Rezension zu "Die Seelenfotografin" von Charlotte Freise
Hinter dem Pseudonym Charlotte Freise steckt die Autorin Karla Schmidt – eher bekannt für ihre Psychothriller. Mit „Die Seelenfotografin“ hat sie einen historischen Roman vorgelegt, der ein bisschen anders ist, als die üblichen historischen Romane. So richtig überzeugen konnte sie mich damit aber nicht.
Der Roman spielt in Berlin in der Gründerzeit – im späten 19. Jahrhundert. Zunächst lernt der Leser Ruven kennen. Der junge Mann wuchs in einem Waisenhaus auf und arbeitet nun auf einem Rummelplatz als Assistent eines zwielichtigen Fotografen, der sein Geld hauptsächlich mit pornografischen Aufnahmen verdient. Als der Arzt einer Irrenanstalt jemanden sucht, der seine geistig verwirrten Patienten ablichtet, sieht Ruven seine Chance gekommen, ein neues, ehrenhaftes Leben zu beginnen. In der Klinik trifft Ruven auf die 14-jährige Isabel, die aufgrund einer psychosomatischen Erkrankung im Rollstuhl sitzt. Sie ist für ihr Alter extrem gebildet und übt einen unerklärlichen Zauber auf Ruven aus. Als Isabel merkt, dass es ihr gesundheitlich immer schlechter geht, beginnt sie mit Hilfe von Ruven ein fotografisches Verfahren zu entwickeln, dass die menschliche Seele festhalten soll – die Seelenplatte.
Die Grundidee hinter der Geschichte ist eigentlich recht interessant. Auch Freises Schreibstil ist durchaus vereinnahmend: Sie schreibt sehr flüssig und atmosphärisch. Dabei gelingt ihr eine doch recht düstere und beklemmende Grundstimmung – gerade vor der Kulisse der Irrenanstalt. Auch die Berliner Hinterhöfe und Ruvens Fotostudio konnte man sich bildlich sehr gut vorstellen. Dennoch hat mich der Roman nicht richtig gepackt, dafür haben mich einfach zu viele Dinge gestört. So beschreibt die Autorin zwar sehr wohl die Lebensumstände der Menschen im Berlin der Gründerzeit – die aus heutiger Sicht sehr fragwürdigen Behandlungsmethoden in der Medizin sowie den täglichen Kampf der Menschen um ein bisschen Glück. Allerdings hatte ich beim Lesen ständig das Gefühl, dass sie diese Themen nur streift. Man blickt von außen drauf, kann aber nicht richtig eintauchen. Genauso ging es mir mit den Charakteren. Einerseits hat Freise sehr außergewöhnliche und eigenwillige Protagonisten geschaffen, andererseits bleiben die Figuren seltsam blass und befremdlich. Woher hat Isabel zum Beispiel ihr immenses Wissen, warum manipuliert sie ihre Mitmenschen?
Richtig intensiv scheint sich die Autorin mit dem Thema Fotografie auseinandergesetzt zu haben, so bekommt der Leser einen guten Einblick, wie im 19. Jahrhundert fotografiert wurde, wir der chemische Prozess funktionierte. Das eigentliche Thema des Buches – die Erfindung der Seelenplatte – verkommt allerdings fast zu einer bloßen Randnotiz. Die Idee hinter dieser Seelenplatte hätte etwas intensiver behandelt werden können – entspricht sie doch dem Wunsch, auch nach dem Tod weiterleben zu können.
An sich nette Idee, so ganz mein Fall war der Roman aber nicht.