Rezension zu "Verhängnisvolle Lügen an der Côte d’Azur" von Christine Cazon
Der mit Léon Duval befreundete Richter Dussolier wird auf offener Straße erschossen. Ein Racheakt dafür, dass Dussolier den bekannten „Paten“ Cosenza hinter Gitter gebracht hatte? Die Polizei geht offenbar davon aus.
Léon Duval ermittelt parallel zu einer Pariser Einheit, die extra für den Fall abgestellt wurde. Er besucht Cosenza im Gefängnis und kommt zu dem Eindruck, dass seine Familie mit diesem Attentat nichts zu tun hatte. Da gibt es aber neue Banden, die sich in Cannes breit machen wollen, vor allem die von Driss Abidi.
Duvals Recherchen ergeben, dass Dussolier sich kurz vor seinem Tod mit der Staudammkatastrophe von Malpasset beschäftigt hatte. 1959 waren bei einem Bruch des Staudammes 423 Menschen zu Tode gekommen und niemand war je beschuldigt worden, diese Katastrophe herbeigeführt oder mitverschuldet zu haben. Duval weiß wenig über diese Zeit und beginnt, auch in der Vergangenheit zu forschen. Eine Reportage in Arte gibt der algerischen Befreiungsfront FLN die Schuld an dem Unglück.
Duval nimmt Kontakt zu allen möglichen Stellen auf, den Pieds noirs (französischen Einwanderern aus Algerien), Anwohnern und Zeitzeugen und lässt zunächst einmal nicht locker. Auch nicht, als die Behörden den Fall schon lange zu den Akten gelegt haben und Dussoliers Tod als bedauernswerten Kollateralschaden im Kampf der Banden untereinander abstempeln. Doch dann holt ihn ein nicht erwarteter Schlag gegen die eigene Familie ein.
Was ich an Christine Cazons Büchern mag, ist, dass sie sehr oft einen realen Hintergrund haben. Ich konnte mich in diesem Fall eines profunden Nicht-Wissens rühmen, ich hatte von dieser Katastrophe noch nie gehört. Bei ihren anderen vorangegangenen Fällen erging es mir ähnlich. Man erfährt in Romanform, was unsere Nachbarn im südlichen Frankreich beschäftigt und so behält es sich auch am besten. Und so würde ich das Buch nicht nur als Krimi bezeichnen, sondern auch als Gesellschaftsstudie.
Es mag nicht durchgehend spannend sein, bietet aber darüber hinaus einiges zum Nachdenken.