Rezension zu "AktenEinsicht" von Christina Clemm
Christina Clemm ist seit vielen Jahren als Anwältin aktiv und vertritt insbesondere Frauen und weiblich gelesene Personen mit Gewalterfahrungen. Das vorliegende Buch ist das Resultat ihrer Arbeit und der dort gewonnenen Erkenntnisse.
In einzelnen Kapiteln werden Schicksale geschildert, von Frauen, die häuslicher Gewalt ausgesetzt sind, vergewaltigt werden, die einem Femizid knapp entgehen, die anderweitge Gewalt erfahren, die mit Diskriminierung zu tun haben. Es handelt sich um verfremdete Geschichten, um den Schutz der Betroffenen zu wahren, aber wer sich mit dem Thema schon einmal befasst hat, kann schnell einordnen, dass diese Dinge regeläßig passieren. Viele der Geschichten sind nur schwer auszuhalten. Hoffnung gibt allein, dass die betroffenen Frauen oft eine unglaubliche Kraft mobilisieren, um sich gegen ihre Peiniger zu wehren.
In die Schilderung dieser einzelnen Fälle lässt Clemm immer wieder Hintergründe einfließen, Informationen über gerichtliche Abläufe, Gesetzeslücken, strukturelle Diskriminierung. Diese Informationen sind mit einem Quellenverzeichnis belegt und bieten so auch einen guten Startpunkt, um weiter zu recherchieren.
Das Buch zeigt deutlich, dass misogyne Gewalt kein Einzelfall ist, sondern die Regel, und dass es vor allem auch strukturele Hindernisse sind, die eine Strafverfolgung oft erschweren. Es zeigt auch, wie wichtig es ist, feministische Anwältinnen, reflektierte Menschen in der Judikative zu haben, denen Traumareaktionen bekannt sind und die Fälle, in denen Diskriminierung eine Rolle spielt, als solche behandeln.
Eine Pflichtlektüre für alle, die für Gleichberechtigung und gegen DIskriminierung kämpfen, für die, die mehr über dieses Thema erfahren möchten, und für die, die sich mit den juristischen Grundlagen in Deutschland etwas mehr befassen möchten. Eigentlich also eine Pflichtlektüre für alle.