Rezension zu "Beim (Ein)topf bleibt es nicht" von Claudia Herber
“Beim (Ein)topf bleibt es nicht" besteht aus sehr kurzen, inhaltlich abgeschlossen, informationsdichten erzählenden Berichten aus der Kindheit und Juder Verfasserin in einem Dorf im Hunsrück.
Zukünftige Leser seien gewarnt: Bei einer Geschichte bleibt es nicht! Mit anderthalb Seiten haben sie ideale Vorleselänge und liefern dennoch die nötigen Details, um jeweils ein Thema anschaulich zu beleuchten. Je nach Aufnahmefähigkeit der Zuhörer werden Sie aber versucht sein, noch ein, zwei weitere Geschichten vorzulesen!
Es sind in sich geschlossene, gut lesbare, oft auch humorvolle Berichte, verfasst in einem persönlichen, den Leser einbeziehenden und immer wieder direkt ansprechenden Konversationsstil. Dies geschieht in unaufdringlicher, zum Nachdenken und eigenem Erinnern anregender Weise, wahrt dabei immer das nötige Maß an respektvoller Distanz zum Leser, so dass ich diese Geschichten bedenkenlos auch fremden Personen vorlesen kann (deren eigene Lebensgeschichten und Empfindlichkeiten ich nicht kenne), ohne sie emotional zu überfordern.
Auch die zeitlosen, qualitativ hochwertigen Illustrationen geben dem Betrachter Raum, sie mit dem Echo eigener Erlebnisse zu füllen. Situationen, Körperhaltung und Empfinden sind in den zahlreichen, unaufdringlichen Umriss-Strichzeichnungen gut getroffen.
Der Einband mit seiner ästhetisch ansprechenden Gestaltung verbindet das Gestern mit dem Heute. Auch in den Geschichten wird diese Verbindung oft durch das Stilmittel des Kontrasts hergestellt und regt dadurch zum Nachdenken und zu eigener Stellungnahme an, ohne zu werten. So wird zum Beispiel das früher übliche Ersetzen von ausgeleiertem Taillengummi in Unterwäsche in Gegensatz zur heutigen, zeitsparenden Wegwerfkultur gestellt.
Die objektive, erklärende Darstellung und der feinfühlige Umgang mit dem Leser ermöglichten es mir auch, das Buch erfolgreich zur Einschlafbegleitung bei einer Zehnjährigen zu nutzen. Hier erwies sich die Berichtsform als Vorteil, weil sie die Vorstellungskraft anregt, ohne aufzuregen. Allerdings empfiehlt sich eine lebendige, stellenweise theatralische Vortragsweise, in Kombination mit dem Einstreuen eigener Kindheitserinnerungen. So wird die Lektüre dann zum Genuss für Vorleser und Zuhörer zugleich! Wir waren beide ein bisschen traurig, als wir ans Ende dieses Buches gelangten, und hoffen auf eine Fortsetzung.