist aber aus heutiger Sicht aufgrund der vorgenommenen Pathologisierung sehr schwierig. Es gibt zwar viele Menschen, die BDSM aufgrund individueller Erlebnisse als Mechanismus nutzen, das ist aber keine zwingende Kausalität. Die Beziehung zwischen Mutter und Tochter ist mitunter schwer zu verdauen und führte bei mir zu Fremdscham bis Abscheu. Vermutlich sollte man dieses Buch gelesen haben, weil es trotz der Kritikpunkte sehr eindrücklich eine toxische Mutter-Kind-Beziehung schildert und diesem mit scharfem Blick begleitet, und weil die Sprache tatsächlich sehr bildhaft und außergewöhnlich ist. Mich hat aber beides in diesem Fall teilweise abgestoßen.
Wahrscheinlich schreiben nicht viele Autoren Sachen wie "Es regnete Vorwürfe aus ihr heraus" oder "zärtlich wie Wurst". Nicht unbedingt, weil sie dümmer sind als Jelinek,sondern weil es einfach nicht viel Sinn ergibt. Lust ist wie Die Klavierspielerin nur mit noch mehr sexueller Gewalt. Nach der 3. Vergewaltigungszene habe ich hingeworfen. Auch wenn Jelinek Vergewaltigung blumig beschreibt mit Wäldern und Bergen, mit Banken und Licht, so wird einem davon trotzdem schlecht. Ich glaube, dass sexuelle Gewalt ein wichtiges Thema ist, das die Literatur auch dringend darstellen soll. Bloss gelingt das Jelinek nicht. Wie in einem Porno spart sie gerade das Zwischenmenschliche ja aus und zeigt immer nur Sex. Ein Porno ist keine Sozialkritik. Im Klappentext heisst es, Jelinek arbeitet sich an der Sprache ab oder so. Das stimmt. Dieser Haufen Kotze ist mit Perlen bestickt. Immer wieder originelle Bilder oder gute Sätze. Will ich jedoch deshalb einen Porno lesen? Wer liest sowas? Schreibt Jelinek für Männer oder für Frauen? Ist das feministisch oder frauenfeindlich? Sogar Kinder werden entmenschlicht dargestellt. Eiskalt und gruselig.
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